Originalgetreues Zelt aus Moria am Essener Dom führt Flüchtlingsschicksale vor Augen
Schnelle Hilfe nötig

Eng und schmutzig: Das Zelt am Essener Dom führte vor Augen, wie Flüchtlinge in Moria diesen Winter überstehen sollen. Fred Bothen ("Ein Herz für Moria"), Caritasdirektor Björn Enno Hermans , Bischof Franz-Josef Overbeck und Stadtdirektor Peter Renzel sind empört. Foto: Oliver Müller (Bistum Essen)
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  • Eng und schmutzig: Das Zelt am Essener Dom führte vor Augen, wie Flüchtlinge in Moria diesen Winter überstehen sollen. Fred Bothen ("Ein Herz für Moria"), Caritasdirektor Björn Enno Hermans , Bischof Franz-Josef Overbeck und Stadtdirektor Peter Renzel sind empört. Foto: Oliver Müller (Bistum Essen)
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Ein Weg über hölzerne Euro-Paletten führt durch Matsch zum Eingang eines Flüchtlingszelts, der Vereinten Nationen. Es hat keinen Boden – auch im Innern ist es schlammig. Rechts stehen drei Feldbetten, links liegen Schlafplätze. Auf einem liegt ein Teddy. Hier verbringt also ein Kind sein Leben. Das Zelt steht im Domhof und vermittelt einen Eindruck davon, unter welchen Bedingungen Menschen im Lager „Moria 2“ auf Lesbos den Winter ertragen müssen.

Aufgebaut haben das Zelt die Aktiven der Initiative „Ein Herz für Moria“, der Caritas Flüchtlingshilfe Essen und des Caritasverbandes für die Stadt Essen. Drinnen sind drei Familien aus Moria per Video zugeschaltet.

Per Video mit Moria verbunden

In der Ägäis regnet es im Winter häufig, etliche Zelte stehen deshalb gerade unter Wasser. Das Zelt der syrischen Familie, die per Video verbunden ist, ist regelrecht abgesoffen. Die kongolesische Familie erwartet Nachwuchs, ein Baby lebt mit im Zelt. „Es ist sehr kalt“, berichtet die Familie aus Afghanistan. Sie verbringen den Tag zum großen Teil im Schlafsack. Drei Kleinkinder laufen durchs Bild, die zehnjährige Schwester fragt auf Farsi in die Kamera: „Können Sie etwas tun, damit wir hier wegkommen und zur Schule gehen können?“ Sie weint, wischt sich mit dem Zipfel ihres Kopftuchs die Tränen ab.

Eigentlich gut integriert

Dolmetscher helfen bei der Verständigung zwischen deutschen Passanten und den Familien. Der Vater aus Afghanistan spricht gutes Deutsch. Er und sein zwölfjähriger Sohn waren bereits in Aschaffenburg, hatten sich integriert und wollten die Familie nachholen. Die strandete jedoch im Flüchtlingslager „Moria 1“, an eine Familienzusammenführung in Deutschland war nicht zu denken. So gingen Vater und Sohn zurück. Jetzt sitzt die Familie auf Lesbos fest.

Es fehlt am Nötigsten

Caritasdirektor Björn Enno Hermans kann seine Wut nicht verhehlen: „Die Situation im abgebrannten Lager Moria 1 war schlimm, aber die Zustände im neuen Lager sind ein Skandal“, sagt er. „Es gibt zu wenige Toiletten. Über Wertmarken wird geregelt, dass jeder einmal pro Woche duschen darf. Im Lager breitet sich die Krätze aus. Es fehlt an Medikamenten, warmer Kleidung, trockenen Schlafsäcken, Gummistiefeln. Eigentlich fehlt es an allem.“ Menschen so unwürdig unterzubringen, sei ein Vergehen an den europäischen Werten.

"Wenn Griechenland es
nicht schafft, müssen andere helfen."

Hermans Empörung teilen der Essener Stadtdirektor Peter Renzel und Bischof Franz-Josef Overbeck, die sich am Zelt ein Bild der Lage auf Lesbos machen. Als Militärbischof kennt Overbeck die Situation in Flüchtlingslagern auch aus eigener Anschauung. „Ich finde die Situation in Moria beschämend und skandalös“, sagt er, „aber wir können das nicht den Griechen anlasten. Wenn Griechenland es nicht schafft, müssen andere helfen.“ Das findet auch Renzel. Die Stadt Essen unterstützt den Spendenaufruf für Moria. „Wir können hier zwar nicht die europäische Frage lösen. Aber wenn die Stadt innerhalb von zwei Jahren 22.000 Menschen aufnehmen und integrieren konnte, dann können andere Städte und Länder das auch“, sagt Renzel.

Winterkleidung und Unterricht

Fred Bothen, einer der Akteure der privaten Initiative „Ein Herz für Moria“, berichtet über die nächsten Pläne: „Einmal täglich gibt es Essen. Wir wollen den Menschen Einkaufsgutscheine für den benachbarten Supermarkt geben.“ 25.000 € sind dafür veranschlagt. Auch Winterkleidung und Schlafsäcke sollen in der Region gekauft werden. „Hilfstransporte von Sachspenden sind unter Pandemiebedingungen schwierig. Außerdem wollen wir die dortige Wirtschaft unterstützen“, so Bothen. Gerade baut die Initiative gemeinsam mit „Solingen hilft“ ein Schulprojekt auf. Denn viele Kinder im Camp können nicht lesen und schreiben.

Spenden

Bistum und Stadt bitten dringend um Spenden für die Menschen in Moria.5 € reichen für Mütze, Schal oder Handschuhe. Für 25 € kann kann ein Satz Winterkleidung (Mütze, Schal, Handschuhe und Regenjacke) beschafft werden. Spenden über "Paypal": Fluechtlingshilfe@cse.ruhr (den Wunsch nach einer Spendenquittung im Kommentar angeben). Über die App "I-do" Essen Stichwort: „Ein Herz für Moria“ https://essen.i-do.app. Per Überweisung: Caritas Flüchtlingshilfe: Bank im Bistum Essen, IBAN DE45 3606 0295 0000 1026 28, Stichwort Moria.

Autor:

Lokalkompass Essen-Süd aus Essen-Süd

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