Internationaler Tag des Bieres am 2. August

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Der Internationale Tag des Bieres (engl. International Beer Day) findet jährlich am ersten Freitag im August statt. An diesem Tag wird weltweit das Getränk Bier gefeiert und getrunken.  2017 wurden in Nordrhein-Westfalen 17,1 Millionen Hektoliter Bier konsumiert, nur in Bayern wurde in dem Jahr mehr getrunken. Bier liefert aber auch Einblicke in die Kulturgeschichte. Am Internationalen Tag des Bieres (2. August) also ein Anlass für die Volkskundler beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) zur Verkostung historischer Quellen.

lange Tradition

Bier blickt in Westfalen-Lippe auf eine lange Tradition zurück: Im Atlas des niederländischen Geographen und Kartographen Gerhardus Mercator aus dem 16. Jahrhundert, wird Bier für Westfalen als "der Tranck des gemeinen Volkes", Wein hingegen als das Getränk der vornehmen Gesellschaft bezeichnet. Dort heißt es auch, die Bierqualität sei je nach Hersteller sehr unterschiedlich. "Bierbrauen war bis ins 20. Jahrhundert hinein Haus- und damit Frauenarbeit. Bier wurde in fast jedem Haushalt hergestellt", erklärt Kathrin Schulte von der Volkskundlichen Kommission des LWL. "Dass die einzelnen Brauerinnen qualitativ sehr unterschiedliches Bier brauten, lag vermutlich daran, dass es in den Haushalten jeweils eigene Rezepte und Herstellungstechniken gab, die von der Mutter an die Tochter weitergegeben wurden. Eine einheitliche Qualität anzustreben, wäre den Hausfrauen damals gar nicht in den Sinn gekommen."

die Herstellung

Was für die Herstellung eines guten Bieres erforderlich war, darüber gingen die Ansichten auseinander. Ein Gewährs¬mann der Volkskundlichen Kommission aus Senden wies in den 1960er Jahren beispielsweise darauf hin, dass es überaus wichtig sei, einen geeigneten Zeitpunkt für das Brauen zu wählen. Als Eselsbrücke gibt er an, dass sich alle Monate, in deren Monatsnamen ein "r" vorkommt, gut eigneten. Andernfalls "hält sich das Bier nicht, im März und April ist die richtige Zeit zum Brauen."

Noch bis weit ins 20. Jahrhundert bekamen die Landarbeiter das selbstgebraute Bier, dessen Alkoholgehalt vermutlich unter demjenigen heutiger Biersorten lag, als Durstlöscher während der Ernte auf den Feldern.

auf dem Bau schmeckte das Bier

 
Doch nicht nur auf dem Feld, sondern auch auf dem Bau schmeckte der kühle Gestensaft: So berichtet die Besitzerin einer Doppelhaushälfte in Münster über die Dachdecker, die 1959 das Dach ihres Hauses erneuerten, dass sie nach getaner Arbeit Bier und Zigaretten von der Hausherrin bekommen hätten. Den Nachbarn, die es versäumt hatten, die Handwerker mit Bier zu entlohnen, brachten diese eine mit folgendem Spruch versehene Dachpfanne: "Hier steht der Bau in seiner Pracht, die Dachdecker haben ihn rot gemacht. Als alter Brauch u. Sitte, haben wir eine Bitte: Bier."

Verbesserung der Bierversorgung um den Schnaps zu verdrängen

Beim Biertrinken auf dem Bau denkt man heute an Arbeitsunfälle und Alkoholismus. Dass Bier gerade in Hinblick auf eine Suchterkrankung zeitweise aber sogar als "Rettung" angesehen wurde, mag da durchaus verwundern. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte sich das Trinkverhalten in breiten Bevölkerungsschichten drastisch verändert. Der Konsum von stärkeren Alkoholika wie Schnaps fand Einzug in die Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung -mit zahlreichen negativen Begleiterscheinungen. Um der "Branntweinpest" Einhalt zu gebieten, sah sich wie andernorts auch die Preußische Regierung in Berlin zum Handeln gezwungen. "Sie strebte die Verbesserung der Bierversorgung an, um den Schnaps zu verdrängen," berichtet Schulte. Zu diesem Zweck befragte man zunächst die Bürgermeister, wie es sich mit der Qualität des Bieres in ihrer Stadt verhalte. Auf die offizielle Anfrage der preußischen Regierung 1836 antwortete der Oberbürgermeister Münsters, Joseph von Münstermann, dass - zumindest in Münster - die Qualität des Bieres durchaus zufriedenstellend sei. Der übermäßige Konsum von Branntwein sei eher auf die geringen Preise für Schnaps und die vergleichsweise hohen für Bier zurückzuführen.

Braukunst

Aber nichts ist so gut, dass es nicht noch verbessert werden könnte: So brachte der Detmolder "Canzleirath" J. C. Althof von einer Reise nach Bayern 1837 die Begeisterung für die dortige Braukunst mit und versuchte, dies auch in Westfalen zu etablieren. was ihm auch gelang: In vielen Orten braute man nun statt des obergärigen Bieres mit untergäriger Hefe - beispielsweise in der "Bair. Bier-Brauerei" von A. Rolinck in Burgsteinfurt.

Letztlich hat der Oberbürgermeister von Münster die Situation aber wohl richtig eingeschätzt: Auch durch eine Qualitätsverbesserung des Bieres war der kostengünstige Branntwein nur schwer zu verdrängen: Um sich eine Vorstellung von den konsumierten Mengen zu machen, dient das Beispiel einer Hochzeitsfeier in Catenhorn bei Rheine (Kreis Steinfurt), wo die etwa 300 Gäste 1951 an zwei Tagen "10 Liter Likör, 125 Liter Schnaps, 670 Liter Bier - Rolinck, Burgsteinfurt, 100 Flaschen Wein" konsumiert haben.

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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