Manipulierte Fotos und immer neue Gerüchte

Seit eineinhalb Jahren "gärt" es bei der Gladbecker Feuerwehr. Alles begann mit dem Boykott einer Übung durch ein 16-köpfige Gruppe aus den Reihen der Freiwilligen Feuerwehr. Anschließend gelangten "Hitlergruß"-Fotos und Facebook-Protokolle mit rassistischen Inhalten an die Öffentlichkeit.
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  • Seit eineinhalb Jahren "gärt" es bei der Gladbecker Feuerwehr. Alles begann mit dem Boykott einer Übung durch ein 16-köpfige Gruppe aus den Reihen der Freiwilligen Feuerwehr. Anschließend gelangten "Hitlergruß"-Fotos und Facebook-Protokolle mit rassistischen Inhalten an die Öffentlichkeit.
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Die Gladbecker Feuerwehr sorgt nach wie vor für Schlagzeilen. Immer wieder berichten deutsche und auch international tätige Medien über die Wehr, wobei diese Aufmerksamkeit natürlich in erster Linie durch die so genannten „Hitlergruß-Fotos“ und die angebliche „Facebook-Affäre“ ausgelöst wurde.

Allerdings: In die Schlagzeilen ist die Feuerwehr Gladbeck gekommen, nachdem mehrere Mitglieder des Löschzuges Mitte am 20. November 2010 ohne vorherige Ankündigung und ohne Hinweise auf etwaige Probleme, Meinungsverschiedenheiten oder sonstige Gründe ihren Dienst bei der Jahresabschlussübung verweigert und stattdessen ein „Protestschreiben“ veröffentlicht haben.

Der STADTSPIEGEL sprach mit Feuerwehrchef Josef Dehling und Stadtpressesprecher Peter Breßer-Barnebeck über die Situation bei der Feuerwehr:

STADTSPIEGEL: „Hitlergruß-Fotos“, dann die Facebook-Affäre und dann noch ein Foto, das ein Feuerwehrmitglied ebenfalls in einer Hitlergruß-Pose zeigen soll. Wie sieht es bezüglich dieser Vorfälle aktuell aus? Laufen noch Ermittlungen? Wurde gegen beteiligte Personen ein Strafverfahren eingeleitet? Bürgermeister Ulrich Roland sagte ja beim Neujahrsempfang, seitens der Staatsanwaltschaft habe man die Ermittlungen für beendet erklärt.

Peter Breßer-Barnebeck/Josef Dehling: „Die Stadt Gladbeck hat – wie bereits nach den Veröffentlichungen der ersten Hitlergrußfotos – Strafanzeigen erstattet.
Zum Hintergrund: Ein Feuerwehrmitglied war bereits 2006 fotografiert worden, als er nicht-öffentlich den Hitlergruß gezeigt hat. Das Bild wurde dem Leiter der Feuerwehr erst über fünf Jahre später, kurz vor Weihnachten 2011, zur Verfügung gestellt.
Außerdem wurde gegen drei Feuerwehrmitglieder wegen fremdenfeindlicher und menschenverachtender Äußerungen im Rahmen von Facebook-Einträgen Strafanzeigen erstattet.
Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wurden mittlerweile gegen alle vier Beschuldigten mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Ein Straftatbestand liegt in allen Fällen nicht vor..“

STADTSPIEGEL: Der Verwaltung und der Feuerwehr wird immer vorgeworfen, man bleibe untätig, unternehme nichts, um der Sache Herr zu werden. Oder gab es doch gezielte Maßnahmen? Gab es disziplinarische Konsequenzen für Beteiligte? Laufen die Disziplinarverfahren noch, die aufgrund des Facebook-Protokolls aufgenommen wurden?

