Fels in der Brandung - Der gotische Teil des Essener Doms wird 700 Jahre alt

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Seinem Geburtstag sieht er gewohnt gelassen entgegen. So wie er auch die letzten Starkregenfälle oder diverse leichte Erdbeben bisher unbeschadet überstanden hat, so stoisch gedenkt der Essener Dom auch die Jubelwoche zu seinem Wiegenfeste hinter sich zu bringen. Zumal: Nur ein Teil von ihm wird 700 Jahre alt: der gotische ...

Am 8. Juli 1316 wurde die gotische Erweiterung der Bischofskirche geweiht. Sie macht circa Dreiviertel des heutigen Essener Doms aus. Der eigentliche Gründungsbau lässt sich aber auf circa 850 datieren, er ist nur noch im Fundamentmauerwerk vorhanden. Der Westbau stammt aus der ottonischen Zeit. Um 1000 n. Chr. ließ ihn Äbtissin Mathilde errichten.
Solch profane Fakten schießt Dombaumeister Ralf Meyers quasi aus der Hüfte. Nach seinem Architekturstudium wurde er 1991 als Mitarbeiter der Bauabteilung des Bischöflichen Generalvikariats eingestellt. Der Dom war stets Schwerpunkt seiner Arbeit und Mittelpunkt seines Interesses. 1997 betreute er die Domsanierung, seither kennt er im eindrucksvollen Gotteshaus am Burgplatz jeden Stein. Im Jahre 2007 wurde er vom Domkapitel dann zum Dombaumeister ernannt.
Treffpunkt für die Recherchen zu diesem Text ist der Kreuzgang, der nur einen Steinwurf weit vom Trubel der Kettwiger Straße entfernt ist: eine Oase der Ruhe. Die Sonne scheint und wie bestellt badet eine Taube im Springbrunnen. Ideale Voraussetzungen also für einen entspannten Rundgang.

Reminiszenzen an den Aachener Dom

Bei weitem nicht alles, was Ralf Meyers im wahrsten Wortsinn im Vorrübergehen erzählt, kann hier seine Reproduktion finden, zu viele Informationen über Epochen und ihre Ereignisse, die Spuren am Dom hinterlassen haben, sind darunter.
Vor allem, was den gotischen Baukörper anbelangt, für den man nun zum Geburtstag ganze 700 Kerzen in der Kirche anzünden könnte. De facto werden im Dom von Besuchern übrigens 250.000 Kerzen pro Jahr angezündet.
"Ohne den Dom hätte Essen sich völlig anders entwickelt", ist sich Ralf Meyers sicher. Die Stadt hat sich um das Gotteshaus herum angesiedelt. Auch heute noch ist die Kirche Mittelpunkt. "Sie wird tagtäglich genutzt und ist ein lebendiger Ort in der Stadt, kein totes Denkmal."

Lebendiger Mittelpunkt der Stadt

Ob Kulturort, Zufluchtsort oder Bischofssitz - der Dom hat zahlreiche Funktionen. Architektonisch ist er einen zweiten Blick wert. Im Inneren birgt er sogar Reminiszenzen an den Aachener Dom.
Interessant auch, zu erfahren, wie umsichtig der damalige Baumeister Martin mit den Plänen zur gotischen Erweiterung umgegangen ist. Wie behutsam er Höhenunterschiede ausgeglichen oder romanische Elemente erhalten hat. Vom Westbau aus wurde der Neubau quasi architektonisch angepasst.
Wirft man einen Blick auf die im Gegensatz zur Romanik weitaus verspielteren gotischen Kapitelle, die hoch oben an den Säulen rund um den Altar golden glänzen, mag man kaum glauben, dass Steinmetze diese aus Sandstein gemeißelt haben. Einzelne Blätter wachsen hier filigran aus dem Stein.
Auf dem Weg hoch zum Glockenturm entdeckt man alten Tuffstein, der den Raum umschließt, in dem sich die Glocken befinden. Auch geheime Winkel gibt es hier. Von einer Kammer aus hört Meyers gerne Konzerten zu. der Stuhl auf der Zwischenempore bleibt Besuchern verborgen - ein Privileg des Dombaumeisters.
Auch bei den Feierlichkeiten zum 700. Geburtstag wird er sicher ab und an dort sitzen - und vielleicht auch einen Blick auf die zum Teil leicht gebogenen Säulen im Kirchenmittelschiff werfen. "Krieg und Bergbau sorgten für diese Verformungen weiß Meyers und kann besorgte Bürger beruhigen: "Der Dom wird stehen bleiben!" Mit etwas Glück auch die nächsten 700 Jahre.

Vom 2. bis 7. Juli soll "Essens starke Mitte" gefeiert werden. Gestartet wird mit einem Familienfest im Domhof, es stehen zudem diverse Konzerte und sogar ein Preacher Slam auf dem Programm. Das komplette Programm ist unter www.dom-essen.de zu finden. Reich verzierte Kapitelle zeugen von der Kunstfertigkeit der Steinmetze.

Dombaumeister Ralf Meyers hat sicher einen der schönsten Arbeitsplätze der Stadt. Und: Natürlich kennt er den Dom wie seine Westentasche.Fotos: Gohl
Autor:

Petra de Lanck aus Essen-Süd

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