Würgegriff am Hundertjährigen

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Das eine Wort genügte „Marktverlagerung“ - von Otto Reschke, Ex-Bundestagsabgeordneter. Das brachte sofort das Blut von Wolfgang Dotten, Marktobmann und Andreas Koch in Wallung. Prompt folgte kein demütiges Ducken sondern arges Aufbegehren: „Marktverlegung wollen wir nicht. Werden wir Händler denn auch gefragt, wenn es um unsere Existenz geht…?“

Obwohl der Frohnhauser Markt just zum 100-jährigen Geburtstag bejubelt werden müsste, regnete es keine Rosen sondern Ideen, Pläne aus der „denk.bar“, die eine Plattform für Dialoge unterschiedlicher Form bietet. Sozialdemokraten laden zu Bürgerkonferenzen, –Foren vor Ort ein, durchleuchten den Stadtteil. Dabei kam kürzlich der Frohnhauser Markt auf den denk.bar „Tisch“. Serviert wurden Iden, Pläne wie - Obst-/Gemüsestände auf den oberen Parkplatz (unter den Bäumen) zu verlegen, danach die anderen Beschicker, zuletzt die weißen Stände mit Textilien. Daran annschließend auf dem unteren Markt Parkfläche. Weg mit der seitlichen Markt-Begrünung, da sie Hundeklo sei…Denk.bar?

Machbar, nicht überzeugbar bei den Händlern. Ziemlich verärgert reagierte auf das Gehörte Hans Schandelle, Vorsitzender der Markthändler, Schausteller, Marktkaufleute. „Denn eine Standesveränderung ist immer schlecht. Man kann große Märkte zwar durch Zusammenlegen der Händler interessanter gestalten. Noch wirkungsvoller sind aber dazu Parkplätze in naher Umgebung.“

Den Knackpunkt am Frohnhauser Markt sieht er am Parkverbot oberhalb des Marktes – vor dem Westpark. Zustimmung von Dotten und Andreas Koch, 3. Vorsitzender vom Markt- und Schaustellerverband. „Die Göttinger Straße war früher immer Parkfläche. Schluss damit vor ca. zehn Jahren. In einer Nacht- und Nebelaktion wurden Fußgänger-Schilder aufgestellt.“ „Die haben schon damals dem Markt sehr geschadet“, resümiert Schandelle. „Wenn jetzt auch noch der Markt verlagert wird auf den obigen Parkplatz, unter den Bäumen, wird er das nicht überleben. Also – wollen wir den Markt oder nicht? Wir, der Landesverband der Marktkaufleute samtVorstand – teilweise mit 60 Jahren Markterfahrung – lehnen diese Planvorstellung strikt als unüberlegt, unrealistisch ab.“

„Es geht hier um unsere Existenz“, verdeutlicht Wolfgang Dotten. „Oberhalb des Marktes – also auf dem Parkplatz - haben wir kein Wasser, kein Strom. Wir können kein Schnee entfernen, bei Sturm die Stände nicht sichern.“
Andreas Koch ergänzt: „Des weiteren würde die Händlerzahl in der Donnerstags- und Samstagskonstellation nicht auf den zugedachten Platz passen. Beschwerden der Anwohner werden sich vermutlich vermehren, da der zugedachte Platz direkt an Wohnhäuser grenzt. Ganz abgesehen von den benötigten Halteverbotszeichen, die 72 Stunden zuvor aufgestellt werden müssen. Diesen Zustand erfahren wir als Wochenmarkthändler alle zwei Jahre, für ein Wochenende, bei Bürger- und Schützenfesten in Frohnhausen, wo unser Obmann bereits einigen Händlern den Platz verweigern musste: Platzmangel!“

Händler-Vorschlag: „Eine deutliche Verbesserung würde erreicht, wenn der Weg vor dem Westpark wieder freigegeben würde wie Jahre zuvor - zumindest einseitiges Parken oder auch Kurzzeitparken; vielleicht mit Zusatzschild „Nur an Markttagen“.

Park-Not – gleich Markt-Tod? Wie aber den Kartoffelsack schleppen? Zumal die Bezirksvertretung die Verwaltung kürzlich aufforderte, verstärkt rund um den Markt zu kontrollieren. Das spürte teuer Anke Hofecker. „Mir zeigte eine Fahrerin, dass ihr Platz frei wird. Blauäugig fuhr ich rein, kaufte kurz ein.“ Langes Gesicht beim 25 €-Knöllchen. „Eine sprudelnde Geldquelle für die Stadt“, bilanziert die Frohnhauserin. „Trotzdem - ich bleibe Marktläuferin. Der Markt ist Einkaufskultur, auf die ich nicht verzichten möchte.“

Wie wird der Markt wieder ein Käufer-Magnet? „Wichtig ist, dass die Aufenthaltsqualität für den Markt anziehend wird. Zum Verweilen einlädt. Mit Bänken, Tischen, Verkostungsständen. Das ist das A und O“, betont Wolfgang Fröhlich. Der Geschäftsführer der EVB Essener Verwertungs-Betriebs GmbH versichert, dass er sich für die Belange der Markthändler insbesondere in Frohnhausen intensiv und schnell einsetzt, um einen schönen Markt zu machen und keinen Parkplatz."

Hilfe erhoffen die Händler auch von Stefan Scheffel, Referent des OB Reinhard Pass. Zumal der Markt aufgrund von Landesmitteln zweckgebunden ist bis 2017. „Die Anregungen der Händler werden geprüft. Wir gucken, was wir machen können.“

Ach ja, hier die Jubel-Jahrhundert-Markt-Feier zum Vormerken: 8. September. Der Oberbürgermeister ist eingeladen…

Wochenmärkte bereichern die Stadt
Mehr als 3000 Wochenmärkte gibt es in Deutschland, davon etwa 650 in Nordrhein-Westfalen. Essen zählt 26 Märkte mit 48 Markt-Veranstaltungen in der Woche. Der Frohnhauser Markt existiert just 100 Jahre in Essen, ist der älteste Essener Wochenmarkt, hat mit 2800 qm die größte Fläche. „Das ist Erlebniseinkaufen, bringt Atmosphäre in die Stadt und höhere Lebensqualität“, so Industrie- und Handelskammer-Vizepräsident Hans Dieler. Der Kunde sucht auf Wochenmärkten Orientierung. Die Stammhändler müssen feste Plätze haben und die Branchen sollten nicht auseinandergerissen werden. Wochenmärkte sind Wirtschaftsförderung pur. An Markttagen ist Leben in der Stadt und den Stadtteilen, das sich auf den übrigen örtlichen Einzelhandel positiv auswirkt.

Autor:

Ingrid Schattberg aus Essen-West

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