Franziskusschwestern leben in Bedingrade mit indischen Karmelitinnen zusammen
Regelmäßig wird indisch gekocht

Generaloberin Schwester Judith mit Schwester Tonia (l.) unter dem hölzernen Franziskus Tau. Das tragen die Schwestern in klein auch um den Hals. | Foto: Debus-Gohl
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  • Generaloberin Schwester Judith mit Schwester Tonia (l.) unter dem hölzernen Franziskus Tau. Das tragen die Schwestern in klein auch um den Hals.
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"Keine von uns ist älter als 100 Jahre", Schwester Judith, Generaloberin der Franziskusschwestern in Bedingrade, antwortet bewusst schwammig. "Aber wir sind alle noch gut beieinander, beten und leben hier im Mutterhaus an der Laarmannstraße in einer funktionierenden Gemeinschaft zusammen." Dass dabei auch mal Tacheles geredet wird, daraus macht die 71-jährige Ordensfrau keinen Hehl. "Alles was ansteht, wird geklärt."

von Christa Herlinger

Der Tag im Kloster ist klar struktuiert. Um 6.30 Uhr beginnt das Leben hinter den Klostermauern. Mit dem Morgenlob, dem sogenannten Laudes. Um 7 Uhr wird gemeinsam gefrühstückt, dann beginnt die Arbeitszeit. "Gearbeitet" wird ehrenamtlich. Stundenweise in der eucharistischen Anbetung in der Kapelle oder aber in der Quintiniusstiftung. "Die führt das Thema Familienpflege weiter", erklärt Schwester Judith.

Seit vier Jahren im neuen Haus

Gegründet wurde die Stiftung aus Erlösen. Krankenhäuser, Altenpflegeheime und Pflegeschulen, die die Gemeinschaft zu ihren Glanzzeiten geführt hat, wurden nach und nach in andere Hände übergeben. So im Jahr 1991 auch das ehemalige Franziskus Krankenhaus in Bedingrade. Dort ist die Contilia heute zu Hause, mit dem Franziskusstift, der Tages- und Kurzzeitpflege. Auch das Hospiz Cosmas und Damian hat in dem 1932 erbauten Backsteingebäude seine Räume.
Seit 2013 bewohnen die Schwestern ihr neu erbautes Kloster auf dem Gelände an der Laarmannstraße. Das betagte Mutterhaus direkt gegenüber war einfach zu groß. "Wir hätten eine neue Heizungsanlage benötigt, auch der Brandschutz war nicht mehr zeitgemäß. So kamen wir um den Neubau nicht mehr herum."

Gemeinschaft ist klein geworden

30 Zimmer stehen den Ordensfrauen dort zur Verfügung. Die Gemeinschaft ist klein geworden. "Ich kann mich erinnern, dass wir früher einmal mehr als 250 Schwestern gehabt haben", berichtet die Oberin. "Viele von ihnen habe ich beerdigt." Heute sind sie in Bedingrade noch mit 19 Schwestern. Doch die Gemeinschaft gehe fröhlich auf ihr Ziel zu. Für Leben im Haus sorgen unter anderem die sechs indischen Karmelitinnen. Die jungen Schwestern werden in Deutschland in der Altenpflege ausgebildet, lernen durch das Zusammenleben mit den Bedingrader Ordensfrauen nicht nur die deutsche Sprache, sondern auch das Leben hier in Europa besser kennen.

Eigene Küche wird viel genutzt

Raum für die eigene Kultur, die gibt es für die Inderinnen auch hinter Klostermauern. Die Schwestern haben einen eigenen kleinen Meditationsraum und eine Küche, die eifrig genutzt wird. "Oftmals werden wir von ihnen indisch bekocht", freut sich Schwester Judith über die ungewohnten Köstlichkeiten.
Seit 2008 steht sie der Bedingrader Gemeinschaft vor. Irgendwann werden auch die Schwestern der beiden noch verbliebenen Niederlassungen in Schleiden und Paderborn nach Bedingrade übersiedeln. "Das haben wir bei der Konzeption des neuen Mutterhauses berücksichtigt."

Pläne für neue Nutzung

Für die Nutzung des alten Gebäudes gibt es bereits Ideen. Seit vier Jahren ist das Haus nun unbewohnt. "Wir warten auf eine Entscheidung der Stadt, eine Wohnbebauung ist angedacht", weiß die Ordensfrau, die im Alter von 24 Jahren zu den Franziskusschwestern stieß. Gelernt hat Schwester Judith Industriekauffrau. "In meiner Heimatgemeinde in Dortmund war ich schon immer engagiert, aber ein Kloster, das kam damals so gar nicht in Frage." Die Begegnung mit einer Franziskusschwester hat die Wende gebracht. "Ihre Liebenswürdigkeit hat mich gefangen genommen", erinnert sich die Generaloberin. Es folgten Besuche im Kloster in Bedingrade, viele Gespräche auch mit der eigenen Familie. "Denn mein Vater war gar nicht begeistert."

Ihre Familien sind für Ordensfrauen wichtig

Auch Bruder und Schwägerin musste die reiselustige junge Frau damals erst überzeugen. "Wir haben uns in einer Kneipe getroffen und sie haben mir unzählige Fragen gestellt. Am Ende des Abends aber haben sie mir ihre Unterstützung zugesichert und über die freue ich mich bis heute."
Wie wichtig die Familien für die Ordensschwestern sind, wurde am Festtag des 100-jährigen Ordensjubiläums deutlich. Das wurde am vergangenen Sonntag gefeiert. Jede der Schwestern hatte zu diesem besonderen Tag ihre Angehörigen eingeladen. Und die kamen in großer Zahl in die Laarmannstraße, feierten am Vormittag einen ganz besonderen Gottesdienst mit den Schwestern, aßen zu Mittag und ließen sich anschließend zu einer Zeitreise "100 Jahre Ordensgeschichte" einladen. Sie erfuhren, wie sich der Habit in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Und er wird keineswegs täglich getragen.

Jeans statt Habit

"Sie treffen mich zumeist in Jeans an", verrät Schwester Judith.
Der Namensgeber der Ordensgemeinschaft, der heilige Franz von Assisi, ist der Patron der Tiere. "Doch wir haben hier keine im Kloster", erklärt die Generaloberin. Kurze Zeit habe ein Wellensittich bei ihnen gelebt. "Doch der Vogel hat jedesmal ein Riesentheater veranstaltet, wenn der Prälat im Ornat zu uns kam. Damit hatte er augenscheinlich ein Problem." Tiere und Natur, die können die Franziskusschwestern beim Gebet in der Kapelle erfahren. Zwei große Fenster eröffnen ihnen den Blick in den großen Klostergarten. "Und da gibt es Spechte, Kaninchen und sogar eine Fuchsfamilie."

Hoffnung auf gemeinsame Jahre

Wenn Schwester Judith zum 100-jährigen Ordensjubiläum einen Wunsch frei hätte, dann müsste die 71-Jährige nicht lange überlegen: "Ich möchte nichts anderes, als dass wir hier im Hause noch einige Jahre in Gemeinschaft weiterleben können."

 Die Gemeinschaft ist kleiner geworden. Aktuell leben 19 Franziskusschwestern in dem vor vier Jahren neu erbauten Mutterhaus in Bedingrade. Fotos (3): Debus-Gohl

Autor:

Christa Herlinger aus Essen-Borbeck

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