Peter Breßer-Barnebeck/Josef Dehling: „Die Stadt Gladbeck hat in allen Fällen, in denen der Verdacht einer strafbaren Handlung vorlag, unmittelbar nach Bekanntwerden Strafanzeigen erstattet.
Bereits Ende 2010 hatte Bürgermeister Roland eine Kommission eingesetzt, die den Auftrag hatte, die Vorfälle rund um die Hitlergrußfotos mit Jugendlichen der Feuerwehr aufzuklären. Zudem hat die Stadtspitze zusammen mit der Feuerwehrführung zahllose und intensive Gespräche mit vielen Mitgliedern der Feuerwehr geführt.
Die Stadt leitete darüber hinaus ein Mediationsverfahren ein, mit dem versucht werden sollte, die „Protestler“ des 20. November 2010 wieder in die Feuerwehr zu integrieren. Leider wurde dieses Verfahren von der Protestgruppe sehr schnell abgebrochen.
Darüber hinaus stellte die Stadtspitze den Kontakt zu „mobim“ (Mobile Beratung im Regierungsbezirk Münster gegen Rechtsextremismus, für Demokratie) her. In der Folge hat es eine sehr intensive und ausführliche Zusammenarbeit mit mobim gegeben.
Die Leitung der Feuerwehr hat unmittelbar nach den Ereignissen des 20. November 2010 reagiert und alle am Boykott und/oder am Protestschreiben beteiligten Feuerwehrmitglieder zu Stellungnahmen aufgefordert. Gegen 16 Mitglieder wurde mit Beendigung des Disziplinarverfahrens eine Verwarnung ausgesprochen. In einem Fall kam es zusätzlich zu einem Funktionsentzug. Unmittelbar nach der Veröffentlichung der Hitlergrußfotos mit Jugendfeuerwehrmitgliedern und Betreuern wurden Gespräche mit den betroffenen Jugendlichen und deren Eltern sowie mit den Jugendbetreuern geführt. Gegen die Jugendbetreuer wurden Disziplinarverfahren eingeleitet. Sie wurden bis zur Einstellung des Verfahrens vom Dienst suspendiert.
Von der Feuerwehrleitung wurden Seminare mit „mobim“ organisiert und begleitet. Zahllose Einzel- und Gruppengespräche mit Jugendbetreuern, Führungskräften und weiteren Feuerwehrmitgliedern wurden geführt.
Die jüngsten Disziplinarverfahren gegen drei „Facebook-Poster“ und gegen das Mitglied, das 2006 den Hitlergruß gezeigt hat, sind noch nicht abgeschlossen. Alle vier Mitglieder sind noch vom Dienst freigestellt.“

STADTSPIEGEL: Welche Maßnahmen sind für das Jahr 2012 geplant, um weiteren Vorfällen vorzubeugen?

Peter Breßer-Barnebeck/Josef Dehling: „Die Feuerwehrmitglieder werden weiterhin von „mobim“ in Seminar- und Gesprächsrunden betreut.
Die Erstellung eines Leitbildes für die Feuerwehr Gladbeck wird in Angriff genommen.
Außerdem wird das Thema in internen Schulungen der einzelnen Löschzüge weiter aufgearbeitet.“

STADTSPIEGEL: Ist es richtig, dass alle Mitglieder der Feuerwehr jetzt auf dem Dienstwege gezwungen wurden, eine Erklärung zu unterschreiben, in der sie versichern, nicht im Besitz rechtsgerichteter Fotos oder Unterlagen zu sein und auch keine Kenntnis über die Existenz derartiger Dinge haben? Was will man mit dieser Maßnahme erreichen?

Peter Breßer-Barnebeck/Josef Dehling: „Nein, das ist nicht richtig. Niemand wird gezwungen, eine solche Erklärung abzugeben.
Allerdings haben wir alle Mitglieder der Feuerwehr gebeten, freiwillige eine Erklärung abzugeben, dass sie weder im Besitz von Fotos, Texten und sonstigen Quellen mit rechtsradikalen Inhalten sind, noch Kenntnis haben von der Existenz derartiger Quellen, die im Zusammenhang mit Mitgliedern der Feuerwehr Gladbeck stehen.
Mit dieser Erklärung wollen wir einen Beitrag zur Glaubwürdigkeit der Feuerwehrangehörigen in der Öffentlichkeit leisten. Außerdem soll so die Ernsthaftigkeit im Umgang mit den Problemen gezeigt werden.“

STADTSPIEGEL: Stimmt es, dass mehrere Aktive aus den Reihen der Feuerwehr den Passus „Kenntnis“ aus der Erklärung gestrichen haben? Sind diese Personen namentlich bekannt? Können diese Personen einer bestimmten Gruppe zugeordnet werden? Welche Rückschlüsse lässt die Streichung der Passage zu?

