Eine gute Nachbarschaft: Seit 50 Jahren unter einem Dach

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Von außen betrachtet mag das Haus mit den drei Stockwerken gewöhnlich wirken. Doch wer sich näher damit befasst, stößt auf die spannende Geschichte des Ruhrgebiets und auf eine ganz besondere Hausgemeinschaft.

Wo sich heute an der Altenessener Straße Wohnungen an Gewerbebauung reihen, lag früher eine Zeche, die das Leben vieler Menschen prägt: Die Zeche Victoria Mathias. So arbeiteten im Jahr 1959 bis zu 2896 Menschen in dem Steinkohlenbergwerk.

Der Bergbau bildete die Basis

Da die nach dem zweiten Weltkrieg wieder florierende Industrie des Ruhrgebiets viele Menschen in das Revier lockte, wurde Wohnraum zusehends knapper. Deswegen ließ die Montanunion Wohnungen bauen. Darunter war auch ein Haus an der Waterloostraße.
Hier setzt auch die Geschichte von Hannelore Schwarze, ursprünglich aus Bochum stammend, und ihrem Ehemann ein. Manfred Schwarze arbeitete bei der Zeche Victoria Mathias und erhielt eine 1963 neu errichtete Wohnung an der Waterloostraße 12. Die Zeche war dabei ihr direkter Vermieter.
Neben den sechs anderen Familien, die in die neuen Appartements einzogen, betrieb die Zeche Victoria Mathias auch Wohnungen mit den Hausnummern 8 und 10 in der Waterloostraße. Die Wohnungen konnten dabei zweieinhalb bis dreieinhalb Zimmer bieten.

„Unsere Hausgemeinschaft ist besonders“

Zwischen dem Ehepaar Schwarze und den sechs Nachbarsfamilien entwickelte sich bald ein besonderes Verhältnis, das bis heute angehalten hat.
„Unsere Hausgemeinschaft ist etwas ganz besonderes“, berichtet sie und erzählt, wie man im Vorhof einen kleinen Garten errichtete, und den Keller zu einer geselligen Bar umgestaltete.
Doch die mit Ende der 50er Jahre beginnende Kohlekrise traf auch die Zeche Victoria Mathias: Ende des Jahres 1965 wurde sie stillgelegt und schon im Jahr 1966 begann man, die alten Schächte zu füllen und die oberirdischen Anlagen abzureißen.
Doch wegziehen kam für die Familien nicht in Frage. „Wir sind Essen treu geblieben“, erzählt Hannelore Schwarze. So berichtet sie, dass ihr Mann den Beruf des Schweißers erlernte, während andere Hausbewohner beispielsweise bei der Stadt Anstellungen fanden.
Auch die Besitzverhältnisse wechselten mehrmals. Von der THS Treuhandstelle GmbH ging das Haus über die Viterra AG an die Deutsche Annington. Doch von Renovierungsarbeiten abgesehen blieb das Haus weitgehend unverändert.

Bloß nicht die Segel streichen

Und auch die besondere Freundschaft der Bewohner, deren ältester mittlerweile 85 Jahre alt ist, überdauerte den Strukturwandel. „Jeden Monat treffen wir uns einmal zum Karten spielen“, erzählt Schwarze.
Doch nicht nur im heimischen Partykeller wird‘s heiter. Die Freunde blicken auf viele gemeinsame Ausflüge zurück. So organisierten sie Segeltörns, Rhein und Mosel gehören zu den Liebslingzielen. Hoch im Kurs stehen sind auch die gemeinsamen Kegelabende.
So sind die Bande unter den fünf Familien besonders eng. Eines Tages wegziehen aus der Waterloostraße? Das kommt für die Bewohner nicht in Frage!

Text: Johannes Gläser
Fotos: Gohl

Autor:

Lokalkompass Essen-Nord aus Essen-Nord

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