„Möge der Bessere gewinnen.“ Bravo, Herr Zamperoni!

Möge der Bessere gewinnen!
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Eine Nachbetrachtung zum Verhalten „Andersdenkender“ gegenüber Fußballfans – und besonders zum Verhalten von Fußballfans gegenüber „Andersdenkenden“

Wer fröhlich feiernden Fußballfreunden generell nationalistische Tendenzen unterstellt, (nur) weil diese ihre Begeisterung u. a. mit Deutschland-Fähnchen oder anderen schwarz-rot-goldenen Symbolen ausdrücken wollen, der hat noch nicht alles richtig verstanden; oder er will nicht verstehen. Wer darüber hinaus auch noch glaubt, diese Fans durch Entfernen oder Zerstören ihrer bunten „Spielsachen“ belehren oder abstrafen zu müssen, der ist zudem noch ein dummer oder/und durch bestimmte politische „Eck(an)stöße“ fehlgeleiteter „Spielverderber“. Von solchen war bereits hier im LK zu lesen.

Leider gibt es aber, das hat sich wieder einmal gezeigt, auch immer noch viele „Fußballfans“, die die rein sportliche, lockere, gesellige und völkerverbindende Idee des Sports plötzlich vergessen und sehr böse werden, wenn die „eigennationalen Befindlichkeiten“ angerührt werden. Das zeigte sich in besonders krasser Form während des EM-Spiels der deutschen gegen die italienische Mannschaft.

„Und beenden möchte ich diese Tagesthemen aus gegebenem und aus persönlichem Anlass mit Worten des italienischen Dichterfürsten Dante: 'Das Gesicht verrät die Stimmung des Herzens'. Ich weiß jetzt nicht, was Ihnen mein Gesicht verrät, aber seien Sie versichert, dass ich innerlich ziemlich zerrissen bin. In diesem Sinne: che vinca il migliore, möge der Bessere gewinnen. Und damit zurück zu Reinhard Beckmann und Mehmet Scholl.“

So sprach es Tagesthemensprecher Ingo Zamperoni am Abend des 28. Juni in seiner Abmoderation während der Halbzeitpause der EM-Halbfinalbegegnung Deutschland gegen Italien – begleitet von einem fröhlichen und sympathischen Lächeln. Und so wurde es inzwischen in den Medien zigfach zitiert. Als Sohn einer deutschen Mutter und eines italienischen Vaters war Zamperoni – zumindest aus (fußball)sportlicher Sicht – für diese Ausgabe der Tagesthemen ja „wie geschaffen“.

Hätte er diese Sätze auch gewählt, wenn er vorher gewußt hätte, welchen Wirbel, welche Irritationen er damit bei vielen Fernsehzuschauern auslösen würde? Ich hoffe ja! Denn das war einfach köstlich. Und es hat uns klargemacht und bestätigt, was wir eigentlich schon längst wissen: daß es im „Fußball-Umfeld“ nämlich leider immer noch einen beachtlichen Anteil von Zeitgenossen gibt, die den (eigen)nationalen Aspekt als den wichtigsten, als den „unantastbaren“ bewerten, die keinen Spaß verstehen, wenn es um das („heilige“) Deutsche des Fußballs geht.

Da gab es dann – bestätigt durch die ARD-Chefredaktion – gleich „wäschekörbeweise“ erboste Reaktionen aufgebrachter Zuschauer in Form von Briefen, E-Mails und Anrufen. Diese „Wutbürger-Idioten“ (wie sie ein Blogger m. E. treffend nannte) sprachen von einer Unverschämtheit und hoben hervor, es handele sich hier schließlich um das deutsche(!) Fernsehen. Ihre erbärmlich kleine Vorstellungskraft reichte offensichtlich nicht aus, dies zu verstehen: Hätte die deutsche Mannschaft in der verbleibenden 2. Halbzeit noch drei Tore geschossen, wäre sie ja damit die bessere gewesen; eben die, die dem Wunsche entsprechend gewinnen sollte. Aus einem 0:2-Rückstand noch einen 3:2-Sieg zu machen, ist das gänzlich ausgeschlossen? Nun, in Bern 1954 war es das jedenfalls nicht!

Zum Glück! Und ebenfalls zum Glück bestätigte sich in den Online-Kommentaren unter den entsprechenden Berichten, daß einer deutlichen Mehrheit diese fröhliche Art Zamperonis gefallen hatte. Wenngleich es dazwischen auch unübersehbare unverschämte, beleidigende und nationalistische Töne gab. Einen Ratschlag an die Kritiker des lächelnden Zamperoni möchte ich hier besonders erwähnen und bekräftigen; er stammt von Sven Flohr (Welt-Online): „Einfach mal zurücklächeln, das Gehirn hat nichts dagegen.“

Unter allen Menschen, die den Sport als friedlichen und fairen Wettstreit sehen, ist übrigens kaum ein Wunsch mehr verbreitet und öfter geäußert worden als eben dieser: „Möge der Bessere gewinnen!“ Er ist durchaus berechtigt und sinnvoll, denn längst nicht immer gewinnt der Bessere. Gerade im Fußball ist die Korrelation zwischen tatsächlicher Spielqualität und dem, was das Ergebnis in Toren (auch nicht vorhandenen) ausdrückt, weitaus geringer als in vielen anderen Sportarten. Insofern hat der Spruch hier sogar eine noch höhere Berechtigung.

Möge also weiterhin im Sport, und ganz besonders im Fußball, der Bessere gewinnen! Sagt das bitte weiter, und sagt es nicht nur auf italienisch oder auf deutsch!

Bildquellen:
1. eigenes Bild (Fernseher)
2. Dieter Schütz / pixelio.de
3. und 4. Wilhelmine Wulff / pixelio.de

Autor:

Theo Grunden aus Hamminkeln

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