Der Essener Domschatz lud zur kurzweiligen „KunstPause“ ein
Mittelalterliche Kunstwerke zur Mittagszeit

Elisabeth Schulz führt leidenschaftlich gern durch den Essener Domschatz. 
Foto: Henschke
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  • Elisabeth Schulz führt leidenschaftlich gern durch den Essener Domschatz.
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Der Essener Domschatz präsentiert mittelalterliche Kunstwerke. In kostenfreien „KunstPausen“ zur Mittagszeit geben Mitarbeiter wie Elisabeth Schulz ganz persönliche Einblicke in die faszinierende Welt der Schatzkammer und lassen die Geschichte des Essener Frauenstifts lebendig werden.

Der Essener Domschatz ist eine der bedeutendsten Sammlungen kirchlicher Kunstwerke in Deutschland. Eine Vielzahl von Stücken ist der Öffentlichkeit zugänglich in der Schatzkammer neben der Münsterkirche. Die Schatzkammer ist aber weniger ein Museum, sondern ein Ort, an dem liturgische Geräte und Objekte aufbewahrt werden, die auch heute noch im Gottesdienst Verwendung finden. Zumindest, soweit dies aus konservatorischer Sicht vertretbar ist.

Elisabeth Schulz ist ein Kind des Ruhrgebietes. Die 53-Jährige ist seit Beginn des Jahres fest im Empfangsteam: „Hier im Domschatz kann ich meine Talente nutzbringend einsetzen. Ich genieße die Abwechslung, mache seit über zwölf Jahren Führungen.“ Leidenschaftlich gern, auch in der Werdener Filiale: „Wenn Corona es erlaubt, führe ich zum Ludgerusfest am 5. September durch die Schatzkammer Werden.“ Für die Kurzführung hat sich Elisabeth Schulz ein „Kleinod“ im wahrsten Sinne ausgesucht. Raschen Schrittes führt sie die zugegeben überschaubare Besuchergruppe aufs Objekt zu: „Eines meiner Lieblingsstücke. Das Fragment einen liturgischen Kammes.“ Ein Objekt, das sonst nicht so im Vordergrund steht, aber spannende Erkenntnisse bietet.

Ordnen der Gedanken

Solche liturgischen Kämme wurden bei der Vorbereitung auf die heilige Messe genutzt. Sie dienten nach dem Anlegen der Messgewänder zum Richten der Haare. Aber zugleich auch symbolisch zum Ordnen der Gedanken. Die Expertin spöttelt, diesen Zusammenhang kenne man doch aus alten Sprüchen wie „krause Haare, krauser Sinn“. Auch bei der Bischofsweihe sei solch ein Kamm benutzt worden, nachdem das Haupt des Geweihten mit Salböl übergossen wurde. Stammt also auch dieser Kamm aus dem Besitz eines Bischofs? Hier sei das Material ein Hinweis: Elfenbein. Derart wertvoll, dass diesem Kamm eine besondere Bedeutung zugekommen sein muss, dass er wahrscheinlich einer besonderen Persönlichkeit gehörte. Elfenbein war schon in der Steinzeit begehrt und erlangte im frühen Christentum noch mehr an Bedeutung. Hier sah man einen Bezug zum biblischen Hohelied, in welchem es heißt: „Dein Hals ist wie ein elfenbeinerner Turm.“ Elfenbein als Symbol edler Reinheit wird als Attribut der Jungfrau Maria zugeschrieben.

Wertvolles Material

Der Kamm stamme in etwa aus dem neunten Jahrhundert, genauer könne es auch die moderne Forschung nicht bestimmen. Was man aber wisse: entstanden sei er in Nordwestdeutschland oder Nordfrankreich, das verrieten stilistische Elemente. In der klassischen Darstellung des letzten Abendmahls erkennt man Tischtuch, Kelche und Brote. Elf Jünger blicken auf Jesus, nur einer schaut aus dem Bild heraus. Die Besucher haben natürlich keine Schwierigkeiten, hier Judas zu identifizieren. Die andere Seite zeigt einen Drachen mit verschlungenem Schwanz, was auf aus Irland gekommene Mönche hindeuten könne. Dass die Seite mit dem Drachen weniger abgenutzt sei als die mit dem Abendmahl, weise auf die mögliche Zweitverwendung als Schmuck für einen Bucheinband hin. Die Zinken des Kammes seien dafür abgesägt worden. Der Wert der verwendeten Materialen verstärke diese Vermutung noch, man erkenne Reste von Goldeinlagen.
Und schon ist diese höchst informative und auch kurzweilige Viertelstunde vorbei und die Besucher sind um einiges schlauer. Elisabeth Schulz verteilt noch gesunde Snacks und würde sich sehr freuen, wenn man sich demnächst mal wiedersieht in der Domschatzkammer.

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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