Am Ende war es tödlich
Sie fand sich immer nur schlank mehr nicht

Foto Pixabay gratis.

Sie fand sich immer nur schlank:
Ich lernte Gaby vor über 40 Jahren kennen und was mir als erstes auffiel war ihre tadellose Figur. Alles an der richtigen Stelle witzelte meine Freundin stets. Mit den Jahren wurde Gaby immer schlanker für meine Begriffe zu schlank. Irgendwann meinte sie es könne doch nicht sein das sie immer mehr Gewicht verliere obwohl sie doch gut esse. Sie war so um die Vierzig als meine Freundin mir mitteilte das sie endlich wieder zunimmt. Ihre Waage zeige  wieder fünfundvierzig Kilogramm an.
Wieviel?
Bei einer Größe von 168 cm eindeutig zu wenig. Gut kaschiert mit Kleidung die sie eindeutig fülliger aussehen ließ war mir nicht aufgefallen wie klapperdürr Gaby geworden war. Du braust Hilfe sagte ich und begleitete sie zum Arzt.
Magersucht wurde diagnostiziert:
Auf keinen Fall sagte sie - ich doch nicht. Ein Krankenhaus oder Kuraufenthalt kam überhaupt nicht in Frage. Sie werde gebraucht könne nicht weg.
Jahre später:
Ein Zusammenbruch führte dann scheinbar zur späten Einsicht. Gaby wollte Gesund werden und es schien als habe sie es tatsächlich geschafft. Bei einem Treffen teilte meine Freundin mir stolz mit das sie nun 50 Kilogramm wiege. Ihr Wunschgewicht - aber mehr sollte es auf keinen Fall werden. Worte die mich aufhören ließen.
Die Zeit verging.
Umzugsbedingt verloren Gaby und ich uns dann aus den Augen. Wir telefonierten regelmäßig und es schien alles in bester Ordnung. Als wir uns dann wieder einmal trafen erschrak ich. Gaby schien zu verschwinden, ich glaube schon damals begannen sich ihre Organe abzubauen.
Sie sah erbärmlich aus.
Es folgten einige Krankenhausbesuche weil ihre Familie und wir ihre Freunde sie nervten wie sie lachend versicherte. Aber alles von kurzer Dauer - sie schmiss jede Therapie. Es gab immer eine Ausrede. Die Menschen die besorgt um sie waren täuschte sie brillant. Sie war eine Meisterin anderen Leuten vorzuspielen das sie alles im Griff hatte.
Nur nicht unterwegs sein:  
Eines Tages beschloss sie nicht mehr ihre vier Wände zu verlassen. Besucht mich zu Hause oder lasst es waren ihre Worte.War das die junge lebensfrohe Frau die ich von früher kannte? Mit der ich mehr Spaß hatte als alles andere? Mit der man Pferde stehlen konnte? Wir entfernten uns immer mehr.
Der Kontakt wurde weniger:
Sie wollte es so und irgendwie kam man nicht mehr an sie heran. 
Ihr Herz begann sich abzubauen es gab Schwächeanfälle, die Organe litten, alles lief nicht mehr wie es sollte. Es dauerte Jahre dieses auf und ab. Zum Schluss erschien mir meine Freundin zu schwach für alles. Ihr Körper verabschiedete sich immer mehr - unsere Warnungen verhallten im Nichts. Dass sie ihrem Körper die Nahrung und somit die Energie zum Leben verweigerte stritt sie stets ab. Ihr Zuhause und sich selbst hielt sie in Schuss wie keine andere .Wo sie dafür die Kraft hernahm ich weiß es nicht. Noch einmal versuchten alle auf sie einzugehen. Doch Gaby reagierte mit Ablehnung, wurde aggressiv, zog sich zurück.
<<Das ist typisch für Magersucht>>,weiß ich heute.
<<Je mehr man sich zurückzieht, desto mehr kann man hungern.>>
Familie und Freunde fühlten sich oft überfordert:
Aber noch einmal sollte Gaby Gelegenheit bekommen alles in den Griff zu bekommen. Ein erneuter Klinikaufenthalt stand an. Meine Freundin war inzwischen beinahe Sechzig und wog 37 Kilogramm, mitunter weniger.
Wieder einmal:
Kaum in der Klinik verließ sie diese wieder - ihr fehlte ja nichts. Das war das letzte Mal das ich meine Freundin sah. Vierzehn Tage später brachte ein Rettungswagen sie abermals in die Klinik.
Zurück kam sie nicht mehr - ihre Organe hatten versagt.
Warum ich gerade daran denke ?
Vielleicht weil ich heute eine junge Frau sah die so zerbrechlich aussah wie meine Freundin?
Wahrscheinlich...

Autor:

Gudrun - Anna Wirbitzky aus Bochum

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