Vor 100 Jahren - Generalstreik und bewaffnete Arbeiter stoppten Militärputsch
Zweite Radiosendung zur Erinnerung an den Ruhrkampf 1920 - Radio Essen 19.April - 19.04 Uhr

Gedenktafel am Friedhof Altenessen-Nord - namensloses Gräberfeld der Opfer der Beschießung der Arbeitersiedlungen  an der Nordsternstrasse und Rahmdörne. Die Freikorpsbrigade Loewenfeld hatte am 6 / 7 April 1920 bei der Besetzung des Stadtgebiets von Essen von Karnap und Bottrop kommend die Brücke über Emscher und Rhein-Herne-Kanal gegen den letzten Widerstand verbliebener bewaffneter Arbeiter erobert. In den Jahren vor 1933 hatte die Stadtverwaltung hier neben Opfern des 1. Weltkriegs auch Gräber für die Opfer des Kapp-Putsches angelegt.  Die nationalsozialistische Stadteegeirung hatte sie dann wieder beseitigen lassen. | Foto: Walter Wandtke
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  • Gedenktafel am Friedhof Altenessen-Nord - namensloses Gräberfeld der Opfer der Beschießung der Arbeitersiedlungen an der Nordsternstrasse und Rahmdörne. Die Freikorpsbrigade Loewenfeld hatte am 6 / 7 April 1920 bei der Besetzung des Stadtgebiets von Essen von Karnap und Bottrop kommend die Brücke über Emscher und Rhein-Herne-Kanal gegen den letzten Widerstand verbliebener bewaffneter Arbeiter erobert. In den Jahren vor 1933 hatte die Stadtverwaltung hier neben Opfern des 1. Weltkriegs auch Gräber für die Opfer des Kapp-Putsches angelegt. Die nationalsozialistische Stadteegeirung hatte sie dann wieder beseitigen lassen.
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Informationen und Hintergründe zum republikfeindlichen Kapp-Lüttwitz –Militärputsch vom März 1920 gehören auch für viele politisch interessierte Menschen im Ruhrgebiet leider nicht zum üblichen Wissensschatz.Obwohl dieser Putsch und seine Nachwirkungen innerhalb weniger Wochen im März, April und Mai 1920 in Deutschland an die 2500 Tote verursacht hat, ist er den Schulgeschichtsbüchern meistens gerade mal 1– 2 Sätze wert.
Häufig wird der gegen die antirepublikanischen Militärs gerichtete „Ruhrkampf 1920“ auch mit dem „Ruhrkampf“ verwechselt, der sich als passiver wie auch gewalttätiger Widerstand in den Jahren 1921 bis 1925 gegen die Besetzung des Ruhrgebiets und des Rheinlands durch französische Truppen entwickelte.
Insbesondere im Ruhrgebiet waren aber im Frühjahr 1920 die Kämpfe zwischen den rechten Militärs und der sich in einer „Roten Ruhrarmee“ bewaffnenden Arbeiterschaft besonders opferreich auch unter Zivilisten in betroffenen Arbeitersiedlungen.
Die Coronapandemie verhinderte im letzten Jahr viele vorbereitete Veranstaltungen, die den 100. Jahrestag dieses Militärputsches zum Anlass für tiefergehende Debatten und auch bloße Wissensvermittlung nehmen wollten.
Mit einer Radiosendung im Bürgerfunk von Radio Essen soll am Sonntag, dem 18. April (Sendezeit 19.04 – 19.55 Uhr) an die blutigen Auseinandersetzungen erinnert werden, die sich insbesondere im Ruhrgebiet nach dem Kapp-Lüttwitz-Militärputsch vom 13. März 1920 entwickelten.

