Buchbesprechung
Klaiber und der Galaterbrief

Walter Klaiber: Der Galaterbrief; Neukirchener Verlag Neukirchen-Vluyn 2013; 231 Seiten; ISBN: 978-3-7887-2713-0

Der Brief des Paulus an die Galater kurz Galaterbrief, abgekürzt Gal) ist ein Buch des Neuen Testaments der christlichen Bibel.

Die moderne Bibelwissenschaft sieht es in Übereinstimmung mit der Tradition als gesichert an, dass der Apostel Paulus von Tarsus der Autor des Galaterbriefs ist. Der Galaterbrief ist dabei eine ausgezeichnete autobiographische Quelle, da Paulus hier über die wichtigsten Stationen auf seinem Weg als Christ berichtet.

Zwei verschiedene Möglichkeiten werden in der Forschung diskutiert. Zum einen könnte der Volksstamm der Galater gemeint sein. Die Galater waren ein seit 278 v. Chr. bei Ankyra (heute Ankara) in Kleinasien (der heutigen Türkei) ansässiger keltischer Volksstamm. Von römischen Autoren wurden sie auch als Gallo-Griechen bezeichnet.

Zum anderen könnten mit „Galater“ Bewohner der römischen Provinz Galatien gemeint sein. Die Landschaft Galatien war eine Hochebene rings um Ankara. Die römische Provinz Galatien reichte über die Landschaft Galatien hinaus und umfasste u. a. Teile von Phrygien sowie die Landstriche Pisidien, und Lykaonien, in denen sich die auf Paulus’ erster Missionsreise besuchten Städte Antiochia in Pisidien, Ikonion, Lystra und Derbe befanden. Möglicherweise gehörte auch die Region Pamphylien und damit die Städte Attalia und Perge zur Provinz Galatien, die Paulus  besucht hat, aber dies lässt sich aus den antiken Quellen nicht eindeutig erkennen.

Es ist nicht eindeutig, ob Paulus den Brief an christusgläubige Kelten oder die Bewohner der Landschaft Galatien gerichtet hat. Aus dem Inhalt geht jedoch klar hervor, dass es sich bei den Adressaten um Heidenchristen handelt, die von Judenchristen zur Annahme der Beschneidung gedrängt wurden. Dass in der Landschaft Galatien Juden erst im 5. Jahrhundert nachzuweisen sind, spricht für die Provinzhypothese.

Der Brief wird meistens auf (54 oder) 55 datiert, manchmal auf ca. 47.

Der Galaterbrief ist der am schärfsten formulierte Brief, der uns von Paulus erhalten ist. Es gibt weder den üblichen Dank am Anfang noch Grüße am Schluss, dafür Ausdrücke wie Mich wundert, dass… oder In Zukunft mache mir niemand weiter Mühe!

Anlass des Briefs war eine alarmierende Nachricht, dass in den galatischen Gemeinden judenchristliche Missionare aufgetreten waren, die von den Heidenchristen die Beschneidung und Einhaltung der jüdischen Zeremonialgesetze forderten und so einen Kompromiss zwischen der von Paulus verkündeten freien Gnade Gottes und dem mosaischen Gesetz suchten. Diese Vorgehensweise widersprach der von Paulus und den übrigen Aposteln auf dem sogenannten Apostelkonzil in Jerusalem ausgehandelten Einigung, nach der von den an Christus glaubenden und getauften Nichtjuden die Einhaltung der Speisegesetze nur in ihren Kernbestimmungen (kein Blut, kein Aas, kein heidnisches Opferfleisch) verlangt werden sollte. Paulus stellt in seinem Brief dar, wie diese Einigung gefunden wurde, und verurteilt die neuen Forderungen an die Galater als Irrlehre.

Die Gliederung des Textes sieht folgendermaßen aus:

  1. Vorwort (1,1–5)
  2. Berufung des Paulus als Apostel, Verkündigung des von Gott empfangenen Evangeliums (1,6–2,10)
  3. Konflikt zwischen Paulus und Petrus in Antiochia (Antiochenischer Zwischenfall) (2,11–21)
  4. Erlösung nicht aus dem Gesetz, sondern aus dem Glauben (3,1–5,12): Hier polemisiert der Apostel in Gal 4,9-10 EU gegen die unter den Galatern verbreitete Praxis, die Tage oder Monate für bestimmte Handlungen nach astrologischen Regeln festzulegen: Dies mache sie zu Sklaven astraler Mächte, der „Elementarmächte“, an die sie doch eigentlich gar nicht glaubten.
  5. Ermahnungen und Warnungen mit dem Aufruf, die in Jesus Christus geschenkte Freiheit des Geistes zu leben (5,12–6,10)
  6.    Frucht des Heiligen Geistes (5,22–23)
  7. Briefschluss (6,11–18).

Der Galaterbrief steht im Mittelpunkt der gegenwärtigen Auseiandersetzung um das "richtige" Verständnis der Rechtfertigungslehre. Worum gint es in Galatien wirklich? Hat die paulinische Rechtfertigungslehre über die historisch einmalige Situation hinaus auch heute noch Bedeutung? Was ist mit den "Werken des Gesetzes" gemeint?

Der vorliegende und hier vorgestellte Kommentar möchte diese Fragen beantworten. "Paulus arbeitet über die in Galatien verhandelten einzelnen Themen hinaus die grundsätzliche Bedeutung des Konflikts heraus. Dabei berücksichtigt Klaiber, daß Paulus in der Frage nach der Bedeutung des Gesetzes und der bleibenden Berufung Israels im Römerbrief gewisse Differenzierungen und Korrekturen vornahm. Dennoch hat der Galaterbrief (...) eine eigenständige Botschaft und darf nicht als "Entwurf" für den Römerbrief abgewertet werden." So berichtet es die Inhaltsangabe auf dem hinteren, grün-weißen Buchdeckel.

Klaiber ist Jahrgang 1940. Nach dem Studium der Evangelischen Theologie war er 1965 - 1969 Gemeindepastor, 1969 - 1971 Wissenschaftlicher Assistent in Tübingen im Fach Neues Testament (Abschluß: Promotion), 1971 - 1989 DOzent für Neues Testament und Griechisch am Theologischen Seminar der Evangelisch-methodistischen Kirche in Reutlingen (ab 1977 auch dessen Direktor) und dann, gewissermaßen als Höhepunkt der beruflichen Laufbahn) 1989 - 2005 Bischof der EmK.

Die Zeiten bei der Deutschen Bibelgesellschaft sowie der ACK - Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland seien hier vernachlässigt.

Dieser lange Vorspann läßt es erahnen: Hier schreibt ein ausgewiesener Fachmann für Fachleute, die sich intensiv für die Bibel interessieren - Theologiestudenten beispielsweise. Für "normale" Gottesdienstbesucher ist das vorliegende Werke schlichtweg zu tiefgründig, umfassend und umfangreich.

Hinzu kommt: Im sonntäglichen Alltag, also in den Gottesdiensten und MEsen, kommt der Galaterbrief viel zu wenig vor, als daß ein solches Fachwissen erforderlich wäre - dies gilt nicht nur für die evangelisch-methodistische Freikirche, sondern auch für die übrigen christlichen Konfessionen.

Das Buch vermittelt also Spezialwissen, das in ruhigen Stunden der Muße vom Leser erschlossen werden kann.

Autor:

Felicia Rüdig aus Duisburg

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