Buchkompass: Das Lächeln der Königin - S. Gerholds
Fluch der Nofretete?

Es gibt wenige Kunstwerke und historische Objekte, die man als weltberühmt bezeichnen könnte. Dazu gehören auf alle Fälle die Mona-Lisa, das Gemälde Sternennacht, die Venus von Milo und die Büste der Nofretete. Einige weltberühmte Kunstwerke haben eine bewegte Geschichte. Gerade letztere hat auch für einige Kontroversen gesorgt, denn der Weg nach Berlin war nicht ganz offiziell.

Dass man die Geschichte der Büste und des Wegs nach Berlin gut in ein literarisches Format packen kann, hat sich Stefanie Gerholds scheinbar gedacht und ihren Roman Das Lächeln der Königin geschrieben. Erschienen ist das Buch beim Verlag Galiani Berlin und gleich vorweg, ja, das Format passt für die Geschichte.

Die Geschichte dreht sich primär natürlich um die Büste, aber zwei Personen spielen eine noch wichtigere Rolle. Die erste Person ist der reiche, jüdische Textilunternehmer James Simon aus Berlin. Die zweite Person ist der deutsche Archäologe Ludwig Borchardt, ebenfalls Jude. Die Zugehörigkeit zum Judentum ist, für die Zeit, in der die Geschichte spielt, nämlich 1912 bis 1932, bedeutsam, deshalb die Erwähnung.
James Simon ist ein bedeutender Kunstsammler, Mäzen und auch sehr sozial, er spendet rund ein Drittel seiner Einnahmen für wohltätige Zwecke. Als Mäzen unterstützt er Ludwig Borchardt und hat so die Chance Fundstücke von dessen Ausgrabungen nach Berlin zu holen. Darunter die Büste der Nofretete. Dies geschieht mit der Hilfe von Borchardt, den er als Freund ansieht. Der Fokus der Geschichte liegt dabei auf James und nicht auf Borchardt, obwohl dieser und auch dessen Frau immer wieder in den Blick genommen werden, zum Beispiel in Briefen oder bei Treffen. Dazu kommt die historische Entwicklung vom Kaiserreich, mit dem Kaiser verband James übrigens einiges, über den ersten Weltkrieg, die Wirtschaftskrise bis hin zum Nationalsozialismus. Im Hintergrund immer der Antisemitismus der deutschen Gesellschaft. Irgendwie ist es also auch die Geschichte vom Fall des James Simon beim gleichzeitigen Aufstieg der Büste der Nofretete. War sie sein Fluch?

Das Lächeln der Königin ist ein historischer Roman mit vielen Facetten, Kultur, Politik, Gesellschaft und Antisemitismus. Das alles wird verpackt in eine durchaus interessante, wenn auch nicht unbedingt mit vielen Spannungskurven versehene Geschichte, die doch immer wieder eine Überraschung bietet. Der Schreibstil ist so gut, dass man mit James Simon mitleidet. An einigen Stellen hätte mehr Informationen gut getan, aber ab wann ist zu viel Realität zu viel? Hier passt es wie es ist, trotz meines Wunsches nach mehr. Vermutlich kommt der Historiker durch.

Fazit: Das Lächeln der Königin erzählt, wie die Büste von Ägypten nach Berlin kommt und gleichzeitig, wie der Fall des Mäzens, dem dies gelungen ist, vonstatten geht. Es werden viele Facetten verwendet und gut kombiniert, um eine gelungene Geschichte zu erzählen, die ihr Ende noch nicht erreicht hat, denn die Büste existiert immer noch.

Autor:

Martin Wagner (Die PARTEI Hattingen) aus Hattingen

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