Besinnliches von Birgit Crone: "Alles dieselbe Erde"

Birgit Crone, Pfarrerin in den Ev. Kirchengemeinden Welper-Blankenstein und Winz-Baak
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  • hochgeladen von Roland Römer

Liebe Leserin, lieber Leser,
„Es waren mal zwei Menschen. Als sie zwei Jahre alt waren, da schlugen sie sich mit den Händen. Als sie zwölf waren, schlugen sie sich mit Stöcken und warfen mit Steinen. Als sie zweiundzwanzig waren, schossen sie mit Gewehren nach einander. Als sie zweiundvierzig waren, warfen sie mit Bomben. Als sie zweiundsechzig waren, nahmen sie Bakterien. Als sie zweiundachtzig waren, da starben sie.
Sie wurden nebeneinander begraben. Als sich nach hundert Jahren ein Regenwurm durch ihre beiden Gräber fraß, merkte er gar nicht, dass hier zwei verschiedene Menschen begraben waren. Es war dieselbe Erde. Alles dieselbe Erde.“
Wolfgang Borchert hat diese kleine Geschichte verfasst.
In derselben Erde sind vor siebzig Jahren in Stalingrad Menschen begraben worden, die sich erbittert bekriegt haben; in derselben Erde werden bis heute Menschen begraben, die sich erbittert bekriegt haben.
Menschen bekriegen sich immer noch, im Kleinen und im Großen. Machen sich das Leben schwer mit kleinen Nickeligkeiten oder großen Vorwürfen und Anschuldigungen. Streit eskaliert, wird unberechenbar und Menschen werden zu Opfern. Gewalttätige Auseinandersetzungen gegen anders lebende, anders glaubende, anders aussehende Menschen nehmen zu, der Terror auch und die Zivilcourage ab. Wir diskutieren über Waffenembargos und beteiligen uns am weltweiten Waffenhandel, Soldatinnen und Soldaten sind im Krieg in Krisengebieten und wir sprechen vom Friedensdienst mit der Waffe.
Frieden sieht anders aus. Und wir brauchen ihn jetzt und nicht erst, wenn wir wieder dieselbe Erde geworden sind. Unter uns und weltweit.
Im 90. Psalm heißt es: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“
Wenn ich an die kleine Geschichte von Borchert denke, dann heißt das für mich: Irgendwann sind wir wieder dieselbe Erde, weil wir sterblich sind und nicht unverwundbar und unzerstörbar. Warum machen wir uns das Leben bis dahin oft so schwer?
So geht der Psalm weiter: „Und der Herr, unser Gott, sei uns freundlich und fördere das Werk unserer Hände bei uns,“ – damit Gottes Friede unter uns handgreiflich wird, bevor wir dieselbe Erde werden.
Ihre
Birgit Crone, Pfarrerin in
den Ev. Kirchengemeinden
Welper-Blankenstein und
Winz-Baak

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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