Offensichtlich wenig Interesse am Kirchentag: Veranstalter bitten händeringend um Unterkünfte
Kirchentag: Bettenmangel Armutszeugnis für die Evangelische Gemeinschaft

Die Kirchentagsveranstalter haben Probleme Unterkünfte für die Teilnehmenden zu finden. | Foto: DEKT
  • Die Kirchentagsveranstalter haben Probleme Unterkünfte für die Teilnehmenden zu finden.
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Eigentlich soll der 37. Deutsche Evangelische Kirchentag in Dortmund im Juni des Jahres 2019 nach unserer Zeit ein großes Fest des protestantischen Glaubens werden. Doch irgendwie scheint Sand im Getriebe zu sein. Händeringend suchen die Veranstalter seit Monaten gebetsmühlenartig noch für tausende Teilnehmende eine private Unterkunft.

Dabei begleitet doch die Presse seit Monaten den Kirchentag mit einer kaum vorstellbaren positiven Pressekampagne. Kein Wort mehr über die 2,7 Millionen Euro Kirchentagssubventionen der Stadt Dortmund, in der jedes dritte Kind von Sozialleistungen leben muss, kein Wort mehr über den Verzicht des Kirchentages auf eine Auseinandersetzung mit den Missbrauchsfällen, die die Kirche schon seit einem Jahrzehnt mehr behindert als aufarbeitet (laut dem EKD-Kulturbeauftragten Johann Claussen müsse die Kirche die dunklen Seiten der sexuellen Befreiung der 68er untersuchen!), kein Wort über die überbordende Nähe zur großen Politik, deren Frontmänner und -frauen wie selbstverständlich (Merkel, de Maiziere, Nahles, Laschet, Giegold, Göring-Eckardt) den Kirchentag als Bühne nutzen und in den Organisationsstrukturen des Kirchentags auch die Richtung vorgeben, kein Wort über die prekären Arbeitsverhältnisse bei den Angestellten von kirchlichen Unternehmen, insbesondere denen des Kirchentagträgervereins, der für jeden Kirchentag extra gegründet wird, kein Wort über die Umsatzverluste der Innenstadtkaufleute, die gute Mine zum bösen Spiel machen müssen, wenn für den Kirchentag mal eben der Ostwall komplett gesperrt wird.

Ein echtes Armutszeugnis ist die verzweifelte Suche der Kirchentagsverantwortlichen nach Unterkünften aber letztlich auch für die Evangelische Glaubensgemeinschaft. In Dortmund und den benachbarten Städten und Kreisen wohnen rund 621.000 evangelische Menschen. Offensichtlich sind diese aber gar nicht bereit ein paar tausend ihrer eigenen Glaubensbrüdern und Glaubensschwestern für ein paar Tage aufzunehmen. Da inzwischen aus schierer Not auch Quartiere in weiter entfernten Städten wie Essen oder Gelsenkirchen gesucht werden, kommt man rasch auf über 1.000.000 potentielle evangelische Gastgeber.

Kein Interesse am eigenen Kirchentag
Erstaunlich ist die Zahl von 621.000 quasi vor Ort wohnenden Protestanten auch angesichts der von den Veranstaltern aus dem gesamten Bundesgebiet erwarteten Teilnehmerzahl  von nur 100.000 Menschen (davon vermutlich bis zu 30.000 Mitveranstaltende & Helfer), die von Kritikern sowieso schon als viel zu hoch bewertet wird (Stichwort: Scheinriese Kirchentag). Offensichtlich besteht nicht nur ein geringes Interesse Teilnehmer aufzunehmen, sondern ein noch geringeres Interesse der Protestanten überhaupt an ihrem eigenen Kirchentag teilzunehmen.

Wer sich nicht darauf verlassen möchte, dass die milliardenschwere Evangelische Kirche (Einnahmen allein aus Kirchensteuer 2017 in Höhe von 5,67 Milliarden Euro) für die Ärmsten unter ihren Glaubensbrüdern und -schwestern im Zweifel eine Low-Budget-Hotelunterkunft finanziert, kann noch etwas für sein Seelenheil unternehmen, indem er einen Schlafplatz unter Telefon 0231- 99768-200 meldet.

Update: In einer früheren Version des Textes stand, dass die Evangelische Kirche noch kostenlose Privatunterkünfte sucht. Tatsächlich ist es so, dass die Privatpersonen, die Gläubige aufnehmen wirklich nichts dafür erhalt. Die Kirchentagsveranstalter aber schon. Diese lassen sich die privat gestellten Unterkünfte von den Gläubigen bezahlen...

Autor:

Carsten Klink aus Dortmund-Ost

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