Kurzurlaub

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Eigentlich wollten wir gar keinen Urlaub machen.
Eigentlich ist das im Sommer wegen unserer Pflanzen auch gar nicht möglich.
Eigentlich tun wir sowas schon seit Jahren nicht mehr.
Aber was soll ich sagen, wir haben es getan.
Völlig ungeplant, planlos sozusagen. Von jetzt auf gleich.
Eines Abends Ende Mai, unsere Stimmung war auf minus 0, die Temperaturen draußen auch nicht viel höher, habe ich mal einfach so im Netz geforscht...

Wir waren doch vor knapp zwei Jahren auf Teneriffa in diesem hübschen Hotel an der Costa Adeje. Da war unser Schwager noch mit dabei, der, von dem wir vor einigen Tagen erst endgültig Abschied genommen hatten. Abends hatten wir beide uns vom Buffet immer ein Schälchen mit diesem fluffigen Nachtisch geholt. Milde belächelt von unseren Ehepartnern.

Juli war ausgebucht. Aber ich schaute noch mal so ein bisschen weiter. Juni vielleicht?
Da, da war ein super Angebot.
„Vierzehn Tage?“ Mein Mann winkte ab. „ Ausgeschlossen, viel zu lang. Ich kann doch meine Tomaten nicht so lange alleine lassen. Selbst bei diesem Wetter, wo kaum gegossen werden muss...“
„OK, eine Woche ist auch möglich.“
„Nee, für eine Woche ist der Flug zu lang.“
„Hast ja Recht,“ ich fuhr den Laptop runter, „war sowieso eine Schnapsidee.“

„Was ist mit zehn Tagen? - Gibt's da auch was?“

Es gab. Ein sehr günstiges Angebot sogar mit 380,-- Euro Rabatt: Best Price. Für das Hotel Guayarmina Princess an der Costa Adeje. Genau dort wollten wir gerne hin. Das Hotel war voll renoviert, architektonisch sehr ansprechend, hell, freundlich, mit super guter Küche. Und die riesige Poollandschaft hatten wir auch noch in sehr guter Erinnerung. Der Strand selber war nicht so toll, weil voll von schwarzem Lavasand. Aber für die paar Tage wollten wir eh nur Ruhe.

Und schon hatten wir gebucht.
Travel stimmte ein glückliches Halleluja an und klingelte bei Petrus. „Kannste vielleicht mal...?“
Petrus konnte. Er legte den Schalter für den unteren Niederrhein von Winter um auf Hochsommer.

Wir flogen mit einer 757-300 der Air Berlin, wahrscheinlich neueren Datums, aus Kostengründen hergestellt für Minimenschen mit Beinstummeln. Also , ich passte ja noch gerade so eben rein, aber mein lieber Mann hatte echt Probleme...

An der Rezeption freundliche Menschen. Wie damals.
Wir hatten Zimmer Nr. 017. Nicht wie damals.
„Ist im Keller!“
„Wie, im Keller??? Aber...?“
„Si, Sie haben Best-Price gebucht. Wir sind voll. Alles belegt.“
Und ich naives Landei hatte gedacht, die kriegen ihre Hütte in der Vorsaison nicht voll und deshalb...!
Der Rezeptionist zeigte freundlich nach links: „Aufzug und dann... aber Sie kennen sich ja aus.“

Gleich der erste Gang links, noch vor dem Fahrstuhl, zeigte den Weg für die Zimmernummern rund um 17. Na also, ist doch gar nicht so schlimm!
Bei der H17 steckten wir frohgemut die Karte ins Schloss. Aber sie kemmte.
Sie klemmte auch beim zweiten und dritten und vierten Versuch.
Merkwürdig. Und warum ist da ein Buchstabe vor der Nummer? Gibt es vielleicht noch andere Zimmer mit der 17 ohne H???
Fragen über Fragen. Travel jubilierte schon wieder im Hintergrund.
Als wir uns zögernd umdrehten und Richtung neuer Versuch den Fahrstuhl suchten, wurde hinter uns die Türe von H17 aufgerissen. Mit harmlos hochgezogenen Schultern gingen wir weiter. Wir waren das nicht!
Der Aufzug fuhr in völlig fremde Regionen des weitläufigen Hotels. Hier waren wir noch nie gewesen. Wo zum Teufel war unser Zimmer? Wir probierten jede Etage. Aussteigen, nach rechts. Nach links. Niente.
Nach gefühlten zehn Minuten, als wir schon aufgeben und zur Rezeption zurück wollten, erblickten wir plötzlich einen Pagen mit unseren Koffern. Wir hefteten uns an seine Fersen, tappten durch lange Gänge voller Löcher unterm Teppichboden und erreichten schließlich unser Zimmer 017.
Im Keller.
Da, wo noch nicht renoviert war.
Da, wo alle zwei Meter im Gang ein Gullydeckel mit Gegurgel und entsprechenden Düften von den nassen Aktivitäten im Hotel erzählte...
Na ja, für die paar Tage,...

