Radverkehr
Fahrradkonzept für Witten umsetzen

Wo gehts hier mit dem Fahrrad lang? An der gut befahrenen Ruhrstraße gibt es ab der Gasstraße keine durchgehende Führung für den Radverkehr.  | Foto: J.Drell
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  • Wo gehts hier mit dem Fahrrad lang? An der gut befahrenen Ruhrstraße gibt es ab der Gasstraße keine durchgehende Führung für den Radverkehr.
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Das im Haus Witten vorgestellte und diskutierte Radverkehrskonzept ist gut und zustimmungsfähig. Bei der Umsetzung wird sich zeigen, was das Papier wert ist. Wichtig wäre es, viele richtige Vorschläge des Konzepts zügig umzusetzen, auch in den Bereichen, wo sie im Konflikt zu anderen Verkehrsarten stehen, beispielweise an der Husemannstraße, Dort sollen Parkplätze am Straßenrand in Richtung von der Ardeystraße zur Ruhrstraße wegfallen. Aber wer eine Stadt über Jahrzehnte in erster Linie am Bedarf des Autoverkehrs ausgerichtet hat, sollte bei einem Neuanfang für den Radverkehr auch in diesem Punkt Entgegenkommen zeigen, sonst bleibt letztlich vieles einfach beim Alten.

Das allgemeinen Ziel des Konzepts ist - auch um dem Klimawandel entgegen zu wirken - die Steigerung des Anteils des Radverkehrs in Witten. Dazu soll der Radverkehr attraktiver und sicherer gemacht werden, um das Umsteigen aufs Rad zu erleichtern. Sicherheit beim Radfahren und gute Angebote sind dafür die Viraussetzung. Derzeit liegt der Anteil des Radverkehrs bei 5-6% des Modal Split. Dem Radverkehr soll die Stadtverwaltung bei der Verkehrsplanung Priorität einräumen.

Handlungsbedarf für drei Bereiche

Das Maßnahmepaket umfasst die drei Bereiche Kommunikation und Werbung für den Radverkehr, die Verbesserung der Parkmöglichkeiten und als wichtigster Bereich den Ausbau der Infrastruktur, also neue Radverkehrsverbindungen.

Bei den Fahrradabstellanlagen ist ein ungedeckter Bedarf vor allem im Bereich der Innenstadt festgestellt worden Sie fehlen am Bahnhof, im Bereich des Wiesenviertels, am Karl-Marx-Platz und nördlich des Rathauses. Um das Einkaufen per Rad besser zu ermöglichen sollten auch insbesondere die Supermärkte von der Stadt einbezogen werden, die überwiegend nur über unzureichende Abstellanlagen für Räder - sogenannte Felgenkiller -verfügen.

Das Herzstück: Der Ausbau der Infrastruktur

Für das Radwegenetz in Witten sollen sieben Radverkehrsachsen künftig die Grundlage bilden und entsprechend ausgebaut werden, Es sind eine Nordachse über Stockum von Bo-Langendreer nach Dortmund, die Pferdebachstraße, die Strecke durch Bommern, die Husemannstraße-Dortmunder Straße und andere. Auf diesen Achsen soll durchgängig Radverkehr sicherer und besser als heute ermöglicht werden soll.
Die Herbeder Straße an der Ruhr ist auch im Konzept dieser sieben Fahrradverkehrsachsen enthalten mit einem Ausbaustandard für überregionale Radwege: 3.50m Gesamtbreite davon 2 50 m für Radler und 1m für Fußgänger. Das kostet etwas Straßenraum, würde aber dem hohen Fahrradanteil auf dieser Strecke, den es heute schon gibt, Rechnung tragen, zumal dieser Rad-Gehweg in zwei Richtungen befahren wird. Diese Strecke soll in Herbede über die Wittener Straße in Richtung Hattingen ausgebaut werden.

Einzelmaßnahmen

200 Maßnahmen sind insgesamt vom Planungsbüro Via erarbeitet worden.
Darunter befindet sich auch die Problemkreuzung Ruhrstraße-Ruhrdeich. Für den Umbau differenziert der Vorschlag zwischen Sofortmaßnahmen - Klärung der Führung des Radverkehrs durch Markierungen und Bordsteinabsenkungen - und tatsächlichen größeren Umbaumaßnahmen zu einem späteren Zeitpunkt. Dazu gehört auch die Entschärfung des Abzweigs am Mühlengraben, der Autofahrer beim Abbiegen zum Schnellfahren einlädt und dadurch den Radverkehr gefährdet, der leicht übersehen werden kann.

Auf der Bergerstraße (Südseite) und am Hauptbahnhof muss durch Piktogramme deutlich gemacht werden, wie der Radverkehr geführt wird.
Sinnvoll wäre auch der Umbau der Herbeder Straße an der Einmündung zur Berger Straße. Wenn die Straßenbahn dort zweispurig erweitert wird, wäre das spätestens eine Gelegenheit, auch etwas für den Radverkehr zu tun.

