„Ermittlungsgruppe Jugend“ der Polizei zieht Zwischenbilanz

Die Arbeit mit der Jugend soll weitere Festnahmen verhindern.Foto: Rike/pixelio
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Wer früh und mehrfach straffällig wird, fällt in die Gruppe junger Straftäter. Um deren Betreuung kümmert sich in Essen seit vier Jahren die „Ermittlungsgruppe Jugend“. Und die Arbeit trägt erste Früchte: In 40 Prozent der Fälle seien die Kriminalkarrieren erfolgreich gestoppt, wie Kriminaloberat Manfred Joch jüngst verkündete.

So im Falle eines jungen Esseners, welcher im Jahr 2000 mit seinem Vater aus dem arabischen Raum immigrierte. Die Mutter, so denkt er, sei tot. Zehn Jahre später, inmitten der Pubertät, erfährt der Jugendliche die Wahrheit, dass seine Mutter damals weggelaufen war. In seiner Verzweiflung wird er verhaltensauffällig, greift zu Gewalt. „Er hat seinen Vater vermöbelt“, schildert Joch. Kurz darauf flieht er in ein Heim, wo er jedoch in Kontakt mit BTM kommt, abhängig wird. Seine Gewaltbereitschaft nimmt zu, nun vergreift er sich auch an Lehrern und wird seiner Schule verwiesen. Nach dem erzwungenen Wechsel droht er mit einem Amoklauf. Weitere Straftaten folgen. Der Jugendliche landet im Intensivtäterprogramm.
„Der Erstkontakt mit der Ermittlungsgruppe Jugend verlief schwierig“, so Joch. Mithilfe eines Platzes in einer auswärtigen Jugendeinrichtung gelingt es, seine kriminellen Kontakte zu kappen. Obwohl er weiter zu Drogen greift, wächst sein Interesse an schulischen wie sportlichen Aktivitäten. So auch das Vertrauen zu den Betreuern. Das Ergebnis: Der Junge macht eine Drogentherapie, steht kurz vor dem Hauptschulabschluss mit Aussicht auf ein Kfz-Praktikum, hat Fachabitur und Berufsausbildung im Visier. Mit dieser Positivprognose wurde er nun, im März, aus dem Programm entlassen. „Er hat sich ein Jahr bewährt“, erklärt Joch. Das ist natürlich der Optimalfall. Mit ihm verließen in 2011 insgesamt 37 junge Intensivtäter das Programm. Nicht alle aber haben zurück ins Leben gefunden, im Gegenteil, viele von ihnen sitzen (wieder) in Haft. Eine erstmalige Nachhaltigkeitsuntersuchung zeigt: Inhaftiert werden nach dem Ausscheiden aus dem Programm rund 50 Prozent der vormals Betreuten. Etwa acht Prozent begingen im Folgejahr drei Straftaten oder mehr. Noch zwei Rückfälle haben sich vier Prozent geleistet, 16 Prozent begingen eine weitere Straftat und immerhin 22 Prozent blieben im Anschluss straffrei. „Dem muss man hinzufügen, dass es sich bei den Gruppen mit ein oder zwei Folge-Taten zumeist um Schwarzfahren handelt“, so Joch. Also eher Bagatelldelikte, wenn man die Vorgeschichte der Betroffenen berücksichtige. „Um als Intensivtäter betrachtet zu werden müssen die Unter-21-Jährigen immerhin mindestens fünf schwerwiegende Straftaten wie Körperverletzung, Raub, schwerer Diebstahl, Erpressung oder ähnliches innerhalb von zwölf Monaten begangen haben“, erinnert Joch.

EG Jugend

Die „Ermittlungsgruppe Jugend“ der Polizei Essen/Mülheim besteht seit April 2008. In Zusammenarbeit mit Jugendamt, Staatsanwaltschaft, Jugendrichtern wie Jugendhilfen sollen zwölf- bis zwanzigjährige Intensivtäter betreut und von ihrer Bereitschaft zu Gewalt, Rauschmittelkonsum und weiteren Straftaten abgebracht werden. Gegründet wurde die Komission vor allem aufgrund der ständig steigenden Gewaltdelikte durch Jugendbanden in Altendorf („Altendorfer Kanacken“) und Borbeck in 2007. Die Arbeit der Ermittlungsgruppe ist häufig auch sozialer Natur. Es gilt, den Jugendlichen Vertrauen zurück zu geben, Struktur zu schaffen und Ziele zu erarbeiten. Zum 1. Januar 2012 hatte die EG 83 junge Intensivtäter betreut; 37 wurden in 2011 entlassen, 38 aufgenommen und 17 sitzen derzeit ein.

Autor:

Sara Drees aus Dortmund

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