BVB-Fans sauer - Polizei antwortet auf Brief

Ungewohnt leise ging es trotz Siegtreffers von Jonas Hofmann am Sonntag auf der Südtribüne zu, denn die Fans setzten wegen der Polizeikontrollen auf einen Stimmungsboykott. | Foto: Schütze
  • Ungewohnt leise ging es trotz Siegtreffers von Jonas Hofmann am Sonntag auf der Südtribüne zu, denn die Fans setzten wegen der Polizeikontrollen auf einen Stimmungsboykott.
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Folgenden offenen Brief schrieb der BVB-Fanclub Borussenstern an den Polizeipräsidenten Wesseler, nachdem vorm Heimspiel des BVB am Sonntag rund 60 Mitglieder von Fanclubs von der Polizei durchsucht wurden.

"Sehr geehrter Herr Polizeipräsident,
ich wende mich an Sie als Mitglied des BVB-Fanclubs Borussenstern. Wir haben uns nach dem Spiel am Sonntag Abend gegen Braunschweig entschieden, einen offenen Brief zu schreiben, um unseren Gefühlen in Zusammenhang mit dem Polizeieinsatz rund um das Stadion Ausdruck zu verleihen.
Ich schreibe Ihnen diesen Brief im Auftrag des BVB-Fanclubs "Borussenstern". Wir sind seit 1996 ein ganz normaler BVB-Fanclub und gehören nicht der sogenannten Ultra-Szene an.

Befremdet über das Verhalten

Trotzdem haben wir uns entschlossen unser Befremden über das Verhalten der Polizei beim Spiel des BVB gegen Eintracht Braunschweig zum Ausdruck zu bringen. Wir sind am Sonntag zum Spiel angereist, in der Erwartung einen entspannten und friedlichen Fußballnachmittag zu verbringen. Für uns gab es im Vorfeld keinerlei Anzeichen für eine aufgeheizte oder gar aggressive Stimmung. Insbesondere auch der Kontakt zu den Braunschweiger Fans erschien im Vorfeld unproblematisch. Wie sich später gezeigt hat, war dies auch der Fall.

Erhöhte Polizeipräsenz

Trotzdem wurde wir am Stadion damit konfrontiert, dass die Polizei eine erhöhte Präsenz gegenüber einem normalen Bundesligaspiel zeigt und das auch offensichtlich noch in Schutzkleidung, die sonst erst bei Anzeichen von Auseinandersetzungen angelegt wird. Am Bahnhof standen Polizisten mit offenbar auf Menschen trainierten Hunden.

Zugang künstlich verengt

Die ganze Polizeipräsenz war offenbar auf Aggression ausgerichtet. Dazu kam, dass der Zugang zum Südost-Eingang des Stadions, der ohnehin recht eng ist, auch noch durch quergestellte Polizeifahrzeuge kurz vor dem Stadion-Eingang künstlich verengt wurde.

Eindruck der gezielten Aggression

Das Ganze hat auf uns den Eindruck einer gezielten Aggression gemacht, deren Sinn für uns überhaupt nicht offensichtlich wurde. Nach dem Spiel haben wir erfahren, dass die Polizei im Vorfeld des Spiels gezielt, aber offensichtlich ohne jeden aktuellen Anlass gegen einige Ultra-Gruppen vorgegangen sein soll. Als Begründung dafür wurden Vorfälle heran gezogen, die Monate (Hoffenheimspiel, CL-Finale) zurück liegen. Was das soll, wissen wir nicht.

Völlige Verunsicherung

Wir wissen aber, dass diese für unsere Wahrnehmung zunächst einmal völlig unnötige Polizeipräsenz in Verbindung mit dem martialischen Auftreten der Polizei in jedem von uns zunächst einmal kein Sicherheitsgefühl sondern im Gegenteil eine völlige Verunsicherung ausgelöst hat. Diese Verunsicherung auch zu aggressiven Gefühlen, die sich natürlich gegen den einzigen offensichtlichen Verursacher einer solchen Aggression - die Polizei - richten.

