Wiesenvögel der anderen Art
Was ist eigentlich ein Knäkerpel?

Knäkerpel im typischen Lebensraum | Foto: Hans Glader

Welche Tiere fallen Ihnen beim Wort „Vogelschutz“ ein? Störche, Schwalben, Lerchen oder Kiebitze vielleicht? Das wäre nachvollziehbar, denn all diese Vögel sind oder waren bedroht und es wurde viel Kraft in Ihren Schutz gesteckt. Aber dumme Frage: Wie wäre es mit Enten?

„Die schwimmen doch auf jedem Parkteich!“

Stimmt – ungefähr – aber Ente ist nicht gleich Ente. Oft haben alltägliche Arten seltene Verwandte. Tauben werden als „Ratten der Lüfte“ verspottet, aber die meisten Menschen im Kreis Wesel dürften noch nie eine Turteltaube gesehen haben.

Ähnlich ist es bei den Enten: Die hellbraunen Damen und grünköpfigen Herren im Stadtpark sind die „normalen“ Stockenten. Vielleicht schwimmen noch ein paar schwarzweiße Reiherenten dazwischen. Außerhalb der Stadt sieht die Welt vielfältiger aus. Scheue Gruppen von Pfeif-, Krick- und Löffelenten rasten und überwintern auf den Gewässern am Rhein. Und an ungestörten Orten weitab menschlicher Siedlungen brütet auch die eine oder andere Seltenheit.

Um so eine geht es heute. Es kann ab März passieren, dass Sie aus einem Gewässer in der Rheinaue einen merkwürdigen, trocken rasselnden Ton vernehmen, als zöge jemand scharf und schnell den Fingernagel über die Zinken eines Kamms. Hinter dem kuriosen Klang steckt ein Vogel mit kuriosem Namen: die Knäkente. „Knäk“ ist ein recht hilfloser Versuch, das „Kamm-Geräusch“ mit unserem Alphabet zu schreiben.

Die Knäkente ist eine unserer kleinsten Enten, nur zwei Drittel so lang wie eine Stockente. Die Männchen haben neben rötlichen und grauen Farbfeldern einen dicken, weißen Strich über dem Auge und sind dadurch schon von Weitem unverkennbar. Die Weibchen sind dagegen unauffällig braun wie die meisten Entenweibchen. Wozu auch auffallen, wenn man ungestört brüten möchte?

Enten brüten (anders als Haubentaucher) nicht mitten auf dem Wasser, sondern an Land. Ihre Nester liegen tief versteckt im Grünland oder in der Ufervegetation. „Enten leben auf dem Wasser“ stimmt also nicht ganz – Enten sind auch Wiesenvögel!

Auch für die Knäkente können Naturschutz und Landwirtschaft gemeinsam etwas tun, zumindest an den wenigen Stellen, wo sie vorkommt. Im Kreis Wesel ist das fast nur die Rheinaue. Schritt eins ist hier schon weitgehend getan: das Grünland, in dem sie brüten, entweder zu beweiden oder erst spät zu mähen, um Nester und Entenküken nicht zu überfahren. Doch mit dem Schlupf geht das Leben erst richtig los. Dann heißt es für die Kleinen erst einmal satt werden und wachsen. Dafür braucht es Gewässer oder Nassstellen, an denen es von Insekten und anderen Wirbellosen wimmelt.

Deshalb wird die Biologische Station im Kreis Wesel im Rheinvorland an einer Handvoll ausgesuchter Stellen künstliche „Pfützen“ („Blänken“) oder Kleingewässer anlegen. Das Projekt „Life Wiesenvögel NRW“ bietet dafür die nötigen Mittel. Die Förderung kommt vom Land NRW und der Europäischen Union. Die Eigentümer und Bewirtschafter der Flächen werden bei jedem Schritt eingebunden. Es geht dabei vor allem um die Teile der Rheinaue, die bisher noch weniger gut entwickelt sind, beispielsweise zwischen Büderich und Perrich (nördlich der Rheinbrücke Wesel). Gebiete wie die Bislicher Insel, wo bereits sehr viel passiert ist, sind diesmal außen vor.

Gleichzeitig wird aber auch untersucht, ob Fressfeinde eine Rolle beim Rückgang der Wiesenvögel spielen könnten. Um dem auf die Spur zu kommen, hat die Biologische Station in diesem Frühjahr bereits eine Handvoll Wiesenvogelnester per Fotofalle überwacht. Weitere werden bald folgen. Schwerer ist es, später die Küken zu beobachten. Denn die bleiben nicht brav im Kinderzimmer, sondern ziehen als Nestflüchter kurz nach dem Schlupf mit ihren Eltern ins Güne.

Bei der Nestersuche sprangen vor allem Kiebitze heraus. Ein Knäkentennest kam leider noch nicht vor die Linse. Das war allerdings zu erwarten denn auch Fachleute stoßen fast nie darauf. Meist lässt sich nur erahnen, dass im Gras eine Ente brütet, etwa weil auf einem nahegelegenen Teich ein wachsames Entenmännchen herumschwimmt: ein Erpel, hier eben ein Knäkerpel.

Autor:

Biologische Station im Kreis Wesel (Thomas Traill) aus Wesel

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