Predigt von Superintendent Peter Scheffler - Ökumenischer Gottesdienst 50 Jahre Opel in Bochum

Ökumenischer Gottesdienst beim Opel-Solidaritätsfest. | Foto: Molatta
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Predigttext von Superintendent Peter Scheffler

50 Jahre Opel in Bochum, was war das für eine Erfolgsgeschichte. 1962 kommt Opel nach Bochum, Opel bringt neue Hoffnung für die vom Zechensterben gebeutelte Stadt. 20.000 Beschäftigte arbeiten in den besten Zeiten in den drei Opelwerken. Dazu kommen noch mindestens 4 mal so viele Männer und Frauen bei den Zulieferern und Dienstleistern.

Der Kadett fährt und verkauft sich gut, andere Modelle wie Manta und Ascona kommen hinzu. Der Marktanteil von Opel beträgt Anfang der 70er Jahre in Deutschland über 20 %. Opel verkauft mehr Autos als VW.

Arbeitskräfte werden umworben, abgeworben. Für junge Menschen war ein Ausbildungsplatz bei Opel wie ein Sechser im Lotto, ein sicherer und gut bezahlter Arbeitsplatz bis zur Rente. Seit dem sind gut 50 Jahre vergangen.
Was ist aus dieser Erfolgsgeschichte geworden?

Heute schreibt Opel Verluste in Milliardenhöhe. Im Bochumer Werk arbeiten nur noch rund Dreitausend Mitarbeitende Die Männer und Frauen bei Opel leben seit Jahren mit der Unsicherheit, mit ständig neuen Plänen, und einem permanentem Druck auf die Belegschaft. Immer wieder wird ein Verzicht auf Lohnsteigerungen von Ihnen gefordert, werden Abfindungsangebote gemacht und Arbeitsplätze in Rüsselsheim angeboten.

Statt eine Zukunftsperspektive für qualitativ gute Autos zu entwickeln leg GM Opel Verkaufsbeschränkungen auf und macht sich zunehmend selbst Konkurrenz auch durch die Schwestermarke Chevrolet. Und jetzt der Beschluss in drei Jahren in Bochum keine Autos mehr zu bauen. Ist es da ein Wunder, dass die Menschen hier in Bochum Wut und Zorn empfinden, sie sich abhängig und ausgeliefert fühlen gegenüber Entscheidungen, die im fernen Detroit fallen.

Ist es da verwunderlich, dass die Menschen fragen: Wer trägt denn eigentlich für diese Entwicklung der letzten 50 Jahre die Verantwortung ? Ganz gewiss nicht die Männer und Frauen in den drei Werken bei uns in Bochum. Sie müssen auslöffeln, was andere ihnen eingebrockt haben.

Der neue Hoffnungsträger bei Opel heißt Adam. Opel hat den Adam erschaffen.
Adam so hieß der Firmengründer der Adam Opel AG.#

Adam, das heißt Mensch. Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst,
und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt. So heißt es im 8. Psalm, in der Bibel. Der Mensch, nur wenig niedriger als Gott.
Der Mensch, ausgestattet von Gott mit Würde.

Der Mensch kein Spielball wirtschaftlicher Interessen, der Mensch kein bloßer Faktor des Kapitals. Dennoch: Betriebswirtschaftliches beherrscht weitgehend unser Denken. Investitionen, der Einsatz von Menschen und Maschinen, müssen sich rechnen. Kosten und Nutzen werden einander gegenüber gestellt.
Dieses Denken gibt es nicht nur bei den Aktionären und in den Aufsichtsräten von Opel.

Dieses Denken gibt es auch im öffentlichen Bereich, dieses Denken gibt es auch in der Kirche und bei einem Jeden von uns. Denn wer von uns fragt nicht, wo bekomme ich das Meiste für mein Geld. Aber neben diesem Denken gibt es auch ein anderes Denken, eine andere Logik. Eine Logik die z.B. deutlich wird in dem Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg, das Jesus uns erzählt.

Da geht ein Weinbergsbesitzer am frühen Morgen auf den Marktplatz, um Arbeiter für einen Tag Arbeit in seinem Weinberg einzustellen. Früh am Morgen um 6 Uhr stellt er die ersten ein, für den im Lande üblichen Tageslohn.
Es ist die Zeit der Beerenlese, und da gibt es im Weinberg viel zu tun, also so geht er um 9 Uhr nochmals auf den Markt, um weitere Arbeiter einzustellen.
Arbeit scheint es an diesem Tag im Weinberg ohne Ende zu geben, und so geht unser Weinbauer nochmals los um 12 Uhr und dann noch einmal um 15. Uhr, wieder stellt er Arbeiter ein. Schließlich macht er sich sogar um 17 Uhr ein letztes Mal auf den Weg, um weitere Mitarbeiter zu engagieren. Dann, eine Stunde später, um 18 Uhr ist Feierabend.

