Zivilstreit
Motorradfahrer stürzt über Wahlplakat auf der Straße – Haftet die Partei ?

Die Zivilkammer des Amtsgerichtes hatte sich heute im Rahmen einer Auseinandersetzung mit der Frage zu befassen, ob eine Partei dafür haftet, wenn ein Motorradfahrer mit seinem Motorrad auf einem Wahlplakat, welches auf der Straße lag, ausrutscht und stürzt.

Ein Motorradfahrer war Mitte Mai 2017 auf der Hauptstraße in Niedersprockhövel verkehrsbedingt im Schritttempo unterwegs. Vor ihm fuhr ein Kleintransporter. Aufgrund der tiefstehenden Sonne will er nicht gesehen haben, dass plötzlich das Wahlplakat einer Partei auf der Straße lag. Er kam mit seinem Motorrad auf dem Wahlplakat in´s Rutschen und stürzte. Passanten eilten ihm zu Hilfe. Da sein Motorrad nach dem Sturz Öl verlor, wurden Feuerwehr und Polizei alarmiert.

Nach Bewältigung der ersten Schrecksekunden folgte der verunglückte Motorradfahrer dann den Empfehlungen der Feuerwehr, mit dem inzwischen alarmierten Rettungswagen in ein Krankenhaus zu fahren. Vorher hatte er den Polizeibeamten auf Nachfrage gesagt, er sei nicht verletzt. Im Krankenhaus wurden bei ihm ein durch den Sturz „verdrehter Fuß“ sowie Zerrungen seiner Halsmuskulatur festgestellt und behandelt. Er konnte noch am gleichen Tag entlassen werden.

Als Folge des Unfalls fertigte die Polizei nach Angaben des Verunglückten gegen ihn eine Anzeige wegen Eigengefährdung aus, die allerdings später eingestellt wurde. Noch im Gericht war er über das Verhalten der Polizeibeamten verärgert. „Die haben mich behandelt, als ob ich ein Verbrechen begangen habe“ sagte er zu Richterin Rottstegge.

Später erhielt er dann die Rechnung der Stadt Sprockhövel über den Feuerwehreinsatz. Weitere Kosten waren für ihn die Reparatur des beschädigten Motorrades.

Er verklagte dann die Partei, von der seiner Meinung nach das Wahlplakat stammte, auf dem er ausgerutscht war.

Die Güteverhandlung vor der Zivilkammer des Amtsgerichtes scheiterte heute und wurde in einer streitigen Verhandlung fortgesetzt. Der Vertreter der beklagten Partei AFD, von der das Wahlplakat sein soll, bedauerte den Unfall, lehnte aber jedwede Haftung für Schäden ab, da die „Kausalität“ nicht gegeben sei. ( Darunter versteht man im Zivilrecht, dass auch tatsächlich die ausgeübte Handlung ursächlich für den eingetretenen Schaden war. Ist dies allerdings nicht zweifelfrei nachweisbar, besteht auch kein Anspruch auf Schadenersatz.)

Richterin Rottstegge befragte dann den Vertreter der AFD nach durchgeführter Verkehrssicherungspflicht. „Wir haben im Wahkampf die Plakate an den von der Stadt Sprockhövel genehmigten Standorten mit starken Kabelbindern in großer Höhe angebracht“, sagte der Parteivertreter.

In Abständen von einigen Tagen kontrollieren dann unsere Plakatierungs-Teams die Plakatstandorte. Immer wieder ist jedoch Vandalismus an unseren Plakaten zu beklagen. Nach der von der Partei vorgelegten Standortliste war an der Unfallstelle gar kein Wahlplakat der AFD angebracht.

Eine vor Gericht gehörte Zeugin konnte nicht bestätigen, dass es sich um ein Wahlplakat einer Partei gehandelt hatte, auf dem der Kläger mit seinem Motorrad ausgerutscht war. Die Beschreibung des Plakates durch den gestürzten Motorradfahrer als Plakat aus starker Wellpappe veranlasste den Rechtsanwalt der beklagten Partei zu der Einlassung, das wäre kein Plakat der AFD gewesen, da diese im Wahlkampf 2017 ausschließlich Kunststoff-Plakate und keine Plakate aus starkem Papier eingesetzt habe.

Da zwei geladene Polizeibeamte, die den Unfall aufgenommen hatten, als Zeugen vor Gericht nicht erschienen waren, wurde die Verhandlung vertagt. Zu dem neuen Termin sollen dann erst die Polizeibeamten befragt werden, ob es sich überhaupt um ein Wahlplakat der AFD gehandelt habe.

Auf Nachfrage des STADTSPIEGEL bei der Stadt Sprockhövel teilte diese mit, dass die Parteien im Wahlkampf mit der Plakatierungsgenehmigung die Bedingungen und Auflagen der städtischen Sondernutzungserlaubnis einhalten müssen. Unter Punkt 4 dieser Auflage ist aufgeführt, dass die Verkehrssicherungspflicht dem Antragsteller obliegt. Etwaige Schadenersatzansprüche Dritter, die in ursächlichem Zusammenhang mit der Sondernutzung (also Plakatierung) stehen, hat der Antragsteller (die Partei) zu vertreten.

Ob jedoch eine Partei für ein von Unbekannten abgerissenes und auf die Fahrbahn geratenes Wahlplakat, auf dem ein Motorradfahrer stürzt, trotz durchgeführter Verkehrssicherungspflicht, überhaupt haften muss, bleibt dem weiteren Prozessverlauf vorbehalten, sofern sich herausstellt, dass es ein Wahlplakat der AFD war.

Der STADTSPIEGEL berichtet weiterhin.

Autor:

Hans-Georg Höffken aus Hattingen

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