Jobcenter Gladbeck
Die unglaublichen Schikanen des Gladbecker Jobcenters

Paul Mikusch hatte Pech: Während eines Spanien-Urlaubs erhält er einen Anruf von einem Arbeitskollegen. Die Firma, ein Gladbecker Briefzustelldienst, bei dem er bisher als Postfahrer gearbeitet hat, ist pleite und alle Mitarbeiter wurden sofort nach Hause geschickt. Bei Paul kann jetzt keine Urlaubsfreude mehr aufkommen, denn wie er feststellen muss, hat er für den Monat Juni 2022 auch keinen Lohn erhalten. Jetzt muss er noch im Urlaubsort handeln und das Geld von seinem Sparkonto auf sein Girokonto überweisen, damit Miete, Strom und Telefon abgebucht werden können.

Als Paul am 12. Juli 2022 aus dem Urlaub zurückkommt, findet er aber weder ein Schreiben der Firma, noch eine Kündigung vor. Am nächsten Tag geht er zur Agentur für Arbeit, um sich arbeitslos zu melden. Doch so einfach geht das nicht, denn er benötigt eine Kündigung, die er nicht hat. Das Büro der Firma ist geschlossen und eine private Telefonnummer der Chefin hat er nicht. Per eMail gelingt es ihm, eine Kopie seiner fristlosen "Kündigung wegen Insolvenz" zu bekommen, und er kann sich am nächsten Tag arbeitslos melden. Zu diesem Zeitpunkt hat Paul bereits für anderthalb Monate keinen Lohn bekommen.

Paul stellt einen Antrag auf Insolvenzgeld, der abgelehnt wird, da er weder eine Insolvenznummer hat, noch einen Insolvenzverwalter benennen kann. Gegen die rückwirkende fristlose Kündigung (die Kündigung wurde am 6.7.22 geschrieben, Paul wurde aber bereits während seines Urlaubs am 30.6.22 von der Krankenkasse abgemeldet) hat er eine Klage beim Arbeitsgericht Gelsenkirchen eingereicht, der auch stattgegeben wurde. Ebenfalls wurde ihm vom Arbeitsgericht der ausstehende Lohn zugesprochen, den er allerdings bis zum heutigen Tag nicht erhalten hat.

Paul hat zu diesem Zeitpunkt bereits seit zwei Monaten kein Geld bekommen. Doch die Rettung naht: Der Bescheid über das Arbeitslosengeld trifft ein und er erhält 240,66 Euro Arbeitslosengeld für den halben Monat Juli. Da sein Arbeitslosengeld nur 401,10 Euro im Monat beträgt, denn Paul hatte nur eine Teilzeitstelle, rechnet er aus, dass er ca. 190 Euro als Aufstocker vom Jobcenter erhalten kann und stellt am 11. August 2022 einen Antrag auf Arbeitslosengeld II. Mit dem Hauptantrag reicht er folgende Umterlagen ein:

  • Anlage zum Einkommen von Paul Mikusch und den Bescheid über Arbeitslosengeld
  • Anlage zum Einkommen von Maria Mikusch und die letzte Gehaltsabrechnung
  • Anlage über Wohnkosten und den Mietvertrag
  • Nachweis über die zu zahlende Heizkostenpauschale

Nach zwei Wochen meldet sich telefonisch eine Mitarbeiterin des Jobcenters zu einem Beratungsgespräch am Telefon, um Paul "auszuhorchen". Am 30. August 2022 erhält er Post vom Jobcenter (der Brief trägt allerdings das Datum 25.8.22 mit einer Fristsetzung zum 8.9.22), das für die Bearbeitung seines Antrags noch folgende Unterlagen benötigt:

