Marco Massafra brilliert in "Kohlhaas" im Rottstr5-Theater

Marco Massafra in "Kohlhaas". | Foto: Schnorrbusch
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Das Prinzregenttheater hat die laufende Spielzeit mit einer Adaption von Heinrich von Kleists Novelle „Michael Kohlhaas“, erstmals 1810 erschienen, eingeläutet. Nun bringt auch das Rottstr5-Theater den Stoff auf die Bühne. Therese Dörr zeigt mit „Kohlhaas“ erstmals eine Regiearbeit im Theater unter den Gleisen.

Dörr, seit 2010 Ensemblemitglied am Bochumer Schauspielhaus, hält sich weitgehend an den Originaltext und bringt diesen als Ein-Mann-Stück auf die Bühne – mit Marco Massafra, der ebenfalls regelmäßig an der Königsallee zu sehen ist. Den beiden gelingt es, die Handlung der Novelle, die um die Mitte des 16. Jahrhunderts angesiedelt ist, in die heutige Zeit zu übertragen.
Massafra fungiert als Erzähler, der im Laufe des Abends in die verschiedensten Rollen schlüpft und dabei auch sein komödiantisches Talent unter Beweis stellt. Der Alltag seiner Erzählerfigur ist geprägt von einem Touchscreen und Smoothies. Umso befremdlicher wirkt zunächst, was er mitzuteilen hat.

Geschichte ist überraschend aktuell

Da ist die Geschichte des Pferdehändlers Kohlhaas, von dem der Junker Wenzel von Tronka ohne Rechtsgrundlage zwei Pferde als Pfand verlangt. Als der Händler sein Hab und Gut zurückfordert, muss er feststellen, dass die Tiere abgemagert und damit wertlos geworden sind. Verständlicherweise erwartet er von der Obrigkeit, dass diese für einen Ausgleich des ihm entstandenen Schadens sorgt. Auch Kohlhaas' Frau greift in den Streit ein und kommt auf tragische Weise ums Leben. Für den Rosshändler gibt es nun kein Halten mehr: Er setzt sich an die Spitze eines Heerhaufens und startet einen unerbittlichen Rachefeldzug. Auch das Eingreifen Luthers, der Kohlhaas durchaus wohlgesonnen ist, kann die Gewaltspirale letztlich nicht unterbrechen. Der Händler, der in seinem Kampf um Gerechtigkeit jedes Maß verloren hat, triumphiert bei seiner Hinrichtung auf eigentümliche Weise über die Obrigkeit.
Das Prinzregenttheater legt den Akzent auf die Grauzone, in der die Titelfigur sich bewegt – Kohlhaas ist weder Held noch Antiheld. Dörr setzt einen anderen Schwerpunkt: Die Eskalation, die der Geschäftsmann und Familienvater in Gang setzt, erinnert an aktuelle Gewaltexzesse – Terror, Bürgerkriege, zwischenstaatliche Konflikte. Dass am Anfang oft das durchaus berechtigte Gefühl steht, ungerecht behandelt worden zu sein, kann nicht als Rechtfertigung dienen, sollte aber auch nicht übersehen werden.
Marco Massafra nutzt die Freiräume, die Text und Inszenierung ihm bieten, gekonnt aus und erweist sich einmal mehr als Ausnahmeschauspieler.

Termine
Am Sonntag, 11. Dezember, ist „Kohlhaas“ um 19.30 Uhr wieder im Theater an der Rottstraße 5 zu sehen.
Auch am Samstag, 7. Januar 2017, wird das Stück um 19.30 Uhr aufgeführt.

Autor:

Nathalie Memmer aus Bochum

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