Sigmar Gabriel sprach in Wattenscheid auch über Krim-Krise und Hoeneß - nächster Gast ist Gordon Brown

Sigmar Gabriel bei seiner engagierten Rede in der St. Nikolaus-Kirche. | Foto: Andreas Keuchel
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Wattenscheid - Bundesminister Sigmar Gabriel hat auf Einladung des Projekts "Herausforderung Zukunft" seine Vision von Europa skizziert und ist bei seiner Rede auch auf die aktuelle Lage auf der Krim eingegangen.

300 Gäste in der Nikolaus-Kirche

Vor rund 300 Gästen in der St. Nikolaus-Kirche – der ehemaligen Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth, NRW-Landtagspräsidentin Carina Gödecke, die auch ein Grußwort sprach, dem Bochumer SPD–Vorsitzenden Thomas Eiskirch, dem früheren Weihbischof Dr. Franz Grave und dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland Aiman Mazyak, sagte Gabriel: „Was der russische Präsident Wladimir Putin da macht, ist ein Rückfall in eine Form von imperialer Machtausübung, von der wir dachten, dass wir sie überwunden hätten. Das macht es gefährlich. In Osteuropa gibt es viele, die fürchten, dass nach der Ukraine die Destabilisierung des Baltikums kommt. Deswegen muss Europa eine Antwort geben. Unsere Hoffnung ist, dass die Kanzlerin und der Außenminister den russischen Präsidenten überzeugen können, dass es nach dem Wochenende trotzdem einen Weg an den Verhandlungstisch gibt. Ich habe dem Präsidenten gesagt, dass er die Verantwortung trägt, wenn Europa zurückfällt in den Kalten Krieg. Denn was das bedeuten würde, ist, dass wir in Ost und West wieder beginnen, in Militär und Panzer zu investieren und nicht in Schulen und Kindergärten. Uns droht, dass wir uns wieder voneinander entfernen.“

Sigmar Gabriel wurde 1959 in Goslar geboren und war von 1999 bis 2003 niedersächsischer Ministerpräsident. Von 2005 bis 2009 gehörte als Bundesumweltminister bereits der Bundesregierung an. Seit 2009 ist er Bundesvorsitzender der SPD. In der großen Koalition unter Angela Merkel ist er seit Dezember 2013 Bundesminister für Wirtschaft und Energie. Gabriel gehört zu den Gründern des Projekts Herausforderung Zukunft und war bei der ersten Konferenz im Sommer 2007 in der Bochumer Jahrhunderthalle dabei. Damals diskutierte er mit Michail Gorbatschow über Umweltschutz. Für die Initiative, der er seitdem im Kuratorium angehört, fand er lobende Worte: „Herausforderung Zukunft leistet einen wichtigen Beitrag hier in der Region, es ist eine Plattform des Dialogs. Ich bin gerne nach Bochum gekommen und stehe hinter dem Projekt. Es ist eine Ehre, sich in die Liste der großen Vorredner einreihen zu dürfen “.

Will kein "Superminister" sein

Im Gespräch mit WAZ–Chefredakteur Ulrich Reitz ging der „Superminister“ (O-Ton Gabriel: „ein absolut bescheuerter Titel“) auch auf die Kanzlerin ein. Auf die Frage, ob Angela Merkel seine Chefin sei, antwortete Gabriel: „Es gibt keine Chefin in der deutschen Politik. Das ist der große Vorteil der deutschen Verfassung. Sie hat zwar eine Richtlinienkompetenz. Wenn sie sie einmal ausübt, ist die Koalition zu Ende. Deswegen ist Frau Merkel viel zu klug, um so zu führen. Außerdem trägt sie ihr Amt nicht wie eine Monstranz vor sich her. Sie nimmt sich persönlich zurück, hat Selbstironie und Humor. Sie würde nie im Leben die Chefin rauskehren. Das würde nicht ihrer Persönlichkeit entsprechen. Was nicht täuschen darf: Die Härte, mit der sie Entscheidungen durchsetzt, hat sie häufig genug in der eigenen Partei unter Beweis gestellt. Die Tatsache, dass man politisch anderer Auffassung ist, muss nicht dazu führen, dass man sich menschlich nicht respektiert. Wir sollten nicht so tun, als ob immer nur in der anderen Partei Idioten sitzen und in den eigenen Reihen nur die Dollen. Wir als Sozis glauben aber, bei uns sitzen ein paar mehr Dolle als bei den anderen.“

Hoeneß-Urteil

Auch das Hoeneß – Urteil blieb in Wattenscheid nicht unkommentiert: „Er ist dazu verurteilt worden und er wird Gründe haben, weshalb er nicht in die Revision geht. Das ist ja auch nicht ohne Risiko, weil der Bundesgerichtshof in der Vergangenheit durchaus härter geurteilt hat. Dass Uli Hoeneß sich aber jetzt die Frage stellt, wie kann ich durch diese schwierige Lebensphase gehen und wie komme ich da wieder raus, das kann ich mir schon vorstellen. Ich habe zur Person Hoeneß ein gespaltenes Verhältnis. Ich schätze sehr, was er nicht nur für den Fußball, sondern auch für andere Dinge getan hat. Aber andererseits hat er massiv gegen das Recht verstoßen. Dafür muss er jetzt einen bitteren Preis zahlen. Der Fall Hoeneß zeigt aber, dass in unserem Land Gerichte ohne Ansehen der Person urteilen. Darauf bin ich als Bürger dieses Landes stolz.“

Tochter mit Bayern-Schnuller

Beiläufig erwähne Gabriel, dass seine Frau Bayern-Fan ist und es daher in den letzten Wochen häufiger Diskussionen zu diesem Thema im Privaten gab. „Sie hat sogar unserer Tochter Marie einen Bayern-Schnuller gekauft!“

Sascha Hellen überreicht Buchpräsent

Mit einem Buchpräsent verabschiedet Sascha Hellen, Initiator des Projekts Herausforderung Zukunft, den Politiker. Mit langanhaltendem Applaus bedankte sich das Publikum beim Minister für seine offenen Antworten.

Nächster Gast: Gordon Brown

Als nächsten Gast in der Reihe erwartet Hellen den früheren britischen Premierminister Gordon Brown.

Autor:

Holger Crell aus Wattenscheid

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