Peter Breßer-Barnebeck/Josef Dehling: „Einige Feuerwehrmitglieder aus den Reihen der „Protestler“ haben den in Rede stehenden Passus tatsächlich gestrichen. Über die Rückschlüsse kann nur spekuliert werden. Der Schluss liegt allerdings nahe, dass sie dadurch weitere Unruhe in die Feuerwehr bringen und Anlass zu Spekulationen über mögliche weitere Fotos oder Texte bieten wollen. Eindeutig ist, dass sie damit einmal mehr unter Beweis stellen, dass sie kein Interesse an einer Aufklärung der Hintergründe haben.“

STADTSPIEGEL: Wurden die „Hitlergruß-Fotos“ und auch das Facebook-Protokoll also von den „Protestlern“ in die Öffentlichkeit gebracht? Waren beziehungsweise die „Protestler“ denn im Besitz der bekannt gewordenen Fotos? Ist es richtig, dass zumindest ein Foto und auch Teile des Protokolls „manipuliert“ wurden?

Peter Breßer-Barnebeck/Josef Dehling: „Es ist richtig, dass mindestens ein Foto und auch der Ausdruck der Diskussion bei Facebook manipuliert wurden, bevor sie an die Öffentlichkeit gelangt sind. In beiden Fällen wurden Beteiligte „herausgeschnitten“. Über die Gründe und auch darüber, wer dies getan hat, kann nur spekuliert werden. Sicher ist allerdings, dass diejenigen, die diese Manipulationen vorgenommen haben, offenbar kein Interesse an einer vollständigen Aufklärung haben, sondern dieses Material offenkundig taktisch für ihre Interessen nutzen wollten!“

STADTSPIEGEL: Die „Protestler“ haben sich bekanntlich auch an den Petitionsausschuss des Düsseldorfer Landtages gewandt, berichten in ihrer Eingabe an den Ausschuss von „Mobbing“ gegenüber ihren Personen. Wie ist hier der Stand der Dinge?

Peter Breßer-Barnebeck/Josef Dehling: „Zu den Verhandlungen im Petitionsausschuss können wir nichts sagen, da es sich hier um ein laufendes Verfahren des Landtages handelt. Dazu müssten Sie sich bitte direkt an den Landtag wenden.“

STADTSPIEGEL: Es sind ja zehn Mitglieder der Feuerwehr, die der Protestgruppe zugerechnet werden. Stimmt es, dass sich zumindest eine Person von dieser Gruppe losgesagt hat und auch andere Mitglieder der Gruppe sich ähnlich geäußert haben?

Peter Breßer-Barnebeck/Josef Dehling: „Ein Mitglied der Protestgruppe ist verzogen. Ein weiteres Mitglied hat sich öffentlich von der Gruppe distanziert.“

STADTSPIEGEL: Kann denn seitens der Verwaltung und der Feuerwehr-Führung ausgeschlossen werden, dass weitere belastende Fotos oder auch Unterlagen zum Vorschein kommen?

Peter Breßer-Barnebeck/Josef Dehling: „Das kann man nicht 100prozentig ausschließen. Sicher ist allerdings, dass wir weiterhin sehr offen und transparent mit diesem Thema umgehen, dass wir die Öffentlichkeit sofort informieren, wenn wir Kenntnis von möglichen Vorkommnissen erhalten und alles tun, damit sich so etwas nicht wiederholt!“

Autor:

Uwe Rath aus Gladbeck

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