Anja Krüger - eine Essenerin begeistert im Theater im Rathaus

Eine Essenerin, die unfallfrei hessisch babbelt, plötzlich ins Schwitzerdeutsch wechselt, um einen dann im perfekten Ruhrpott nach der eigenen Beziehung zum Theater zu fragen – schon nach wenigen Minuten wird klar, dass Gespräch mit Anja Krügerüber ihre Rolle als Jane in „Alles auf Krankenschein" alles werden kann, aber bestimmt nicht langweilig.

Fünf Stationen Straßenbahnfahrt bis ins Theater im Rathausliegen gerade hinter der 41-Jährigen. Weiter ist die Anreise für Anja Krüger im Moment nicht, wenn sie zur Arbeit fährt. Seit gut drei Wochen genießt sie diesen Luxus, jeden Morgen im eigenen Bett aufzuwachen und jeden Abend nach der Vorstellung wieder die Tür der eigenen Wohnung in Rüttenscheid zu schließen. „Das ist schon ein enormer Luxus. So sehr ich es auch genießen kann aus dem Koffer und im Hotel zu leben, dieses Gefühl ein Heimspiel zu haben und sich jeden Tag in seiner eigenen Stadt zu bewegen, dass ist schon sehr sehr wertvoll. Das ist ein tolles Gefühl.“
Gefühlvoll, impulsiv, mit lachenden Augen und offenen, einladenen Gesten – so sehr die gebürtige Darmstädterin auf der Bühne als berechnende ehemalige Geliebte das humorvolle Versteckspiel in „Alles auf Krankenschein“ anwirft, so gegensätzlich, erdverbunden agiert sie abseits des Scheinwerferlichts. „Auf der Bühne lebe ich die Figur, die ich im jeweiligen Stück spiele. Da versuche ich eins zu werden mit den Charakteristika, die der Regisseur mir an die Hand gibt. Nur wenn ich eins bin, dann kann ich auch wirklich gut sein. Aber wenn die Scheinwerfer aus sind, dann bin ich wieder ich und bin froh, dass ich in dieser tollen Truppe in diesem schönen Theater spielen darf.“
Lächeln, lachen, fröhlich sein – das, was Anja Krüger während des Interviews von sich durch ihre manchmal mädchenhafte, dann aber wieder ganz frauliche Gestik und Mimik von sich zeigt, lässt einen erahnen, dass sie im hier und jetzt kein Theater spielt und es aus vollem Herzen kommt, wenn sie sagt, „dass wir auch abseits der Bühne ganz viel miteinander lachen. Vor allem, wenn Karl-Heinz von Hassel eine seiner vielen Anekdoten aus seinem prall gefüllten Fundus erzählt, dann können wir uns meistens vor Lachen nicht mehr halten. Es macht einfach Spaß.“

Vor allem, wenn Karl-Heinz von Hassel eine seiner vielen Anekdoten aus seinem prall gefüllten Fundus erzählt, dann können wir uns meistens vor Lachen nicht mehr halten. Es macht einfach Spaß.“ Anja Krüger

Den Traum, einmal als Schauspielerin auf der Bühne zu stehen, den hatte Anja Krüger schon mit 13. Damals kassierte sie ihre ersten stehenden Ovationen nach ihrer Premiere in einem Stück der Theater-AG ihrer Schule. Verständlich auch, dass vor allem ihr Vater, der als Offizier bei der Bundeswehr so gar nichts mit der Welt des Theater zu tun hatte, dies zunächst einmal als kleine Mädchenschwärmerei abtat. Umso bemerkenswerter aber auch, dass er und seine Frau ihre Tochter vorbehaltlos unterstützen, als diese sich nach dem Abitur auf die schwere Suche nach einem Platz an einer staatlichen Schauspielschule machte. „Sie waren und sind immer für mich da. Dafür bin ich ihnen unendlich dankbar. Denn so sehr ich meinen Beruf liebe, es gibt auch immer Phasen, wo es nicht rund läuft und dann haben sie immer ein offenes Ohr für mich.“
Das hatten sie auch, als ihnen Tochter Anja 1992 dann freudestrahlend eröffnete, dass sie an derFolkwang Universitätin Essen angenommen wurde und dort fortan Schauspiel und Theater studieren würde. „Ich hätte nie damit gerechnet, dass sie mich nehmen würden. Im Vorfeld habe ich immer nur gehört, dass die Jury sehr anspruchsvoll und schwierig ist. Aber ich habe sie anscheinend mit meiner Darbietungen der Gabriele von Kant und als Claudia Galotti überzeugt, denn sie haben mich genommen.“ Aufgenommen in sein Ensemble hat sie nach dem Studium auch Jochen Schrödervom Komödchen in Bochum. Und für die Rollen der Jaqueline oder Judith in „Boeing, Boeing“ legte sie sich auch neben dem Hessischen oder dem Ruhrpott auch noch einen französischen und schwitzerdeutschen Akzent zu. „Das hat damals einen Heidenspaß gemacht, war aber auch eine Herausforderung.“
Bei der Bewältigung dieser hat Anja Krüger ohne Frage auch ihr musikalisches Gehör und ihre Gesangsausbildung geholfen. Denn die Musik ist neben der Schauspielerei ihre zweite große Liebe. Seit vielen Jahren schon nimmt sie bei Katrin Kleinjohann in Rüttenscheid Gesangsunterricht. „Dabei kann ich wundervoll abschalten und in eine ganz andere Welt eintauchen. Katrin versucht mich auch schon seit Jahren dazu zu überreden einen Liederabend zu machen. Noch traue ich mich nicht.“
Aber wenn sie den Mut fassen sollte, dann würden die Stücke von Alexandra fester Bestandteil des Abends werden. Vor allem der „Zigeunerjunge“ hat es Anja Krüger besonders angetan. „Irgendwie finde ich mich in diesem Lied auch wieder. Dieses heimatlose, wie ein Zugvogel durch die Welt zu reisen ohne festes Ziel, das trifft auf mich doch auch zu.“
Nur gut aber, dass sie im Moment nur fünf Stationen mit der Straßenbahn vom Bett bis auf die Bühne braucht. Denn ein bisschen Heimat braucht auch ein Zugvogel wie Anja Krüger. Zumindest hin und wieder.