Einbahnstraßen sind in Witten weitestgehend für den Radverkehr in Gegenrichtung freigegeben. Eine Ausnahme bildet u.a. die Schlachthofstraße. Hier schlägt das Planungsbüro ebenfalls eine Öffnung vor.

Am Knoten des Rheinischen Esels mit der Straße am Sonnenschein sollen die Radler und Fußgänger gegenüber dem Autoverkehr Vorfahrt bekommen. Derzeit ist es noch umgekehrt. Der östliche Teil des Rheinischen Esels soll wie der westliche asphaltiert werden.

Auch eine Freigabe der Fußgängerzone Bahnhofstraße am Tage wird angeraten. Für mich setzt dies voraus, dass Radfahrer hier nur relativ langsam fahren und auf die zahlreichen Fußgänger entsprechend Rücksicht nehmen. Unproblematisch ist die Öffnung des ebenen Abschnitts zwischen Bergerstraße und Berliner Platz im Gegensatz zur Gefällestrecke im oberen Bereich. Derzeit ist das Radfahren hier nur von 20.00 bis 8.00 Uhr morgens erlaubt.

Umlaufsperren, sogenannte Drängelgitter, sollen so angelegt sein, dass man sie mit verringerter Geschwindigkeit umfahren kann ohne zum Absteigen gezwungen zu sein.

Als Fahrradstraße könnte auch die Straße Im Klieve aufgewertet werden. Sie ist der Zubringer zum Bahnradweg Richtung Albringhausen und wird stark von Radfahrern benutzt. Derzeit dient sie auch als Umleitung für den Radverkehr auf dem Ruhrtalweg wegen der Bauarbeiten am Wehr (Fischtreppe). Der Straßenbelag ist sanierungsbedürftig. Dies ist ein eigener Vorschlag, der möglicherweise noch ins Konzept übernommen werden sollte.

In der Stadtverwaltung sollten Dienstpedelecs benutzt werden. Die Stadt sollte- wie derzeit unabhängig vom Radverkehrskonzept auf Antrag der geprüft wird, als Arbeitgeber den Kauf von Rädern durch Mitarbeiter auf Leasingbasis ermöglichen und die Voraussetzung dafür schaffen, dass sie mit dem Rad zur Arbeit fahren können. (Spinde, Abstellanlagen)

Soweit ein Überblick über unterschiedlichste Maßnahmen, die im Radverkehrskonzept enthalten sind. Der sehr ausführliche Maßnahmenkatalog war zum Zeitpunkt der Präsentation noch nicht vollständig ausgearbeitet.

Der Zeitplan und die Verbindlichkeit

Das Konzept soll nach dieser letzten Veranstaltung bis Jahresende fertig gestellt werden. Im ersten Quartal 2019 wird es in den städtischen Gremien beraten und hoffentlich verabschiedet. Die Stellungnahme durch den neuen Amtsleiter Wittens war etwas ernüchternd. Ohne konkreten Zeitrahmen redete er davon, dass man die Maßnahmen der Reihe nach abarbeiten werde. Da würde ich mir mehr Enthusiasmus wünschen.
Das wichtigste am Radverkehrskonzept sind dabei nicht die Einzelmaßnahmen, sondern die Schaffung von sieben Radverkehrsachsen in Witten.

Entscheidend wird auch sein, wie bei der Fertigstellung des Konzepts durch die Verwaltung die Prioritäten bei der Realisierung gesetzt werden und inwieweit die Verwaltung auch hier den Vorschlägen des Planungsbüros Via folgt oder Änderungen vornimmt. Da wäre zu prüfen, ob diese Änderungen gerechtfertigt sind etwa aus Kostengründen oder weil sowieso Straßenumbauten geplant sind, die den Bau von Radverkehrsanlagen früher oder später mit ermöglichen.
Das Planungsbüro hat sich bei der Festlegung der Prioritäten kurz-, mittel- und langfristig primär von den Kriterien leiten lassen, Nutzen für den Radverkehr und Unfallgefahr zu bewerten.

Außerdem regt die Planungssozietät Via an, zu dem umfangreichen Konzept eine regelmäßige Überprüfung des Fortschritts bei der Umsetzung der Planungen erfolgt (Controlling). Dies scheint mir unerlässlich.

Alles in allem ist mit dem Vorschlag des Radverkehrskonzepts ein Grundstein dafür gelegt, dass es mit dem Radverkehr in Witten deutlich voran gehen kann. Am besten arbeiten wir alle gemeinsam weiter daran, das Witten eine fahrradfreundliche Stadt wird.

Autor:

Joachim Drell aus Witten

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