Karneval
Frühe Jecke


Auf meine Anfrage beim Bund organisierter Fröhlichkeit (BOF), was denn schon so kurz nach Weihnachten in den Medien die vielen bunten Uniformen zu suchen hätten, bekam ich natürlich erst einmal Kalenderinformationen für 2020 sowie die merkwürdig ernst gemeinte Mahnung, diese grundlose Fröhlichkeit hinzunehmen, weil Karneval nun einmal eine uralte Tradition sei.

Darauf fragte ich beim Archäologen meines Vertrauens nach. Der befand sich leider gerade auf einer längeren Sitzung. Ein beschwerdefreier Altertumsforscher war aber zufällig gerade zu Hause. Und man höre und staune. Erst vor kurzem, sagte er ganz fröhlich, sei ein steinzeitlicher Prunkwagen mit Vollsteinrädern ausgegraben worden. Die Pferdeskelette wiesen auf eine 8 PS starke Zugmaschine hin. Auf dem wohl mitgeführten Monolithen war in Faustkeilschrift eingemeißelt: „Prinz, Hauer und Jungfrau“.
Zu beiden Seiten seien Überreste rheinischer Karnevalsjecken gefunden worden, die alle ein Loch im Kopf aufwiesen. Diese Blessuren dürften durch das zeittypische Wurfmaterial entstanden sein. Dies wurden bei vollständig erhaltenen Skeletten auch in der Magengegend gefunden. Wie ein Vergleich zeigt, handelt es sich bei dem Wurfmaterial vom Prunkwagen herunter wohl um Steine aus dem steinreichen Rhein, die in Honig-Blätter gewickelt waren. Aus dieser Praxis leitet sich sowohl der Ausdruck „Drops“, was ja bekanntlich von to drop= fallen lassen kommt, als auch das onomatopoetische „Bongbong“ her.
Des Weiteren fand man extrem viele Schlangen, deren Wirbelsäulen aneinandergebunden waren, wohl die ersten Exemplare von Luftschlangen. Vor dem Prunkwagen verstreut liegende Knochenmänner mit gerahmtenTierhäuten und Schildkrötenpanzern mit darüber gespannten Tiersehnen weisen auf eine vorausschreitende Musikkapelle hin.
Etwas weiter vom Hauptfundort entfernt war man in einer Höhle auf runde Steinscheiben mit eingeritzen Rillen gestoßen. Einem Musikexperten gelang es, daraus ein steinaltes Karnevalslied von Toni Steingass wieder hörbar zu machen: „Der schönste Platz ist immer an der Theke“.
Was den paläolithischen Umzug einst so plötzlich zum Erliegen gebracht hatte, zumal die Theke noch gar nicht erreicht war, ist noch nicht geklärt. Es muss wohl irgendwem nicht gefallen haben. Das Ganze könne man, so der paläophile Gewährsmann, demnächst in einer großen Ausstellung besichtigen.
Ich muss zugeben, dass der Karneval in archäologischer Hinsicht bei mir nicht ohne Faszination bleibt und kann es deshalb kaum erwarten, bis auch die zeitgenössischen Alaafisten und Helauten in einem ruhigen Museum hinten dickem Vitrinenglas zu bewundern sind.

Wenn auch ein Fellbeutel mit Silikatgestein (Feuerstein) gefunden wurde, ist wohl auch der Nachweis erbracht, dass auch schon das Funkenmariechen bekannt war und auch schon zum Umzug gehörte. Bislang geht man davon aus, dass deren Aufgaben sich auf das Entzünden des Grillfeuers und das Braten eines Auerochsen in (oder vor) der Festhöhle beschränkte. Nach reichlichem Mahl und Gegorenem mag noch die eine oder andere Aufgabe angestanden haben. Aufmeißelungen darüber wurden noch nicht gefunden, der (Fell)mantel des Schweigens war wohl schon bekannt.
Lieber Gerhard, wenn der Archäologe meines Vertrauens von der Sitzung zurück ist, werde ich ihn fragen. Ich kann mir vorstellen, dass dieser Prunkwagen nicht der einzige Traditionsbeweis ist. Sicher wird man anderenorts auch Tanz- und Funkenmariechen gefunden haben. Leicht zu erkennen, neben dem Feuersteinbeutel, an der geringen Körpergröße und den abgeschabten Knien. Die leichte Hockstellung mit einander zugewandtem Gesäß könnte auf Stippeföttschen hindeuten.

Autor:

Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr

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