Mitwandern auf dem Schnadegang

Freuen sich schon auf die 62 Kilometer Schnadegang, die in fünf Etappen zwischen April und September erlaufen werden: (v.l.) Friedrich Bartmann (Vorsitzender Sauerländischer Gebirgsverein Hattingen), Waltraud Fritsche, Wanderwart Meinolf Gaupp (beide SGV) und Lars Friedrich (Vorsitzender Heimatverein Hattingen-Ruhr).   Foto: Römer
  • Freuen sich schon auf die 62 Kilometer Schnadegang, die in fünf Etappen zwischen April und September erlaufen werden: (v.l.) Friedrich Bartmann (Vorsitzender Sauerländischer Gebirgsverein Hattingen), Waltraud Fritsche, Wanderwart Meinolf Gaupp (beide SGV) und Lars Friedrich (Vorsitzender Heimatverein Hattingen-Ruhr). Foto: Römer
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Schnadegang – hähh? Was ist das denn? Ein Tippfehler? „Schandegang“ vielleicht? Macht der Gewohnheit nach wahrscheinlich eher Sinn, aber stimmt natürlich nicht. Lars Friedrich, Vorsitzender des Heimatvereins Hattingen, irrt sich in solchen Dingen nicht. Nie.

„Schnade“, so weiß er nämlich, „ist verwandt mit dem Wort Schneise und bedeutet Grenze.“
Und mit dieser Auskunft erklärt sich der Rest von selbst, wie Lars Friedrich ausführt: „Der Schnadegang ist ein altwestfälischer Brauch, der an einem bestimmten Tag im Jahr gepflegt wurde, um die Grenzen einer Ansiedlung auf eventuelle heimliche Verschiebungen der Gemarken zu kontrollieren. Dabei machten sich Gerichtsherr, Bürgermeister, Ratsmitglieder, Grundbesitzer und auch Honoratioren der Stadt mit Pauken und Trompeten und Fahnen vorweg auf den Weg rund um die Stadt.“
In Zusammenarbeit mit Stadtarchivar Thomas Weiß, vor allem aber mit dem Sauerländischen Gebirgsverein Hattingen (SGV) möchte der Heimatverein diesen Brauch in fünf Etappen für Hattingen wieder aufleben lassen. Weil sich die Beteiligten des Erfolges sicher sind, geht es hinter den Kulissen schon an die Planungen für das nächste Jahr.
Für den Schnadegang 2014 hat SGV-Wanderwart Meinolf Gaupp die 62 Kilometer rund um Hattingen in fünf attraktive Etappen gepackt, deren jeweilige Ausgangs- und Endpunkte mit einem Busticket der Preisstufe A vom Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) Reschop zu erreichen sind.
„Diese Punkte am Anfang und Ende hatten zwei Bedingungen zu erfüllen“, erläutert er, „sie mussten eine Haltestelle in der Nähe haben und eine Einkehrmöglichkeit bieten.“
Denn jeweils am Schluss der fünf Strecken über rund zwölf Kilometer, die von April bis September (im August wegen der Ferienzeit nicht) einmal im Monat auf dem so genannten Hattinger Rundweg begangen werden, soll sich noch zusammengesetzt werden. Ein Gast wird nämlich jedesmal mit dabei sein, der nicht nur unterwegs ein wenig über den Streckenabschnitt erzählen wird – beispielsweise Manfred Overrath vom Heimatverein Blankenstein oder Jürgen Uphues, „Burgherr“ der Isenburg.
Willkommen, nein besser erwünscht auf den Touren sind „normale“ Wanderer und vor allem Familien mit Kindern. Die Streckenabschnitte – und das war manchmal ein wenig schwierig, wie Meinolf Gaupp zugibt – sollen nämlich nicht allzu anspruchsvoll sein. Jede(r) soll sie schaffen können.
Lars Friedrich: „Die Teilnahme am Schnadegang kostet selbstverständlich nichts – nur ein wenig Kraft, ein Bus-Ticket der Preisstufe A und das, was man verzehrt. Anmeldungen sind nicht nötig. Man kommt einfach zum Treffpunkt. Dort erhält jeder Mitwanderer eine kleine Karte, die hinterher abgestempelt wird. Wer mindestens drei der insgesamt fünf Etappen bis September mit erwandert hat, erhält am Ende den eigens dafür gestalteten Hattinger Schnadegang-Pin zum Anstecken.“
Außerdem, ergänzt SGV-Vorsitzender Friedrich Bartmann, bekommen die ersten 100 Teilnehmer auch noch zusätzlich die Hattinger-Rundweg-Nadel des SGV.
Alle Beteiligten verbürgen sich schmunzelnd dafür, dass der diesjährige (und die folgenden auch) Hattinger Schnadegang „gesittet“ ablaufen wird. „Anno 1841 war es, dass die Preußische Regierung die Schnadegänge verbot“, so Lars Friedrich. „Dabei war es nämlich im Laufe der Geschichte vor allem zu großen alkoholischen Exzessen der Wanderer gekommen. Außerdem hatten durch die Einführung des Grundsteuerkatasters die Schnadegänge selbst ihre ursprüngliche Bedeutung der Kontrolle von Grenzsteinen verloren.“ Allerdings wurde das Verbot schon 1848 wieder aufgehoben – nach Protesten so mancher Gemeinde.
Heimatforscher Harri Petras hat recherchiert, dass 1806 letztmalig ein Hattinger Schnadegang Erwähnung fand. Nach so langer Zeit fast in Vergessenheit geraten ist daher auch der Brauch, Neubürger mit dem Po dreimal auf die Grenzsteine zu „schlagen“. Da es aber in Hattingen keine Grenzsteine gibt, braucht sich auf dem Schnadegang 2014 niemand Sorgen zu machen...
Hier die Termine, der jeweils zwölf Kilometer langen Schnadegänge, die von Meinolf Gaupp an diesen Sonntagen geführt werden: 13. April, 10.15 Uhr: ab Bügeleisenhaus am Haldenplatz, Dumberger Au, Niederwenigern; 4. Mai, 10.15 Uhr: Treffpunkt Buslinie 141 ZOB, Niederwenigern, Nasse, Winzermark, Isenberg (inklusive Besuch des Burgmuseums); 1. Juni, 9.40 Uhr: Treffpunkt Buslinie 647 ZOB, Nierenhof, Elfringhausen, Im Berge (Sprockhövel); 13. Juli, 9.40 Uhr: Treffpunkt Buslinie 647 ZOB, Herzkamp, Fahrentrappe, Wodanstraße, Im Brahm; 7. September, 9.20 Uhr: Treffpunkt Linie 332 ZOB, Im Brahm, Hackstück, Im Katzenstein, Pilgrimshöhe.
Weitere Infos auch unter www.buegeleisenhaus.de

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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