VfB Nord kämpft ums Überleben

Rücken (notgedrungen) zusammen: Spieler und Verantwortliche des VfB Nord in ihrem Containerraum auf der Sportanlage Seumannstraße. Fotos: Gohl
2Bilder
  • Rücken (notgedrungen) zusammen: Spieler und Verantwortliche des VfB Nord in ihrem Containerraum auf der Sportanlage Seumannstraße. Fotos: Gohl
  • hochgeladen von Patrick Torma

Es ist eine Geschichte mit einer traurigen Note: Die vom Abstieg des VfB Nord. Der Verein kämpft schon seit einiger Zeit ums Überleben. Eine Insolvenz, die konnte er noch abwenden, die im Masterplan Sport verankerte Aufgabe der Spielstätte am Altenbergshof nicht mehr. Die Nordmänner zogen sich aus der Bezirksliga zurück: Heute fristet der VfB Nord ein Dasein in der Kreisliga B.

Viel ist nicht vom Traditionsverein (103 Jahre) übrig geblieben. Anderthalb Containerräume an der Seumannstraße nämlich: Eine kleine Kammer mit Stauraum für Trikots, Bälle und Trainingsgerät sowie ein gutes Dutzend Quadratmeter, auf denen sich das Vereinsleben abspielt. Schaut die erste Mannschaft nach dem Training vorbei, muss das „Vereinsheim“ wegen Überfüllung schließen. Ein bemitleidenswerter Anblick.

Eigentlich will Claudia Chacinski, die erste Vorsitzende des Vereins, nicht nachkarten. Mit der Schließung des Altenbergshofes habe sie sich arrangiert, auch sei man dem Hauptnutzer der Sportanlage an der Seumannstraße, dem ESC Preußen, dankbar für die Aufnahme. „Aber die Bedingungen…“, seufzt Chacinski.

Im Sommer 2011 wurde der Spielbetrieb am Altenbergshof eingestellt, ein Großteil der Vereinshabseligkeiten ist bis heute im Nordviertel verblieben. „Unseren Grill, unsere Waschmaschinen, all das kriegen wir hier nicht unter“, klagt Chacinski. Aber schmutzige Trikots, die könnten ohnehin nicht an der Seumannstraße gewaschen werden. Einen Wasseranschluss gibt es im Container nicht, Schlüsselgewalt über den Kabinentrakt hat der VfB Nord ebenso wenig. Dafür dringt Feuchtigkeit von oben hinein. Für VfB-Urgestein Heinz Runkel ein Unding: „Dabei hat der ESC Preußen vom ESPO (Essener Sportbund) Geld erhalten, um den Container zu renovieren.“
Darauf habe man sowohl den ESPO als auch die Sport- und Bäderbetriebe hingewiesen. „Von dort kommt aber nicht viel. Es heißt nur, dass wir froh sein könnten. Andere Vereine besäßen weniger“, berichtet Chacinski. „Dabei wollen wir doch nur etwas mehr Platz. Ein zusätzlicher Raum würde uns ja schon reichen.“ Deutlicher wird Heinz Runkel: „So wirft man uns Knüppel zwischen die Beine.“

Auf diese Ausführungen angesprochen, reagiert ESPO-Geschäftsführer Wolfgang Rohrberg „enttäuscht“, Udo Smuzcinski, Verwaltungsleiter bei den Sport- und Bäderbetrieben, muss „regelrecht schlucken“. Nicht ohne Grund: Der Fall „VfB Nord“ ist eng verknüpft mit dem Schicksal der Eheleute Chacinski. „Marian und Claudia Chacinski – das war der VfB Nord“, weiß Wolfgang Rohrberg. Leider verstarb der VfB-Geschäftsführer Marian Chacinski im vergangenen Jahr nach schwerer Krankheit. Bei „allem Verständnis für den Schicksalsschlag“, Rohrberg und Smuzcinski weisen die gröbsten Vorwürfe „entschieden zurück“.

