Schulpolitik ohne Weitsicht
Fehlentscheidung bei Grundschulschließungen kostet die Stadt 50 Mio. Euro

2012 beschloss die Politik die Zahl der Grundschulen von 51 auf 43 zu reduzieren. Eine fatale Fehlentscheidung, die die Stadt nunmehr 50 Mio. Euro kosten wird.

Schulschließungen 2012 waren voreilig und unnötig

Vier Schulen wurden ganz geschlossen (Rosenbergschule, Grundschule Eppendorf, Kirchschule Langendreer und Graf-von-der-Recke-Schule), dazu die Teilstandort Roonstraße, Brantropstraße und Bertramstraße. Darüber hinaus wurden vier Grundschulen (Fahrendeller, Hordel, Bömmerdelle und Borgholzstraße) zu Teilstandorten anderer Grundschulen degradiert. Falsche Annahmen über die Entwicklung der Schülerzahlen führten zu der Fehlentscheidung (Das Märchen von Schulschließungen aufgrund abnehmender Schülerzahlen)

Der 2018 im Rat verabschiedete Grundschulentwicklungsplan, weist dagegen aus, dass in den nächsten 5 Jahren die Zahl der Grundschüler um 1.220 steigt und im Schuljahr 2022/23 in den städtischen Schulen insgesamt 12.025 Kinder unterrichtet werden. Bei der angestrebten durchschnittlichen Klassengröße von 22,5 Schülern würden Räume für 534 Klassen benötigt. Bisher bestehen aber nur Räumlichkeiten für 447 Klassen (Entwicklungsplan für die Grundschulen ist unbrauchbar)

Stadt muss vier bis fünf neue Grundschulen einrichten

In der Stadt besteht also ein zusätzlicher Bedarf an Räumlichkeiten für 80 bis 90 Klassen. Das entspricht sechs bis sieben Grundschulen mit jeweils 3 Klassen pro Jahrgang. Ein Teil des Bedarfs kann durch die Reaktivierung von Räumlichkeiten in Teilstandorten befriedigt werden, die wieder zu selbständigen Hauptstandorten aufgewertet werden. Um die verbleibenden Räumlichkeiten bereitstellen zu können, müssen gleichwohl vier bis fünf Grundschulen neu eingerichtet werden.

Die aufgegebenen Grundschulen können jedoch zu diesem Zweck nicht reaktiviert werden. Sie erfüllen die Anforderungen, insbesondere die Brandschutzbestimmungen nicht. Jede neue Grundschule muss bei Gründung sämtliche baulichen Anforderungen erfüllen. Für bestehende Schulen dagegen gelten lange Übergangsfristen bis diese eingehalten werden müssen. Würde eine aufgelöste Grundschule wieder reaktiviert, würde sie wie ein Neubau behandelt.

Aufgelöste Grundschulen können nicht einfach reaktiviert werden

Aufgrund der voreiligen Auflösung der Grundschulen wird jetzt ein Neubau der Schulen erforderlich. Daraus ergibt sich für die Stadt ein weiteres Problem. Wären die alten Grundschulen erhalten geblieben, hätte man für deren Sanierung und Modernisierung vom Land Fördermittel erhalten. Die Stadt hätte 10-20 % der dafür entstehenden Kosten tragen müssen. Für neue Schulen gibt es keine Fördermittel, die Stadt muss die gesamten Kosten alleine schultern.

Diese schmerzliche Erfahrung musste die Stadt erst jüngst hinsichtlich des Neubaus der Feldsieper Schule machen, der beschlossen wurde, damit die neue Gesamtschule-Mitte in das bisherige Grundschulgebäude einziehen kann (Beschlussvorlage 20181332).Das Land NRW lehnte es ab, für den Neubau 10 Mio. Euro Fördermittel bereit zu stellen, da eine Förderung für die Schaffung zusätzlicher Räumlichkeiten den restriktiven Förderbedingungen zuwider laufe. Damit muss Stadt die Kosten des Neubaus, insgesamt 12,34 Mio (Beschlussvorlage 20183254), zu 100 % aus eigenen Haushaltsmitteln stemmen.

Grundschulneubauten kosten 61 - 75 Mio. Euro

Wie bereits dargestellt muss die Stadt neben dem Neubau der Feldsieper Schule in den nächsten Jahren noch vier bis fünf weitere Grundschulen neu errichten. Damit kommen auf die Stadt bis 2022 Kosten in Höhe von 61 - 74 Mio. für neue Grundschulen zu. Hätte man 2012 die Grundschulen nicht aufgelöst, wäre es möglich gewesen die aufgrund der wachsenden Schülerzahlen benötigten Klassenräume dort bereitzustellen und die Sanierung und Modernisierung im wesentlichen über Fördermittel des Landes zu finanzieren. Der auf die Stadt entfallende Kostenanteil hätte bei 10-12 Mio. gelegen. Ein Betrag, der auch bei der schwierigen Haushaltslage der Stadt, finanzierbar gewesen wäre.

Weitsicht ist in der Bochumer Schulpolitik bisher ein Fremdwort

Die vermeidbare Fehlentscheidung zur Auflösung der Grundschulen (Das Märchen von Schulschließungen aufgrund abnehmender Schülerzahlen) kostet die Stadt 50 Mio. Euro mehr als nötig. Das Geld hat die Stadt nicht. Ausbaden werden das die Grundschüler. Klassen von 22,5 Schülern, wie vom Land NRW vorgesehen, werden in Bochum eine Illusion bleiben. Wie üblich wird die Stadt versuchen die entstehende Raumnot mit Provisorien und Notlösungen zu lindern. Die ersten Schulhöfe wurden bereits mit Containern zugebaut.

Weitsicht kann man den verantwortlichen Politikern in der Bochumer Schulpolitik leider nicht bescheinigen. Es wird Zeit, dass sich die Politik in Bochum endlich Gedanken macht, wie sie bis zum Schuljahr 2022/23 sicherstellen will, dass in Grundschulklassen nicht mehr 22-23 Kinder sitzen.

Übergangsweise Unterbringung einer neuen Grundschule in der heutigen Musikschule

Zu überlegen wäre zum Beispiel, ob für einen Übergangszeitraum eine der benötigten neuen Grundschule mit zunächst vier Zügen in die Räumlichkeiten der heutigen Musikschule eingerichtet wird. Die Musikschule wird voraussichtlich 2019/20 dort ausziehen und in die Räumlichkeiten des ehemaligen Arbeitsgerichts am Musikforum umziehen. In den aktuellen Räumen der Musikschule war früher die Jacob-Meyer-Realschule untergebracht, eine übergangsweise Weiternutzung als Schulgebäude für eine Grundschule sollte daher mit relativ überschaubarem Aufwand möglich sein.

Diese Möglichkeit sollte geprüft werden. Wichtig in jedem Fall, dass endlich begonnen wird, nach Lösungen zu suchen und nicht, wie leider viel zu oft, das Problem ignoriert wird bis es im Schuljahr 2022/23 zu einem bösen Erwachen kommt, wenn die Stadt nicht mehr weiß wohin mit den Grundschülern.

Volker Steude,
Die STADTGESTALTER - politisch aber parteilos

Autor:

Dr. Volker Steude aus Bochum

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