Machtdemonstration

Wir fragen uns, warum die Polizei im Vorfeld eines solch offensichtlich friedlichen Spiels ein solches Auftreten an den Tag legt und damit die gesamte Fanszene gegen sich aufbringt. Hier hat sich für unser Gefühl nicht um das Bemühen gehandelt, irgendwelche Straftaten im Vorfeld zu verhindern, sondern eine Machtdemonstration abzugeben. Und dies zu Lasten aller Fans, nicht nur zu Lasten etwaiger Straftäter. Übrigens sind keine Straftaten begangen worden und Gegenstände, die strafbar sind oder zu Straftaten benutzt werden können sind nicht gefunden worden.

Fans werden zu Spielbällen

Ganz offensichtlich werden hier alle Fans zu Spielbällen einer Polizeistrategie, die auf Aggression und Machtdemonstrraion gegenüber den Ultras ausgerichtet ist. Kommunikation und Deeskalation als Grundlage für einen friedlichen Umgang miteinander sieht anders aus.
Werden wir jetzt alle zu Spielbällen einer aggressiven Polizeistrategie, die darauf ausgerichtet ist, Macht zu demonstrieren?

Was geschieht das nächste Mal?

Was geschieht das nächste Mal in einer Situation, in der Teile der Fangruppen vielleicht nicht so friedlich mit einander umgehen? Müssen wir uns dann alle darauf einrichten von der Polizei aggressiv angegriffen zu werden, nur damit sich die Staatsmacht darstellen kann?
Wir distanzieren uns ausdrücklich von Gewalt jeglicher Art egal ob gegen gegnerische Fans oder gegenüber der Polizei. Allerdings ist in dieser unsicheren Situation in uns auch ein Verständnis dafür entstanden, dass andere Fans in einer solchen Situation aggressiv werden, sei es auch nur aus Verunsicherung oder Angst.
Wir sind völlig verunsichert.
Was soll das?
Wir schreiben diesen Brief als offenen Brief auch an die Tageszeitungen, den BVB und verschiedene BVB-Fanforen. Wir hoffen, das er Ausgangspunkt oder Teil einer lebhaften Diskussion werden kann. Aus diesem Grund wären wir Ihnen auch sehr dankbar, wenn wir von Ihnen eine Stellungnahme zu dieser Situation erhalten könnten."
Norbert Grieshaber als Beauftragter des Fanclubs Borussenstern

Und der Einsatzleiter der Polizei antwortete:

"Die Dortmunder Polizei hat die Begegnung als Spiel mit hohem Risiko eingestuft und sich daher in ihrer Einsatzkonzeption auf Auseinandersetzungen unter Fans und Gewalttaten gegen Polizisten eingerichtet. Dazu gehören auch ein erhöhter Kräfteansatz und das Tragen von Schutzkleidung. Die Kleidung dient nur dem Schutz der Beamten vor Verletzungen und ist kein Mittel der Machtdemonstration oder Provokation.

"Risikospiel" wegen der Braunschweiger Fans

Zur Bewertung als Risikospiel führte das Verhalten von Braunschweiger "Fans" im Mai und August 2013. Am 19. Mai kam es zu Ausschreitungen von Braunschweiger Gewalttätern in der Braunschweiger Innenstadt bei der Aufstiegsfeier ihres Vereins. Neben erheblichen Sachbeschädigungen und Zünden von Pyrotechnik durch Randalierer wurden insgesamt 29 Polizeibeamte im Rahmen des Einsatzes gegen die
Gewalttäter zum Teil schwer verletzt.
Am 4. August kam es im Rahmen des DFB-Pokalspiels Arminia Bielefeld / Eintracht Braunschweig zu Auseinandersetzungen zwischen Einsatzkräften und sogenannten Fans aus Braunschweig, die die Beamten mit Fahnenstangen angriffen. Die Auseinandersetzung zwischen gegnerischen Fans konnte die Polizei hier nur durch den Einsatz des Schlagstockes verhindern.

