Wa-Gespräch zum Thema Barrierefreiheit
Für ein Witten ohne Hürden

Die Haltestelle Saalbau hat zwei Seiten: Vor dem Amtsgericht ist sie barrierefrei und unter anderem mit dem taktilen Leitsystem für seheingeschränkte Menschen ausgestattet - vor dem Saalbau ist sie noch nicht modernisiert. | Foto: Barbara Zabka
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  • Die Haltestelle Saalbau hat zwei Seiten: Vor dem Amtsgericht ist sie barrierefrei und unter anderem mit dem taktilen Leitsystem für seheingeschränkte Menschen ausgestattet - vor dem Saalbau ist sie noch nicht modernisiert.
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Rollstuhlfahrer, Menschen mit einer Hör-, Seh- oder kognitiven Beeinträchtigung: Wenn die Stadt, in der sie leben, nicht auf ihre Bedürfnisse angepasst ist, stellt es sie vor Hürden. Wie wird Witten barrierefrei? Dazu haben wir mit der Behindertenbeauftragten Ines Großer und Henning Fort, Verkehrsplaner der Stadt Witten, gesprochen.

Bei dem Erzeugen barrierefreier Räume arbeitet Ines Großer eng mit Behindertenverbänden und Betroffenen zusammen. Gemeinsam mit anderen Akteuren hat sie zu diesem Zweck den Arbeitskreis Inklusion ins Leben gerufen. „Inklusion betrifft sämtliche Bereiche des Lebens“, sagt Großer.
Aktuell stehen auf dem Programm: inklusive Sportangebote und der Ausbau des barrierefreien Internets, etwa über Leichte Sprache. Das nächste Projekt steht in den Startlöchern: Auszubildende der Stadt Witten sollen im Umgang mit Menschen mit Behinderung sensibilisiert werden. Hierfür probieren sie unter anderem einen Altersanzug an, der sie die Bedürfnisse von Senioren nachempfinden lässt.

Viele Maßnahmen geplant

Alle Änderungen in der Stadt folgen einem Inklusionsplan. Der sieht zum Beispiel vor, dass das neue Gebäude des Albert-Martmöller-Gymnasiums für alle Menschen zugänglich sein wird. Auch beim Umbau des Karl-Marx-Platzes und der Sprockhöveler Straße sind leichtere Zugänge geplant.
Für die Zusammenarbeit mit dem Planungsamt im Bereich Verkehrsplanung ist Henning Fort zuständig. Er erklärt barrierefreie Stadtentwicklung am Beispiel des ÖPNV: Insgesamt befinden sich 352 Straßenbahn- und Bushaltestelle in Witten, von denen 301 in der Baulast der Stadt liegen. "In Witten haben wir einen beschlossenen Ausbauplan und eine Prioritätenliste für Haltestellen", sagt Fort. Diese richtet sich vorrangig nach der Bedeutung der Zustiege, gemessen an Fahrgastzahlen.
Parallel läuft das Straßen- und Wegekonzept, denn: Was nützt es Betroffenen, wenn der Zustieg an der Haltestelle ebenerdig gestaltet ist, aber sie unüberbrückbare Hürden auf dem Weg dahin vorfinden? Bei der Sanierung der Billerbeckstraße wurde die Gelegenheit beim Schopfe gepackt: Die anliegenden Haltestellen werden modernisiert. Das gilt auch für den Karl-Marx-Platz. Das hat den positiven Effekt, das Gelder aus mehreren Töpfen für den barrierefreien Ausbau zur Verfügung stehen. Für diesen sind aktuell 90.000 bis 100.000 Euro jährlich vorgesehen. Zum Vergleich: Ein Steig kostet im Schnitt 25.000 bis 50.000 Euro.
In der Regel wird ein Jahr im Voraus ein Vorentwurf in Abstimmung mit anderen Ämtern ausgehandelt. "Wenn wir das Okay bekommen, gehen wir in die weitere Planung, auch mit Frau Großer zusammen", erläutert Fort.


Was ist eine barrierefreie Haltestelle?

Die Anforderungen an eine Haltestelle sind vielfältig: Sie sollte 18 Zentimeter hoch sein und eine Steigung von drei Prozent aufweisen; sogenannte taktile Leitsysteme und Kontraststreifen auf dem Boden sowie kontrastreiche Glaswände geben Seheingeschränkten Orientierung; und es ist unerlässlich, dass auch Informationen zum Fahrplan in Einfacher oder Leichter Sprache und akustisch angeboten werden; nicht zuletzt müssen die Busse selbst barrierefrei aufgestellt sein. Insgesamt erfüllen 34,5 Prozent aller Steige im Stadtgebiet diese Ansprüche - 32,7 Prozent Bus- und immerhin 56,6 Prozent Bahnsteige.
Diese Neuerungen stoßen nicht immer auf Verständnis, wissen Großer und Fort, denn: Der Umbau kostet nicht nur Geld, sondern auch Platz. Dann kann das neue Mobilitätskonzept um eine barrierefreie Haltestelle herum dazu führen, dass zum Beispiel Parkplätze wegfallen. Aus Gesprächen mit Betroffenen weiß Ines Großer: "Die Barrieren in den Köpfen der Menschen sind das Problem." 

Hintergrund: Inklusionsplan

Für weitere Infos können Interessierte den Inklusionsplan (Alltagssprache und Leichte Sprache) und den Jahresbericht von Ines Großer hier einsehen.
Wenn Sie als Betroffene mit Ihren Erfahrungen zum Thema beitragen wollen, diskutieren Sie gerne in den Kommentaren mit!

Autor:

Nicole Martin aus Witten

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