Austauschprojekt lässt in Welper die Hütte leben

Zugabe auf irisch: An Selbstbewusstsein mangelt es den Gästen jedenfalls nicht. alle Fotos: Winkelnkemper
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(von Alex Winkelnkemper)

Zu „I‘m sexy and I know it!“ lassen irische Jungs die Hüfte kreisen – oben ohne versteht sich, sehr zur Freude der weiblichen Gäste. Dass das hier die Präsentation eines Schüleraustauschs sein soll, kapiert man nicht auf Anhieb – erst Recht nicht dank der Mörderstimmung im Saal.

In einem relativ trostlosen Raum der Jugendbildungsstätte in Welper präsentieren die Jugendlichen, was sie während des deutsch-irischen Austauschs auf die Beine gestellt haben.
Und schnell wird es eng: Neben den aktuellen Austauschteilnehmern haben sich noch einige „alte Hasen“ eingefunden, die Freunde aus den letzten Jahren treffen wollen.
Unter ihnen ist die 16-jährige Saskia Rauch. Sie war im letzten Jahr schon dabei, verbrachte zusätzlich noch ihren Urlaub bei den irischen Freunden. „Die Leute sind mir einfach wichtig geworden. Durch den engen Kontakt entwickeln sich auch in so kurzer Zeit über einen Austausch echte Freundschaften“, sagt sie.
Und auch ihre Nachfolger sind begeistert. „Man fängt irgendwann an, echt auf englisch zu denken, so nach ein, zwei Tagen“, freut sich der 16-jährige Julian Neubacher. „Die Leute sind super, die Kultur, das gesamte Land. Ich bin echt froh, das alles mal kennen gelernt zu haben“, meint auch die 17-jährige Elia Kacioui. Und in einem sind sich alle einig: „So ein Austausch prägt fürs Leben!“
Genau das ist auch das Ziel der gesamten Aktion: Die irischen Gäste kommen aus Cavan, einer Kleinstadt im irischen Norden. Und vor allem: Nicht aus den einfachsten Verhältnissen. „Unsere Gäste kommen aus nicht so gut situierten Haushalten, oft haben sie es nicht gerade leicht, nicht nur, was die finanzielle Seite angeht“, erklärt Ulla Rothe, Bildungsreferentin der Jugendbildungsstätte. Der Austausch wurde dementsprechend mit Mitteln der Europäischen Union finanziert, anders ginge es auch gar nicht.
Unter anderem deshalb planen die Organisatoren auch schon jetzt für den Sommer: Im Gespräch ist ein Austauschcamp. Die Finanzierungsanträge sind schon gestellt. „Im Sommer stehen dann natürlich Sport, Spiel und Spaß im Vordergrund. Da laufen die Aktionen dann vor allem unter dem Motto des Fair-Play“, umreißt Sozialpädagoge Uli Schneider das Projekt.
Für große Aktionen im Freien war es jetzt in erster Linie zu kalt. Aber auch drinnen gab es genug zu tun. Eine Gruppe von Künstlern setzt sich grafisch mit internationalen Vorurteilen und Rassismus auseinander. Eine Theatergruppe führt ein mehrsprachiges Stück über gescheiterte Lebenspläne und Zukunftssorgen auf. Die Stimmung steigt, erst Recht als die letzte offizielle Gruppe das Parkett betritt: Mithilfe zweier Vollblutprofis haben einige der Schüler einen Rap kreiert – mehrsprachig, versteht sich. Und sie setzen sich lyrisch mit so ziemlich allen Problemen auseinander, die Jugendliche haben können: Bildung, Arbeit, Drogen, Liebe, Sex.
„Es ist enorm wichtig, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen“, meint General Snipe. Der Künstler arbeitet nicht zum ersten Mal mit der Bildungsstätte zusammen, hat schon einige Antirassismusprojekte und anderes im Haus realisiert. Die Iren trifft er nun zum dritten Mal. Und er hat weit gereiste Verstärkung mitgebracht:
Rapper und Produzent „Tha GhostDawg“ verbringt eigentlich einen Großteil seines Lebens in Los Angeles, hat dort auch seine Produktion. Seinen Abstecher ins kalte Deutschland bereut er keineswegs: „Ich bin sehr positiv beeindruckt!“sagt er. „Ich bin wirklich froh, hier was weiter geben zu können, positive Vibes zu vermitteln und den Tag gemeinsam mit den Kids unvergesslich zu machen!“ Er selbst bezeichnet sich als „Conscious-Rapper“ und liefert die Übersetzung gleich mit: „Ich mach halt nicht so Gangster-Scheiß, sondern Texte, die sich mit wichtigeren Themen auseinandersetzen. Sich über das harte Leben zu beschweren ist leicht, sich ernste Gedanken zu machen, wie man was daran ändern kann und vielleicht noch anderen was Gutes damit tun kann, ist viel komplizierter.“ Gerade die Themen Selbstbewusstsein und Selbstfindung seien für Jugendliche nicht immer ganz einfach, meint er.
An rein körperlichem Selbstbewusstsein mangelt es den jungen Iren ganz offenbar nicht – siehe oben: „I‘m sexy and I know it!“...

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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