Fahrzeuge unpassend positioniert

Der Beschwerdeführer bemängelt die Aufstellung von Einsatzfahrzeugen der Polizei im Zugangsbereich des Südost-Eingangs des Stadions. Die Darstellungen sind richtig, die beschriebene Positionierung der Dienstkraftfahrzeuge im Zugangsbereich zur Südost-Tribüne war unpassend, allerdings nicht sicherheitsgefährdend. Die Fahrzeuge werden üblicherweise im Bereich hinter den Zugängen zum Stadion abgestellt. Das Abstellen am relevanten Einsatztag erfolgte
durch ortsunkundige Kräfte. Zukünftig wird sichergestellt, dass die
Fahrzeuge in diesem Bereich nicht geparkt werden.

Kontrolle, um Straftaten zu verhindern

Der Verfasser des offenen Briefes führt an, dass die Kontrolle von Ultragruppierungen vor dem Spiel ohne erkennbaren, aktuellen Anlass
erfolgte. Der Polizeiführer stellt dazu klar: Die Kontrollmaßnahmen von Angehörigen der Desperados waren zu gefahrenabwehrenden Zwecken zur Verhinderung von Straftaten vorgesehen und sollten im Zugangsbereich des Stadions erfolgen. Nach
den Bestimmungen der Stadionordnung dürfen fremdenfeindliche, Gewalt
verherrlichende, diskriminierende oder rechts- und/oder linksradikale Inhalte im Stadion nicht gezeigt werden. Dabei kommt es im Übrigen auf eine strafrechtliche Relevanz aufzufindender Gegenstände nicht an. Bei Kontrollmaßnahmen auf öffentlichen Wegen oder Plätzen sind die Vorschriften des Polizeigesetzes zu beachten.

Vorgehen war nicht willkürlich

Grundlegend für die Maßnahmen sind verschiedene Ermittlungsverfahren aus der jüngeren Vergangenheit, denen das Zeigen von Transparenten mit strafrechtlich relevantem Inhalt im Bereich der Südtribüne durch Ultragruppierungen zu Grunde liegt. Der Beschwerdeführer führt in diesem Zusammenhang zutreffend die
Spielbegegnung gegen die TSG 1899 Hoffenheim auf. Auch wenn dieses
Ereignis einige Zeit zurückliegt, so war diese Begegnung doch die Letzte der abgelaufenen Saison. Deshalb war das Spiel gegen Eintracht Braunschweig die erste Möglichkeit in der neuen Saison, die Überprüfungsmaßnahmen überhaupt durchzuführen, zumal die Supercupbegegnung gegen Bayern München von Ultragruppierungen boykottiert wurde. Insgesamt kann das in Rede stehende Vorgehen nicht als willkürlich bezeichnet werden.

Im Vorfeld nicht absehbar

Der durch den Verfasser beschriebene Umstand, dass keine Gegenstände gefunden wurden, die strafbar sind oder zur Begehung von Straftaten benutzt werden können, ist zutreffend, ist jedoch im Vorfeld der Durchführung einer derartigen Maßnahmen nicht absehbar. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Maßnahmen im Sinne der Stadionordnung und rechtlicher Bestimmungen erfolgt sind. Sie liegen damit auch im allgemeinen Interesse aller Unbeteiligter.

Polizei ist überrascht

Die Polizei ist überrascht über eine derartige Reaktion auf Seiten der Ultragruppierungen, da die Kontrollmaßnahmen nur wenige Minuten in Anspruch nahmen und alle Personen danach ihren Weg ins Stadion fortsetzen konnten. Einzig die zeitweise vorhandene Verweigerungshaltung der Betroffenen hat dazu geführt, dass diese für eine gewisse Dauer an Ort und Stelle verblieben sind. Personalienfeststellungen, erkennungsdienstliche Maßnahmen oder
Speicherungen in der Datei Gewalttäter Sport waren nicht vorgesehen und erfolgten auch nicht. Das Mitführen von Trommeln und anderen Fanutensilien wurde von der Polizei nicht unterbunden."

Autor:

Antje Geiß aus Dortmund-City

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