Jetzt wird der Lohn ausbezahlt. Und dann geschieht das Überraschende: Die Arbeiter, die nur eine Stunde gearbeitet haben erhalten den vollen Tageslohn.
Sie erhalten den gleichen Lohn wie die Arbeiter, die 12 lange Stunden und somit auch in der prallen Mittagssonne schufteten.

Mit diesem vollen Tageslohn können auch sie mit ihren Familien über die Runden kommen, kann die Familie Zuhause satt werden. Aber wo bleibt hier das betriebswirtschaftliche Denken?

Wie viel Geld hätte der Weinbergsbesitzer sparen können, wenn er sein Arbeiter nach Leistung, stundenweise entlohnt hätte. Wahrscheinlich wären dann sogar alle auch noch zufrieden gewesen und hätten nicht herumgemault über das in ihren Augen ungerechte Verhältnis von Leistung und Lohn. Dieses Gleichnis Jesu ist allerdings kein Lehrstück für ein neues betriebswirtschaftliches Denken.

So kann und wird kein Weinbergsbesitzer, kein Arbeitgeber handeln. Aber dieses Gleichnis ist ein Lehrstück dafür, dass es noch eine andere Sichtweise des Menschen gibt. Ja, so wie in diesem Gleichnis geht es zu in einer anderen Welt, so handelt Gott. Gott bewertet uns Menschen eben nicht nach unserer Leistung.

Dieses Gleichnis ist ein Lehrstück für die Güte Gottes. Gott entlohnt nicht nach Leistung, er gibt den Arbeitern das, was sie zum Leben brauchen. Der Mensch ist eben mehr als nur Arbeitskraft. Ein schöner Gedanke, aber Wie bekommen wir diese beiden Sichtweisen im Alltag zusammen.

Der Mensch als bloße Arbeitskraft und Kostenfaktor und der Mensch, von Gott mit Würde ausgestattet ungeachtet seiner Leistungsfähigkeit. Wir bekommen diese beiden Sichtweisen des Menschen nur zusammen, wenn wir uns nicht abfinden mit der Logik des betriebswirtschaftlichen Denkens. Wenn wir mit dem Verweis auf das Handeln Gottes das ökonomische, betriebswirtschaftliche Denken immer wieder neu durchbrechen und die Eigengesetzlichkeiten dieser Logik in Frage stellen.

Wenn wir das nicht tun, dann bleibt am Ende nur noch der Grundsatz: Alles was Gewinn bringt darf nicht verhindert werden. Dem Kapital ist alles erlaubt.

Achtung sagt Gott, und dafür steht dieses große weithin sichtbare Warndreieck.
Achtung, mit diesem Denken seid Ihr auf einem falschen Weg. Mit diesem Denken verstoßt ihr nicht nur gegen meinen Willen, und ihr gefährdet auch das friedliche Zusammenleben der Menschen .

Denk daran: im Mittelpunkt steht nicht das Kapital, im Mittelpunkt steht der Mensch. Und für den Menschen, für seine Würde, sein Einkommen und Auskommen, für seine Arbeit da lohnt es sich zu kämpfen. Und dafür stehen wir heute hier in Bochum ein.Darum ist dieses Solidaritätsfest so wichtig.
Um der Menschen willen, ist es so wichtig, dass so Viele aus Bochum und Umgebung heute ihre Solidarität zeigen mit den Beschäftigten bei Opel in Bochum.

Ich persönlich kenne die Entscheidungsträger in Detroit nicht. Ich weiß nicht in wie weit sie gefangen sind in Bilanzen und Kostenrechnungen. Ich weiß nicht in wieweit sie offen sind für Gottes Wort. Aber ich weiß, sie werden ganz gewiss wahrnehmen, wie die Menschen in Bochum auf ihre Entscheidungen reagieren. Sie werden erfahren, wie eine Stadt wie Bochum zusammensteht, aufsteht und deutlich macht: So geht man mit Menschen nicht um. Wir stehen gemeinsam auf für die Würde des Menschen, für eine Perspektive der Beschäftigten bei Opel in Bochum.

Denn Adam ist nicht nur ein Auto. Adam ist nicht nur der Hoffnungsträger von Opel. Adam das ist der Mensch, Der Mensch, von Gott erschaffen und mit Ehre und Herrlichkeit hat Gott ihn gekrönt. Peter Scheffler

Autor:

Ernst-Ulrich Roth aus Bochum

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