Abschied aus Schönebeck nach über 26 Jahren
Klemens van der Mee : Der Dorfdoktor sagt leise Servus

Das Ehepaar van der Mee mit den beiden Söhnen Matthias und Andreas. Seit gestern sind die zwei offiziell im Ruhestand. Den wollen sie genießen, aber auch etwas tun. Ehrenamtliches Engagement ist angesagt. | Foto: privat
  • Das Ehepaar van der Mee mit den beiden Söhnen Matthias und Andreas. Seit gestern sind die zwei offiziell im Ruhestand. Den wollen sie genießen, aber auch etwas tun. Ehrenamtliches Engagement ist angesagt.
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Wenn in dem kleinen Tiroler Bergdorf jemand von einem Zipperlein geplagt wird, dann ist klar, wohin der Weg ihn führt: direkt in die Praxis von Dr. Martin Gruber. Der "Bergdoktor" in der gleichnamigen ZDF-Serie ist genau der richtige Ansprechpartner für alle kleineren und größeren gesundheitlichen Probleme. Und auch für alles andere, was den Dorfbewohnern sonst noch so auf der Seele liegt. Alpen gibt es in Schönebeck nicht. Aber einen "Dorfdoktor" hat der Stadtteil oberhalb des Winkhauser Tals auch. Doktor Klemens van der Mee.

"Die Bezeichnung Dorfdoktor würde mein Mann ganz sicher nicht als despektierlich empfinden", ist sich Ehefrau Gitte sicher. "Er würde verstehen, dass eine ganze Menge Wertschätzung darin liegt. Und die muss man sich verdienen."

Funktionierende Arbeitsteilung

In der Hausarztpraxis an der Schönebecker Straße haben die Eheleute gemeinsame Sache gemacht. Sich in gerechter Arbeitsteilung um die Patienten gekümmert: er als Allgemeinmediziner, sie als Sprechstundenhilfe. Und gemeinsam werden sie nun auch den Schlussstrich ziehen. Unter mehr als zweieinhalb Jahrzehnte gemeinsamer Berufstätigkeit. Seit gestern ist offiziell Schluss mit Praxis und Patienten.
Der "medizinische Nachlass" ist längst geregelt. Dr. Thomas Temme, der bereits seit 15 Jahren als Partner mit in der van der Meeschen Praxis tätig ist, hat sich mit Dr. Carsten Swak einen zweiten Internisten an die Seite geholt. Der Praxisbetrieb an der Schönebecker Straße 77 läuft weiter. Ohne die van der Mees allerdings.

Zaubertür vom Esszimmer in die Praxis

Die haben in dem Haus nicht nur gearbeitet, sondern auch gewohnt. "Es gab eine Zaubertür, die vom Esszimmer direkt in die Praxis führte", erzählt Gitte van der Mee. Die wird nun zugemauert. Denn der Wohntrakt ist verkauft. So Tür an Tür mit der alten Praxis und den Patienten, das können und wollen sie nicht, haben die Eheleute für sich entschieden. Sie ziehen in die Nachbarschaft, kurz hinter die Mülheimer Stadtgrenze. Zum Einkaufen und zu allen wichtigen Anlässen im Dorf werden sie weiterhin nach Schönebeck kommen. Das ist Ehrensache. Zum diesjährigen Maibaumfest allerdings noch nicht.

Abschied fällt beiden sichtlich schwer

Denn der Abschied fällt dem Allgemeinmediziner und seiner Frau sichtlich schwer. "Wir müssen jetzt erst einmal Abstand gewinnen, um den neuen Lebensabschnitt dann auch genießen zu können."
Klemens van der Mee ist alter Schönebecker, wie man im Volksmund so sagt. Und als solcher wollte er sich nach Medizinstudium und zehn Jahren Tätigkeit an der Klinik in Niederberg unbedingt in seiner Heimat niederlassen. Seine Frau stand ihm von Beginn an - als die Kinder noch klein waren allerdings zunächst nur vormittags - zur Seite.

Am dritten Tag kam überhaupt niemand mehr

An den ersten Praxistag im Januar 1993 können sich die van der Mees noch gut erinnern. Es waren zwölf Patienten da. "Am zweiten waren es drei und am dritten ist dann überhaupt niemand gekommen", weiß Gitte van der Mee noch genau. Die Flaute hielt aber nur kurze Zeit. Zuletzt umfasste die Behandlungsdatei fast 26.000 Patienten. "Tagtäglich waren es über 200, die zu uns in die Praxis gekommen sind." Ob Checkup, eine Überweisung zum Augenarzt oder eine neue Rezeptanforderung. Die Praxis des "Dorfdoktors" war für all diese Dinge die richtige Anlaufstelle. Doch das ist nun Geschichte. Dass ihr Mann gut zuhören kann und immer ganz Mensch geblieben ist, macht ihn für Ehefrau Gitte zu einem guten (Dorf)Arzt. "Sein ganzes Berufsleben lang wollte er einfach nur eines, dass es den Leuten wieder gut geht."

Privat und beruflich ein Klasse-Team

Mit 66 Jahren sollte Schluss sein mit der Praxis. So hatte es sich Klemens van der Mee vorgestellt. Doch auch ein Doktor kann krank werden. Vor zwei Jahren bekam der Schönebecker Mediziner die schlimme Diagnose Krebs. "Seine Krankheit hat ihn sehr viel Substanz gekostet", berichtet Gitte van der Mee. Ein Grund für den vorzeitigen Rückzug in den Ruhestand. Dass die beiden es - hätten sie die Wahl - noch einmal ganz genauso machen würden, steht für sie fest. Privat und beruflich hat es super funktioniert. "Vielleicht weil wir als Typen doch sehr unterschiedlich sind", versucht sich die Schönebeckerin an einer Erklärung.

Das Ehepaar van der Mee mit den beiden Söhnen Matthias und Andreas. Seit gestern sind die zwei offiziell im Ruhestand. Den wollen sie genießen, aber auch etwas tun. Ehrenamtliches Engagement ist angesagt. Foto: privat

Autor:

Christa Herlinger aus Essen-Borbeck

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