Das Bremer Laternenparker-Urteil
Hintergrund und macht es noch Sinn?

Wenn über Möglichkeiten, aus Umwelt- und Klimaschutzgründen umweltfreundliche Mobilität zu fördern nachgedacht wird, ohne die Bevölkerung in ihrer Bewegungsfreiheit einzuschränken, ist häufig eine Reduzierung des ruhenden Autoverkehrs im Gespräch. Durch diese könnte mehr Platz für Fußgänger und Fahrradfahrer geschaffen werden.

Wie aber kam es überhaupt dazu, dass PKWs abgesehen von geringfügigen Einschränkungen und Parkverboten nahezu überall im öffentlichen Raum abgestellt werden dürfen und was war der Hintergrund? Sind die damaligen Voraussetzungen heute noch die Gleichen?

Ausschlaggebend war das sogenannte "Bremer Laternenurteil" von 1966. Bis zu diesem Zeitpunkt musste man für die Zulassung eines privaten Automobils einen Stellplatz nachweisen. Im Jahr 1957 entschloss sich ein Kaufmann aus Bremen, seinen Lieferwagen über Nacht einfach illegal in der Nähe seiner Wohnung am Straßenrand abzustellen, da ihm kein privater Stellplatz zur Verfügung stand. Das Bremer Ordnungsamt entschied, dass hier ein Gesetzesverstoß vorlag und untersagte dem Fahrer auf Androhung eines Bußgelds das Parken auf der Straße. Doch der Falschparker zeigte sich uneinsichtig und parkte erneut am Straßenrand. Nach einer weiteren Abmahnung zog der Kaufmann vor Gericht und zettelte einen Rechtsstreit an, der über neun Jahre anhielt und vom Bundesverwaltungsgericht entschieden werden musste.

Der ausschlaggebende Grund, das Parken am Straßenrand zu legalisieren, war, dass man die Motorisierung Deutschlands vorantreiben wollte und die Anzahl privater Stellplätze oder Garagen dafür nicht ausreichte.

Und wie sieht es heute aus? Die Motorisierung Deutschlands braucht nicht mehr vorangetrieben zu werden, denn diese hat längst stattgefunden. Familien mit erwachsenen Kindern, in denen jedes Familienmitglied einen eigenen PKW besitzt, sind keine Seltenheit mehr.

Statt dessen rückt ( notwendigerweise ) ein anderer Aspekt immer mehr in den Vordergrund: Der des Klimaschutzes. Sollte dieser vor der Motorisierung Deutschlands Priorität bekommen, ist es durchaus möglich, dass das Laternenparker-Urteil gekippt wird.

Aber kann man den Autofahrern überhaupt sozial verträglich die Möglichkeit, überall am Straßenrand zu parken, entziehen?

Hier muss man insbesondere dafür sorgen, dass Bewohnern von Mehrfamilienhäusern genügend Parkmöglichkeiten, beispielsweise in Garagenhöfen, Tiefgaragen und öffentlichen Parkplätzen, zur Verfügung stehen. Für einen Durchschnittsmenschen ohne Gehbehinderung ist dafür durchaus die gleiche Weglänge zumutbar, die er auch zur nächsten ÖPNV-Haltestelle zurücklegen müsste.

Was aber, wenn dieser Autofahrer schwere Lasten zu transportieren hat? Nun, dafür sollte es die Möglichkeit des Kurzzeitparkens zum Ein- und Ausladen geben. Geschäfte, die schwere Gegenstände verkaufen, haben in der Regel sowieso Kundenparkplätze.

Und was ist mit Besuchern? Nun, die öffentlichen Parkplätze und Tiefgaragen sollten so konzipiert sein, dass auch eine Reihe Besucherparkplätze zur Verfügung steht.

Und was ist mit Gehbehinderten? Nun, für diese sollten Ausnahmeregelungen gelten, so dass diese - eine entsprechende Kennzeichnung ist deutlich sichtbar in PKW zu hinterlegen - nach wie vor direkt vor der Haustür parken können.

Und was bringt das Ganze? Nun, die frei gewordenen Flächen könnte man umwidmen und umgestalten, zum Beispiel in die in vielen Städten dringend benötigten ausreichend breiten und sicheren Fahrradwege.

Autor:

Astrid Günther aus Duisburg

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