Sprockhövelerin wegen Untreue angeklagt

Kann die Betreuung eines Familienangehörigen als Rechtfertigung akzeptiert werden, wenn man seine Dienstvorschriften als städtische Mitarbeiterin zum Nachteil seines Arbeitgebers missachtet? Diese Frage stand heute im Mittelpunkt einer öffentlichen Hauptverhandlung wegen Untreue beim Amtsgericht. Der hierdurch der Stadt Sprockhövel entstandene Schaden soll laut Staatsanwaltschaft rund dreitausend Euro betragen.

Die Sprockhövelerin kann sich nicht mehr erklären, warum sie gegen die entsprechenden Dienstanweisungen verstieß. Als Außendienstmitarbeiterin besuchte sie regelmäßig säumige Zahler in Sprockhövel und „trieb“ Außenstände ein. Die Arbeit machte ihr Spaß und sie kassierte jährlich offene Außenstände zwischen dreißig- und fünfzigtausend Euro.

Jetzt wurde sie von der Staatsanwaltschaft beschuldigt, im Zeitraum Januar 2016 bis März 2017 in sechs Fällen Gelder, die sie als Außendienstmitarbeiterin der Vollstreckungsstelle „eingetrieben“ hat, nicht gemäß der städtischen Vorschriften entgegengenommen, quittiert, abgeliefert und verbucht zu haben.

Die Sprockhövelerin schilderte sehr ausführlich dem Gericht, dass sie die fast tägliche Betreuung eines Familienangehörigen wohl so durcheinander gebracht und beansprucht habe, dass sie von Anfang 2016 bis Ende März 2017 unter Missachtung der dienstlichen Vorschriften „unkonzentriert“ gearbeitet hätte. „Sie hat geschlampt und den städtischen Quittungsblock für entgegengenommene Barzahlungen nicht so gehandhabt, wie es vorgeschrieben ist“, ergänzte Rechtsanwältin Elke Althäuser im Namen ihrer Mandantin.

Ende März 2017 wurde die Angeklagte aufgrund der entdeckten Ungereimtheiten nach vorheriger Anhörung vom Dienst freigestellt. Vor dem Arbeitsgericht kam es zwischenzeitlich zu einem Vergleich mit Beendigung des Dienstverhältnisses.

Quittung ohne Geldzahlung erhalten
Ein Sprockhöveler Geschäftsmann soll Anfang 2017 von der Angeklagten bei einem Ortstermin eine Zahlungsquittung über gezahlte Außenstände von 1.000 Euro erhalten haben, ohne dass er überhaupt Bargeld gezahlt hatte. Daten sollen auf Quittungsdurchschriften nachträglich geändert worden sein, die nummerierten Belege auf den Quittungsblöcken wurden von ihr nicht der Reihe nach, sondern nach Belieben verwendet. Gelder sollen auch entgegengenommen, aber nicht quittiert worden sein. In einem Fall wurde einer Zahlungspflichtigen 1.200 Euro als gezahlt quittiert, der Stadtverwaltung sollen von der Angeklagten aber nur 600 gezahlte Euro gemeldet worden sein.

Mehrmals betonte die Sprockhövelerin, dass sie nicht einen Cent in die eigene Tasche oder in andere Taschen gewirtschaftet hätte. Zu den einzelnen konkreten Anklagevorwürfen dann befragt, traten bei der Sprockhövelerin immer wieder Erinnerungslücken auf.

Hundesteuer immer erst bei Vollstreckung gezahlt
Ein als Zeuge geladener Sprockhöveler bestätigte, dass er seit Jahren seine Hundesteuer immer erst bei der Vollstreckungsbeamtin zahle. Allerdings fehle ihm jetzt die letzte Quittung, nachdem er der Angeklagten bei einem zufälligen Treffen 200 Euro Außenstände in bar gezahlt hätte. Die Quittung dazu wollte sie dem Zeugen in den Briefkasten werfen, was bis heute nicht erfolgte.

Eine städtische Mitarbeiterin sagte vor Gericht aus, dass ihr die Angeklagte gegenüber eingeräumt hätte, „sie habe das gemacht“ und sie würde alles wieder zurückzahlen.

Eine Sprockhöveler Geschäftsfrau schilderte dem Gericht, dass die Angeklagte sie gebeten hätte, den städtischen Bediensteten gegenüber bei Nachfrage zu schildern, dass von ihr ausgestellte Quittungsbelege bei der Zeugin einfach nicht mehr auffindbar seien.

Zeugen nicht erschienen - Ordnungsgeld
Gegen zwei als Zeugen geladene Sprockhöveler, die unentschuldigt zur Hauptverhandlung nicht erschienen waren, erließ das Gericht je 150 Euro Ordnungsgeld, ersatzweise drei Tage Ordnungshaft. Da das Gericht auf die Aussagen dieser Zeugen noch angewiesen ist, wurde zum nächsten Hauptverhandlungstermin am 9. April deren polizeiliche Vorführung und die Ladung weiterer Zeugen angeordnet.

Der STADTSPIEGEL berichtet weiterhin.

Autor:

Hans-Georg Höffken aus Hattingen

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