  • Ausgefüllte Anlage KAS
  • Ausgefüllte Anlage EK von Maria Mikusch (*obwohl die Anlage beim Hauptantrag dabei war)
  • Ausgefüllte und unterschriebene Erklärung zum aktuellen Vermögen
  • Unterschriebenes Beratungsprotokoll (*die telefonische Beratung)
  •  Kopie Ausweis von Paul Mikusch und Maria Mikusch
  • Kopie Krankenkassenkarte von Paul Mikusch und Maria Mikusch
  • Aktuelle Mietbescheinigung
  • Kontoauszüge von allen Konten aller Personen (auch Pay-Pal) vom 1.5.2022 bis 24.8.2022
  •  Finanzstatus von ihrer Bank
  • Arbeitsvertrag von Paul Mikusch
  • Kündigung von Paul Mikusch
  • Letzte Gehaltsabrechnungen von April 2022 und Mai 2022 von Paul Mikusch
  • Arbeitsvertrag von Maria Mikusch
  • Letzte Gehaltsabrechnungen von Mai 2022 und Juni 2022 von Maria Mikusch
  • Arbeitslosengeld I-Bescheid (*auch der war beim Hauptantrag dabei)
  • Nachweis Ablehnung Insolvenzgeld
  • Kopie Kfz-Schein

* Die Auflistung enthält mehrere Rechtschreibfehler, die ich nicht übernommen habe.

Trotz der knappen Zeit gelingt es Paul, alle erforderlichen Unterlagen (inklusiver der kostenpflichtigen Finanzauskunft der Bank) zusammenzutragen und diverse Kopien anfertigen zu lassen (ohne Kostenerstattung - zur Erinnerung: Paul hat zu diesem Zeitpunkt lediglich 401,10 Euro Arbeitslosengeld zur Verfügung) und am 5. September 2022 beim Jobcenter einzureichen.

Doch was passiert nun? Nichts passiert! Das Jobcenter fällt für über zwei Monate in den Tiefschlaf und meldet sich nicht.

Am 8. November 2022 beschließt Paul, bei der Telefonsprechstunde des Jobcenters anzurufen. Dort erhält er lediglich die Auskunft, dass Frau M. für ihn zuständig ist und man würde ihr eine Benachrichtigung zukommen lassen. Frau M. würde sich im Laufe der Woche telefonisch bei ihm melden.

Doch was passiert? Nichts passiert! Also ruft Paul am 15. November 2022 nochmals bei der Telefonsprechstunde an und erhält die Information: Frau M. hat ein Schreiben angefertigt, das er in den nächsten Tagen erhalten wird. Der Inhalt wurde ihm auch gleich verraten: Das Jobcenter benötigt von ihm eine Rentenauskunft.

Häh, denkt Paul, wieso eine Rentenauskunft? Die haben doch meinen Bescheid über Arbeitslosengeld, da kann ich doch kein Rentner sein, oder?

Nein, mein lieber Paul, das kannst du nicht! Es ist nur eine weitere Schikane des Gladbecker Jobcenters. Über zwei Monate hat man darüber nachgedacht, was man dir als nächstes antun kann. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass das Jobcenter zum Schutz der Mitarbeiter vor Übergriffen einen Sicherheitsdienst benötigt, den allerdings nicht die Mitarbeiter bezahlen, sondern der Steuerzahler!

Update vom 22.11.2022

Der eine oder andere Leser wird sich nun fragen, ob inzwischen etwas passiert ist:

Das von einer Mitarbeiterin telefonisch angekündigte Schreiben, das Paul angeblich in den nächsten Tagen erhalten sollte, ist bis zum heutigen Tag nicht bei Paul eingegangen. Da Schreiben vom Jobcenter, in denen weitere Unterlagen angefordert werden, mit einer Fristsetzung erfolgen, stellt sich Paul die Frage, ob er den Brief wohl vor Ablauf der Frist erhält, oder ob er mit weiteren Schikanen des Jobcenters rechnen muss.

Da das Jobcenter weiterhin untätig bleibt, ergreift Paul die Initiative: Er schreibt einen Brief an das Jobcenter, in dem er um baldige Bearbeitung seines Antrags bittet. Außerdem lässt er die 23 Seiten seiner Rentenauskunft kopieren, die er dem Jobcenter zukommen lässt, obwohl er das Schreiben noch nicht erhalten hat.

Paul ist noch immer optimistisch und hofft auf eine baldige Bearbeitung seines Antrags, den er vor über drei Monaten am 11. August 2022 eingereicht hat.

Armer Paul! Sollte er nicht besser einen Anwalt einschalten?

Autor:

Michael Petrikowski aus Gladbeck

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