Das Zimmer war groß, die Betten gut, das Bad zwar oll, aber funktionsfähig.
Na ja, für die paar Tage...

Dass unsere Terrasse genau neben und kellermäßig auch einen Meter unterhalb der viel bevölkerten Strandpromenade lag, war nicht ideal, aber - für die paar Tage...

Die Terrassentüre, die mit zwei großen Schritten von der Straße über die kleine Balkonbrüstung aus zu erreichen war, stammte noch aus Legoland. Sie schloss nicht immer, nur, wenn sie wollte. Sicherheitshalber lag ein Langholz mit Zimmernummer in der Laufschiene, um sie zu blockieren. Bis auf Kindergröße jedenfalls.
Aber, für die paar Tage...

Jedenfalls schenkte uns das Hotel eine Flasche eisgekühlten Sekt. Und zwar guten. Wahrscheinlich auch aus gutem Grund.

Wir hatten auch südländische Mitbewohner. Ich weiß nicht, wer von uns in der Überzahl war. Wir waren zu zweit. Wieviele waren sie? Keine Ahnung. Jedenfalls haben wir zwei von diesen Prachtexemplare gekillt, bevor sie des Nachts zu uns unter die Decke krabbeln konnten.
Aber wir brauchten nicht für sie mitbezahlen. Was für ein Glück!

Das Wetter war himmlisch, das Essen nicht mehr so. Vielleicht sahen die Briten, von denen wir umgeben waren, das nicht so eng. Aber wir wussten ja, wie es noch vor knapp zwei Jahren gewesen war. Schade eigentlich. Aber irgendwie auch verständlich. Spanien muss auch sparen.

Jeden Abend aß ich einen zusätzlichen Fluffy-Nachtisch für unseren Schwager. Da ich selber aber auch einen anderen Nachtisch wollte, musste ich am nächsten Vormittag bei der Aqua-Gym die zusätzlichen Kalorien wieder abtrainieren. Aber das ist mir mein lieber Schwager wert.
Für die paar Tage...

Wir wollten ja nur ein paar Tage Sonne und Ruhe. Die Sonne spielte mit: mal heiß, mal hautfreundlich. Wir hatten zwei dicke Romane von Jussi Adler Olsen dabei mit den dritten und vierten Fällen von Carl Mörck. (Sehr zu empfehlen übrigens!)
Außer der Wendeltreppe direkt vor unserem Zimmer mehrmals am Tag vier Stockwerke hoch bis zum Pool und der Wassergymnastik gestatteten wir uns lediglich ein Minimum an Bewegung. Muss auch mal sein.
Für die paar Tage...

Aber schön war's trotzdem. Sehr schön. Die Leute im Service waren unverändert nett und freundlich. Immer zu kleinen Späßen aufgelegt, obwohl sie meistens echt Stress hatten bei so vielen Gästen. Die Cocktails wurden tatsächlich noch mit frischen Früchten, Säften und z.B. Minze und Bananen-und Orangenschalen zubereitet. Das kriegt man auch nicht überall geboten. Meist haben sie unter der Bartheke Flaschen mit (IFF)-Ingredienzien.

Also, Travel hat den Urlaub genossen. Der brauchte anscheinend auch mal Ruhe.
Das Hotel ist auch echt emfehlenswert, aber nicht zum „Best-Price“ unten in den rauschenden Katakomben bei den Kakerlaken. Das sollte man wissen.

Auf der Rückfahrt im Bus zum Flughafen Tenerife Sud versuchte Travel es noch einmal. Sobald wir abgefahren waren. versuchte er, den Bus lahm zu legen. Sobald der Fahrer über 30 Kmh fahren wollte, klapperte der ganze Bus wie unter heftigstem Schüttelfrost. Wir flogen hin und her und hatten Angst, wir müssten uns an den Rand der Autobahn stellen und den Daumen heben.
Naja, für die paar Kilometer...

Aber, Travel-Chaos wird anscheinend langsam auch alt, wir hatten eine komplikationslose Rückreise...

Diesmal.

Christel Wismans, Juni 2013

Autor:

Christel Wismans aus Emmerich am Rhein

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