„Der VfB Nord war nach der Aufgabe des Altenbergshof schon abgemeldet“, verrät Wolfgang Rohrberg. Von dem Entschluss, den Verein fortzuführen, sei nicht nur er überrascht worden. Nichtsdestotrotz seien alle Hebel in Bewegung gesetzt worden, um dem Wunsch des VfB Nord zu entsprechen. Nach anfänglichen Bedenken habe sich der Verein mit den Rahmenbedingungen an der Seumannstraße einverstanden gezeigt, ergänzt Udo Smuzcinski.

„Diese Rahmenbedingungen waren deutlich umrissen“, betont der Verwaltungsleiter weiter. Der Containerraum sei nie als ein Ersatz für das Vereinsheim am Altenbergshof vorgesehen gewesen. „Es war abgesprochen, dass der VfB Nord die Räumlichkeiten des ESC Preußen nutzen darf.“ Der Liga-konkurrent betreibt auf der Anlage das Klubhaus „Dritte Halbzeit.“ „Als eigenverantwortlicher Nutzer verfügt der ESC eben über die Schlüsselgewalt“, fügt Wolfgang Rohrberg an. Und der Zustand der Räumlichkeiten? „Dass Wasser eindringt, darüber sind wir nicht informiert worden.“

Vor dem Hintergrund bisheriger Gespräche lassen sowohl Wolfgang Rohrberg als auch Udo Smuzcinski durchblicken, wie sehr sie der Vorstoß des VfB Nord irritiert. Claudia Chacinski bekennt, dass es ihr daran gelegen ist, die aufopferungsvolle Arbeit ihres Mannes zu würdigen. Doch wie stehen die Chancen für die Zukunft? Sportlich spielt die erste Mannschaft eine gute Rolle in der Kreisliga, derzeit belegt das Team Tabellenplatz drei. Doch dem Verein fehlt der Unterbau, um langfristige Perspektiven zu entwickeln. An eine Jugendarbeit, das geben die Verantwortlichen zu, ist nicht zu denken. Es mangelt an ehrenamtlichen Helfern.

Auch das Wort „Fusion“, das will Chacinski nicht so recht über die Lippen kommen. Tatsächlich gab es in der Vergangenheit Bemühungen, sich mit dem ESC Preußen und anderen Mannschaften zu arrangieren. „Mal stehen wir, mal die anderen vorne“, gibt die erste Vorsitzende schweren Herzens zu bedenken - und deutet damit ein Grundproblem in der überhitzten Vereinslandschaft an. Insgesamt sind die Anmeldungen rückläufig, doch niemand lässt gerne ein Stück liebgewonnene Tradition hinter sich. Und: Für eine Fusion braucht es immer zwei Seiten. Eine Stellungnahme des ESC Preußen bleibt, auch nach mehrfacher Anfrage des Nord Anzeigers, aus. Das Verhältnis zwischen den Vereinen scheint jedenfalls ein distanziertes zu sein. „Man redet nicht allzu viel“, berichtet Chacinski.

So sind die Aussichten für den VfB Nord nicht gerade rosig. Zusätzlichen Raum, in Form eines neuen Containers, den wird es nicht geben. Der kostet nämlich Geld, nicht nur in der Anschaffung sondern auch in der Instandhaltung. „Wir können und wollen keine neuen Containerlandschaften mehr genehmigen“, betont Udo Smuzcinski.

Rücken (notgedrungen) zusammen: Spieler und Verantwortliche des VfB Nord in ihrem Containerraum auf der Sportanlage Seumannstraße. Fotos: Gohl
Karge Behausung: An ein Vereinsleben sei hier nicht zu denken, betont man beim VfB Nord.  Bei den Sport- und Bäderbetrieben heißt es, der Container sei nicht als Vereinsheimersatz vorgesehen.
Autor:

Patrick Torma aus Essen-Nord

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.