Generalstreik stoppt Militärputsch

Der von republikfeindlichen Militärs wie Walter von Lüttwitz, Erich Ludendorff oder Herrmann Ehrhardt, dem Kommandeur der berüchtigten Marinebrigade Ehrhardt als ziviles Aushängeschild vorgeschickte eher unbedeutende Politiker aus Ostpreussen hieß Wolfgang Kapp. Seine Deutsche Vaterlandspartei hatte sich im Kaiserreich während des ersten Weltkriegs als Verfechterin besonders aggressiver deutscher Kriegsziele einen Namen gemacht. Er selbst war 1918 in der Schlussphase des Kaiserreichs noch kurzzeitig auch Reichstagsabgeordneter.
Als selbsternannter Reichskanzler hatte er sich im März 1920 gerade 100 Stunden im Amt halten können. Ein am 15. März 1920 wirklich umfassender Generalstreik im deutschen Reich hatte ihn und die seine Putschregierung stützenden Militärs bereits nach 4 Tagen zur Aufgabe gezwungen. Das führte insbesondere bei uns im Ruhrgebiet aber noch lange zu friedlichen Zeiten.

Wieder eingesetzte SPD-Regierung schickt Militärtruppen ins Ruhrgebiet

Ab dem 21. März kann es die vorher nach Stuttgart geflohene gewählte Reichsregierung und der Reichspräsident Ebert wieder wagen, nach Berlin zurückzukehren und dort die regierungsgeschäfte wieder aufzunehmen. Aber auch jetzt nach Flucht der offensichtlichen Putschisten im Militär hat die  die verbliebene , noch weitestgehend aus dem kaiserreich übernommene generalität und da salte Offizierskorps noch viel Einfluß. Es besteht die Sorge, dass die aufgebrachte, bewaffnete Arbeiterschaft sich jetzt als Gegenschlag zu große soziale Rechte insbesondere im Bergbau erkämpft.
Kaum republiktreue Reichswehrtruppen unter General von Watter und Berufssoldaten sogenannter Freikorps sind jetzt bereits in Militärzügen zur Besetzung des Ruhrgebiets geschickt worden und sollen die aufgebrachte Arbeiterschaft in Schach halten. Diese Kämpfe, der sich später „Rote Ruhrarmee“ nennenden bewaffneten Arbeiterschaft gegen die der Weimarer Republik feindlich gesinnten Militärs verliefen in den Märzwochen 1920 überraschend erfolgreich bevor die Militärmaschine dann im April mit voller Macht das Ruhrgebiet besetzte und oft mit Standgerichten und willkürlichen Erschießungen im sogenannten „Weissen Terror“ mit an die 1500 toten in unserer Region für Ruhe sorgte.

Die Sendung vom 18.4 soll insbesondere durch ein Interview mit dem Journalisten und Hörfunkautor Ludger Fittkau aufzeigen, welche Nachwirkungen die damaligen Kämpfe für die spätere Instabilität der Weimarer Republik hatte. Auf jeden Fall verstärkten sie in unserer Ruhrgebietsregion die Spaltungstendenzen der Arbeiterbewegung zwischen Sozialdemokratie, Linkssozialsiten und Kommunisten. Insbesondere die SPD konnte in den Jahren nach „Kapp-Putsch“ und „Ruhrkampf 1920“ auch bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 Wählerstimmen und Vertrauensverlust nicht mehr ausgleichen.

Ruhrkampf 1920 per Fahrrad erkunden

In den Folgewochen sollen weitere Sendungen, die aus den Veranstaltungsvorbereitungen von Medienzentrum Ruhr und weiteren Beteiligten hervorgegangen sind, das Augenmerk auf unsere Stadt Essen aber auch den Bereich Duisburg/Dinslaken und Hünxe richten. Ludger Fittkau hatte bereits 1990 einen politischen Reiseführer fürs Ruhrgebiet verfasst: „Ruhrkampf 1920 – Die vergessene Revolution“. Dort erschließt er in Essen und anderen Ruhrgebietsstädten mit Hilfe verschiedener Fahrradtouren, Kampf und Gedenkorte dieser auch Märzrevolution genannten Phase der Weimarer Republik. (im normalen Buchhandel leider nicht mehr verfügbar – aber doch zumindest in unserer Stadtbibliothek ausleihbar). Natürlich sind die meisten dieser Gedenkorte auch  mit zumutbaren ÖPNV-Verbindungen erreichbar.
Auch auf der Internetseite sind weitere Artikel zu lesen und auch Interviews zum Thema zu hören.

Autor:

Walter Wandtke aus Essen-Nord

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