Eine wunderbare Reise durch die Gänsewelt des Ruhrgebiets - 18

Nanu, das ist doch keine von uns?
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Nun waren wir also in unserem Winterquartier angekommen. Unglaublich viele Vögel kommen von nah und fern angeflogen, um den Winter hier zu verbringen. Viele Gleichgesinnte finden sich zu großen Trupps zusammen. Die in der Brutzeit stark territorialen und immer auf Krawall gebürsteten Blesshühner bilden hier plötzliche große, friedliche Gemeinschaften, als könnten sie kein Wässerchen trüben.

Eine Mini-Kanadagans?

In dem großen Pulk von Gänsen fiel mir eine kleine schwarz-weiße Gans auf. Sie hatte schwarze Beine wie wir, einen schönen langen schwarzen Hals, weiße Wangen und einen kleinen schwarzen Schnabel - fast wie eine Kanadagans, aber in klein. „Nanu, was bist du denn für eine Gans?“ fragte ich die kleine Dame. „Ich bin eine Weißwangengans.“ antwortete sie mit ihrem kleinen Schnäbelchen. „Was machst du hier unter uns Kanadagänsen – und wo ist deine Familie?“ wollte ich wissen. „Das ist eine lange Geschichte…“ seufzte die kleine Gans.

Aus dem Leben der Weißwangengans

„Ich gehöre so wie du zu den Meergänsen. Geboren wurde ich über 4.000 km entfernt von hier auf der Insel Nowaja Semlja, die im Nordpolarmeer liegt. Meine Mutter baute ihr Nest auf einem hohen Felsvorsprung zwischen Klippen und Felsen. Dort waren sie und ihre Eier vor den Polarfüchsen sicher. 2 Tage nachdem meine Geschwister und ich aus dem Ei geschlüpft waren, mussten wir etwa 100 Meter in die Tiefe aus unserem Nest auf den Grund springen. Ich hatte Glück und machte eine saubere Bauchlandung. Eines meiner Geschwister wurde kurz nach der Landung von einer Schneeeule gestohlen – das war ein ganz schöner Schock. Ein paar Gänsekinder unserer Brutkolonie wurden von Polarfüchsen geschnappt. Unsere Familie hatte viel Glück - und bis auf ein Geschwisterchen wurden wir alle flügge. Das lag sicher auch daran, dass sich mehrere Gänsefamilien zusammengeschlossen und ihren Nachwuchs gemeinsam in der grünen Tundra aufgezogen haben.

Mein erster großer Flug führte mich mehr als 1.000 km über die Ostseeküste und weiter an die Nordseeküste - und von dort ging es wieder viele 100 km weiter mit den Blässgänsen in unser Überwinterungsgebiet am Niederrhein. Wir hatten einen schönen Winter dort verbracht. Als wir im nächsten Frühjahr auf der Welle des Frühlings zurück ins Brutgebiet fliegen wollten, habe ich ein Seil von einem Hochspannungsmast übersehen. Mit einem verletzten Flügel ging ich zu Boden und konnte mich nicht mehr bewegen. Meine Familie blieb ein paar Tage bei mir und verlor den Anschluss an die Gruppe.

Eine Frau fand mich auf dem Feld und nahm mich mit auf ihren Hof. Ich fand mich in einem Hühnerstall wieder, wo man mich gesund pflegte. Meine Familie setzte die Reise ins Brutgebiet ohne mich fort - ich hatte meine Eltern und meine Geschwister verloren.

Eines Tages sah ich eine Gruppe Kanadagänse am Himmel - von weitem sahen sie fast wie Weißwangengänse, aber sie schnatterten in einer ganz anderen Sprache. Ich habe mich der Gruppe angeschlossen, denn unter Gänsen ist es doch schöner als unter Hühnern – auch wenn es immer gutes Futter gab und die Hühner und der Hahn ganz nett waren. So kam es, dass ich nun hier bin - als eine einsame Weißwangengans unter vielen Kanadagänsen.“

Die Geschichte dieser kleinen Gans fand ich sehr spannend. Ich war beeindruckt – dieses Gänschen ist noch so jung und schon um die halbe Welt geflogen. „Du liebe Güte, du hast ja schon viel erlebt.“

Weißwangengans oder Nonnengans?

Mein kleiner Bruder kam auf seinen großen Paddeln angestapft. Mit einem Grasbüschel im Schnabel musterte er das kleine schwarz-weiße Gänsemädchen. „Nanu, du bist doch eine Nonnengans“, sagte er. „Was machst du hier zwischen uns Kanadagänsen?“. „Das ist eine Weißwangengans!“ schnatterte ich dazwischen. „Das ist doch das gleiche!“ zischte mein Bruder zurück. „Nun ja“, sagte die kleine Gans. „Wir Gänsefrauen lassen uns auch gerne als Nonnengans bezeichnen… aber sag das nicht zu einem Weißwangenganter … unsere Gänsemänner wollen nicht als Nonnen tituliert werden, da werden sie richtig sauer!“.

- Video: Küken springt in die Tiefe - unglaublich! -

Autor:

Britta Müller aus Herten

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