VfL Bochum vor dem Saisonstart- Interview mit VfL-Coach Gertjan Verbeek

Gertjan Verbeek | Foto: Andreas Molatta

Gertjan Verbeek, zehn Siege in zwölf Testspielen, dabei zuletzt auch den BVB geschlagen - der Mannschaft hat das auch nach eigenen Worten eine Menge Selbstbewusstsein gegeben. Müssen Sie schon auf die Euphoriebremse treten?
Gertjan Verbeek:
Testspiele sind dazu da, um zu testen. Da ist das Ergebnis zunächst zweitrangig. Natürlich ist es schön, wenn man möglichst viele Erfolgserlebnisse erzielt, was aber auch noch nichts über die Qualität der Gegner aussagt. Gegen Dortmund haben wir gewonnen, obwohl der BVB die bessere Mannschaft war. Wir wissen also, dass wir noch genug zu tun haben, um erfolgreich zu sein.

Ihr Sportvorstand Christian Hochstätter hat von Platz 1 bis 8 als Saisonziel gesprochen. Sie selbst wollen im Optimalfall um Platz 5 spielen. Traut der Manager der Mannschaft mehr zu als der Trainer?
Wir sagen, dass wir uns im Vergleich zur letzten Saison klar verbessern wollen. Sowohl, was die Tabellenplatzierung angeht, als auch zum Beispiel die Anzahl der Gegentore, davon haben wir nämlich zu viele bekommen. In der 2. Bundesliga ist vieles noch in Bewegung, so dass man zum jetzigen Zeitpunkt nicht seriös darüber urteilen kann, wer oben mitspielt und wer nicht. Es möchten aber viele Mannschaften in der oberen Tabellenhälfte mitspielen. Und wir gehören dazu!

Welche Vereine in der 2. Liga sind besser als der VfL – und warum?
Das kann man wie gesagt noch nicht abschließend beurteilen. Erstmal müssen alle diese Mannschaften gegen uns gespielt haben, um sagen zu können, ob die besser sind als der VfL. Natürlich lässt sich feststellen, dass zum Beispiel Leipzig viel Geld investiert hat. Ob sie dadurch zu einer besseren Mannschaft werden, wird man sehen.

Wieviel kann die aktuelle Mannschaft von dem umsetzen, was Ihrer Spielphilosophie entspricht? Die meisten Spieler kennen Sie und Ihre Idee von Fußball ja jetzt schon länger, haben die Automatismen verinnerlicht. Andi Luthe spricht davon, dass er „ein gutes Gefühl auf dem Platz“ hat.
Es ist schon zu sehen, dass wir in den vergangenen Monaten hier etwas entwickelt haben. Und man erkennt, dass auch die Spieler sich weiterentwickelt haben. Ich wäre aber auch froh, wenn die Zuschauer ein gutes Gefühl haben, wenn sie uns spielen sehen. Die Stimmung im Stadion im Spiel gegen Dortmund war jedenfalls fantastisch. So etwas wollen wir öfter hier haben.

Die offensive Spielweise birgt immer auch mehr Risiko. Nehmen Sie es in Kauf, dass der VfL an einem schlechten Tag auch mal die Bude voll bekommt, wenn man generell einen Fußball auf den Platz bringt, der die Fans begeistert?
Die Top-Mannschaften der Welt spielen nahezu alle offensiv. Bei denen fängt die Verteidigung schon vorne an. Und wenn man den Gegner schon in dessen Hälfte unter Druck setzt, hat man ihn weit genug weg vom eigenen Tor, so dass er kein Tor schießen kann. Es muss unser Ziel sein, dass wir den Gegner früh genug unter Druck setzen. Dann haben wir in der Defensive weniger Probleme. In der Vorbereitung haben wir, als wir mit dem kompletten Kader gespielt haben, nur gegen Saloniki drei Gegentore bekommen. Einem Gegner, der in der Europa League spielt. Ich denke, dass wir Fortschritte in der Defensivarbeit gemacht haben.

Als Sie im letzten Winter nach Bochum gekommen sind, mussten Sie oft improvisieren, weil viele Spieler verletzt waren. Hat es Sie da nahezu glücklich gemacht, dass dieses Mal auf fast allen Positionen ein Konkurrenzkampf im Gange ist?
Natürlich tut es der Mannschaft gut, wenn erfahrene Spieler wie Jan Simunek oder Tobias Weis zurückkommen und so die Trainingsqualität heben. So wie man trainiert, spielt man auch. Das sehen gerade die jungen Spieler, die jetzt mit dabei sind. Die haben ihr Niveau auch schon gesteigert, weil sie täglich mit gestandenen Profis trainieren. Man hat das auch in den letzten Testspielen gesehen, dass es der Nachwuchs da schon viel besser gemacht hat als in den ersten Wochen der Vorbereitung.

Apropos Nachwuchs: Sie setzen verstärkt auf die Jugend, binden den Nachwuchs mit ins Profi-Training ein. Ist dies gerade für den VfL der einzige Weg, auch künftig konkurrenzfähig zu sein?
Ob es der einzige Weg ist, weiß ich nicht. Aber es ist ein sinnvoller Schritt. Die eigenen Talente für den eigenen Kader heranzubilden, ist meiner Meinung nach eine gute Idee. Die Spieler kennen die Philosophie und identifizieren sich mit dem Verein. Und wenn man ein gut ausgebildetes Talent nicht halten kann, sollte man es möglichst für eine hohe Transfersumme weiterverkaufen. Sportlich und wirtschaftlich ist dieses Prinzip sinnvoll.

Wenn Ihnen eine gute Fee zum Saisonstart noch einen Wunscherfüllen würde, wo würden Sie gern personell noch nachbessern?
Schon bevor Michael Gregoritsch in Richtung Hamburger SV verschwunden ist, habe ich gesagt, dass wir noch zwei Stürmer brauchen, wenn er gehen sollte.

Zum Auftakt geht’s für den VfL an den ersten drei Spieltagen direkt gegen die beiden Erstliga-Absteiger Paderborn und Freiburg – genau das richtige Kaliber, um gleich voll bei der Sache zu sein?
Ich beschäftige mich immer zuerst mit der eigenen Mannschaft und dann erst mit dem aktuellen Gegner. Jetzt schon an Freiburg zu denken, entspricht nicht meiner Auffassung. Also konzentrieren wir uns auf die Aufgabe in Paderborn. Und die wird schwer.

Das Interview mit dem VfL-Trainer führte Dietmar Nolte

Autor:

Andrea Schröder aus Bochum

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