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Pilzwanderung in den Wäldern um Schloss Landsberg

Dieser Waldrübling, auch Waldfreund genannt, wächst in bevorzugt in Buchen- und Mischwäldern.
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  • Dieser Waldrübling, auch Waldfreund genannt, wächst in bevorzugt in Buchen- und Mischwäldern.
  • hochgeladen von Bernd Dröse

Das  Schloss Landsberg, das aus dem 13. Jahrhundert stammt, hatten wir bereits mehrfach erkundet, wenn wir an der Ruhr zwischen Essen und Mülheim unterwegs waren. Es wurde 1903 vom Großindustrieellen August Thyssen erworben und umgebaut. Diesmal standen jedoch die Wälder rund um das Schloss auf dem Programm, denn es ging "in die Pilze " .
Bei unserer Pilzexkursion mit den beiden NABU-Experten Bernhard Demel und Thomas Kalveram   ließen wir das Schloss deshalb "links liegen".
Drei Stunden lang tauchten wir ein in die Welt der Pilze und lernten  deren oft bildhafte Namen, ihre Unterscheidungskriterien, ihre Fortpflanzungsbiologie und  jeweilige ökologische Bedeutung kennen. Bewundernswert, dass die beiden  NABU -Experten fast jeden Pilz auswendig beim Namen kannten und nur an einer Stelle das Bestimmungsbuch zu Rate ziehen mussten. Dabei gibt es in Deutschland fast  fast doppelt so viele Ständerpilze (5700 Arten) wie Samenpflanzen (3000 Arten) . Mir wurde schon beim Hören der Namen schwindelig: Grünblättriger Schwefelkopf, Klebriger Hörnling, Waldrübling, Kartoffelbovist -alles böhmische Dörfer. Mit den  Namen  Zunderschwamm, Marone, Hallimasch, Stein-  und Fliegenpilz konnte ich schon eher etwas anfangen.
Die Fortpflanzungsbiologie der Pilze  dürfte den meisten  in groben Zügen bekannt sein. Das, was wir als Pilz bezeichnen, ist der Fruchtkörper, der Sporen bildet, die er über seine Lamellen bzw. Röhren abgibt. Es wurde uns aber auch ein Bovist präsentiert, der seine  Sporen bei Berührung wie bei einem  Vulkanausbruch ins Freie schleudert. Einen Bovist von der Größe einer Pampelmuse hatte es dabei regelrecht in der Mitte zerrissen (s. Foto).
Das eigentliche Pilzleben fIndet allerdings im Verborgenen statt. Es sInd dies die unterirdischen Fäden, Hyphen genannt, die  riesige Netzwerke bilden. Leben Pilze in Symbiose  mit Bäumen oder anderen Pflanzen (das ist bei 90% der Landpflanzen der Fall), umspannen und vergrößern sie deren Wurzelwerk um ein Vielfaches. Sie nehmen für die Bäume Wasser und bis zu 80 Prozent der Stickstoffe und Phospate auf. Im Gegenzug erhalten die Pilze Nährstoffe, die die Bäume bei der Fotosynthese gebildet haben. Pilze sind für die Bäume so wichtig, dass viele Baumarten in den Gärtnereien bereits mit Pilzsporen geimpft werden, damit sie besser wachsen. Die Pilze werden  durch Botenstoffe der Pflanzen zu verstärktem Stoffwechsel und Wachstum angehalten. Aber auch die  Pilze ihrerseits kommunizieren mit den Bäumen über Signalstoffe. Über die Pilzfäden, die in ihrer Gesamtheit Mycel genannt werden, sind die Bäume im Wald über ein riesiges Netzwerk verbunden. Sie können sich so untereinander mit Nährstoffen, die die Pilzhyphen transportieren, unterstützen und sich gegenseitig vor Feinden, z.B. bei Käferbefall, warnen.  Das Ganze funktioniert also wie ein WOOD WIDE WEB.
Allerdings findet man unter den Wissenschaftlern auch ZweIfler, die vieles, was über das Waldnetzwerk gesagt und geschrieben wird, noch für Vermutungen halten, die erst noch methodisch sauber bewiesen werden müssten.
Die Zusammenarbeit von Pilzen und Bäumen ist evolutionsbiologisch aus der parasitären Lebensweise der Pilze entstanden, die mit einseitigem Nutzen die Bäume "anzapfen", um ihnen die Nährstoffe zu entziehen. Dafür sahen wir während der Exkursion ebenso Beispiele wie für Pilze, die wesentlich beim Abbau toter organischer Substanzen helfen. Ein Wald ohne Pilze ist auf keinen Fall lebensfähig.  Das sollte man sich klar machen, ehe man Pilze durch Fungizide abtötet.

Autor:

Bernd Dröse aus Essen-West

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