Haltestellenumbenennung und demokratische Geschichtssarbeit
Ehrung des NS-Finanziers und Wehrwirtschaftsführers Ernst Tengelmann beenden

Ehrungen für NS-Karrieristen und Finanziers wie Ernst Tengelmann müssen endlich der Vergangenheit angehören. Solcherlei braune Bergwerksdirektoren gehören nicht auf Haltestellenschilder, weder in heisningen, noch anderswo!   | Foto: Walter Wandtke
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  • Ehrungen für NS-Karrieristen und Finanziers wie Ernst Tengelmann müssen endlich der Vergangenheit angehören. Solcherlei braune Bergwerksdirektoren gehören nicht auf Haltestellenschilder, weder in heisningen, noch anderswo!
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Politisch-demokratische Bildung findet auch durch öffentliche Namensgebung von Strassen, Haltestellen, Kasernen oder Schulen statt. In diesem Sinne ist es überfällig, dass Ernst Tengelmann, der frühere Wehrwirtschaftsführer, NSDAP-Finanzier und Parteimitglied seit 1930, als Namensgeber einer Ruhrbahnhaltestelle und von Strassenschildern endlich in der Versenkung verschwindet.
Deshalb ist es sehr erfreulich, dass die Grüne Bezirksvertretungsfraktion im Stadtbezirk 8
mit einem Antrag für die Sitzung am 3. November endlich für eine Änderung sorgen will.
Wir können uns nicht regelmäßig immer wieder über zunehmenden Rechtsruck und Wahlerfolge von Rechtsaußenparteien wie der AFD beklagen, aber öffentliche Ehrungen für NS-Parteigänger wie Tengelmann als scheinbar belanglos hinnehmen. Besonders peinlich fürs damalige Geschichtsempfinden der in Essen Verantwortlichen ist hier ja, dass diese Strassen- und Haltestellenbenennung nach Ernst tengelmann durch den Essener Stadtrat 1960 erfolgte und nicht etwa ein übersehenes Überbleibsel der nationalsozialistischen Herrschaft ist.

Die Opfer, nicht Täter u. Profiteure ehren

Bestimmt finden sich in Heisingen verdientere Menschen als der bisherige Namensgeber für die Ruhrbahnhaltestelle. Z.b jemanden, der im 2. Weltkrieg als Zwangsarbeiter in einer der örtlichen Zechen für den Obermanager Ernst Tengelmann schuften musste. Gern darf da auch das Schicksal einer Zwangsarbeiterin gewürdigt werden.
Hier der Originalantragstext

BÜNDNIS90/DIEGRÜNEN in der Bezirksvertretung 8 (Ruhrhalbinsel) beantragen die Umbenennung einer Bushaltestelle in Heisingen.

In Heisingen ist in der Bahnhofstraße seit 1960 eine Bushaltestelle der Ruhrbahnlinie 153 (Baldeneysee - Kupferdreh/Altenheim) nach dem Namensgeber des in der weiteren Umgebung befindlichen "Ernst-Tengelmann-Rings" benannt.
Dieser Ernst Tengelmann war neben seiner leitenden Tätigkeit im Ruhrkohlebergbau auch der erste Stadtrat in Essen, der der NSDAP beitrat. Er hatte maßgeblichen Anteil an der Finanzierung der NSDAP im entscheidenden Wahlkampf zur Reichstagswahl 1933, der zur "Machtergreifung" führte. Als "Wehrwirtschaftsführer" war Tengelmann die "rechte Hand" von Friedrich Flick, der in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen wegen Sklavenarbeit, Zwangsarbeit und Plünderung besetzter Gebiete zu 7 Jahren Haft verurteilt worden war.
Mit der Einzelhandelskette "Tengelmann" hat Ernst Tengelmann persönlich nichts zu tun gehabt (das war sein Bruder).
Ernst Tengelmann hatte persönlich auch gar keine Beziehungen nach Heisingen, lediglich die Zeche Carl-Funke gehörte zu seinem Organisationsbereich. Dies erklärt auch die Namensgebung, denn die heutige Straße befand sich in den 60er Jahren noch im Werksbereich der Zeche "Carl-Funke" und wurde von einem der beiden Söhne Tengelmanns zu Ehren seines Vaters gemeinsam mit Vertretern der IHK Essen betrieben.
Der detaillierte Werdegang Tengelmann`s seit 1930 ist einem Gutachten zu entnehmen, das der grüne Ratsherr und Mitglied in der Bezirksvertretung 8, Jan-Karsten Meier 2021 von einem Absolventen am Lehrstuhl für Zeitgeschichte (Prof. Constantin Goschler) an der Ruhruniversität Bochum anfertigen ließ.
"Die Grünen in der Bezirksvertretung teilen die Ansicht des Gutachters Thorben Pieper, den eigentlichen Strassennamen zu belassen und erläuternde Informationstafeln im Umfeld aufzustellen. Damit sei eine umfassende Einordnung von Namensgebungsprozess und Person möglich", so der Heisinger Grünen-Bezirksvertreter Meier. Sollten die Anwohner/-innen allerdings aufgrund dieser Informationen selbst eineUmbenennung wünschen, so würden sich die Grünen dem nicht verschließen.
Bei der Bushaltestellen-Benennung jedoch handelt es sich um eine Haltestellenbezeichnung, die unkommentierbar in den Ruhrbahn-/VRR-Fahrplänen aufgeführt wird. Der Fahrgast kann also nicht über den Hintergrund und Einordnung eines Namens mit nationalsozialistischem Hintergrund diesen Ausmasses informiert werden.
Zudem mündet der "Ernst-Tengelmann-Ring" gar nicht in den Bus-Linienweg der Bahnhofstrasse. Die nächste Einmündung im Haltestellenumfeld stellt der "Soniusweg" dar.
Anselm Sonius lebte im 18.Jahrhundert, war ein durchaus konfliktfreudiger Abt des Klosters Werden und hielt sich oftmals über längere Zeit in "Haus Heisingen" auf, hatte also einen engen Bezug nach Heisingen.
"Mit dieser Namensänderung einer Bushaltestelle wollen die Grünen in der Bezirksvertretung zum 93. Jahrestag der "Reichsprogramnacht" am 9.11.1938 ein Zeichen des Gedenkens setzen", so Jan-Karsten Meier abschließend.
Bündnis90/DieGrünen

Stadtteilgruppe Ruhrhalbinsel BV8

Autor:

Walter Wandtke aus Essen-Nord

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