Aufarbeitung brauner Geschichte in Heisingen
Ernst Tengelmann - NS-Täter als Namengeber für Ruhrbahnhaltestelle

Langsame Geschichtsaufarbeitung in Heisingen:  Der grüne Ratsherr Jan-Karsten Meier und die grüne Fraktion im Stadtbezirk 8 hatten mit einem Antrag zur Umbenennung der Haltestelle bereits im November 2021 einen Mehrheitsbeschluß der Bezirksvertretung erreichen können: Die Haltestelle Tengelmannring soll in Soniusweg umbenannt werden. Passiert ist seitens der Ruhrbahn bisher leider nichts. | Foto: Walter Wandtke
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  • Langsame Geschichtsaufarbeitung in Heisingen: Der grüne Ratsherr Jan-Karsten Meier und die grüne Fraktion im Stadtbezirk 8 hatten mit einem Antrag zur Umbenennung der Haltestelle bereits im November 2021 einen Mehrheitsbeschluß der Bezirksvertretung erreichen können: Die Haltestelle Tengelmannring soll in Soniusweg umbenannt werden. Passiert ist seitens der Ruhrbahn bisher leider nichts.
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Tengelmann soll endlich weg: Auch anderthalb Jahre nach dem Mehrheitsbeschluß der Bezirksvertretung 8 - Ruhrhalbinsel ist der unter der NS Diktatur bedeutende Wirtschaftsführer, das NSDAP Mitglied Ernst Tengelmann, noch immer Namensgeber einer Bushaltestelle der Ruhrbahn in Heisingen.
Die Ruhrbahn hat immerhin angekündigt, zum nächsten Fahrplanwechsel der Haltestelle einen historisch ehrenwerten Namen zu geben: "Soniusweg". Diese Änderung ist auch Wunsch der Bezirksvertretung. Anselm Sonius war im 18. jahrhundert ein im Volk beliebter Abt und damit Staatsoberhaupt des Klosters und Kleinstaats Werden. U.a. wollte Sonius keine Verpflegungsgelder für die Preußen und deren siebenjährigen Krieg um Schlesien aus der Werdener Staatskasse zahlen.

Den Ernst Tengelmann Ring gibt es bereits seit 1960. Tengelmanns mehrfache NS-Verflechtungen als Wehrwirtschaftsführer und seine Tätigkeit als einer ersten NSDAP Ratsherrn im essener Stadtrat schon Jahre vor der braunen Machtergreifung 1933 hatten seiner Karriere auch im Nachkriegsdeutshcland kaum geschadet. Vielleicht gibt es jetzt doch eine Initiative, Ernst Tengelmanns Namen von den Blechschildern dieser schmucken Sieldung in Heisingen zu entfernen. | Foto: Walter Wandtke
  • Den Ernst Tengelmann Ring gibt es bereits seit 1960. Tengelmanns mehrfache NS-Verflechtungen als Wehrwirtschaftsführer und seine Tätigkeit als einer ersten NSDAP Ratsherrn im essener Stadtrat schon Jahre vor der braunen Machtergreifung 1933 hatten seiner Karriere auch im Nachkriegsdeutshcland kaum geschadet. Vielleicht gibt es jetzt doch eine Initiative, Ernst Tengelmanns Namen von den Blechschildern dieser schmucken Sieldung in Heisingen zu entfernen.
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Etwaige Aussichten, dass der nahe gelegnene Ernst Tengelmann Ring in Zukunft ebenfalls einen nicht mit brauner Weste belasteten Namen bekommen könnte, sind allerdings äußerst gering.

März 1933: Geld einsammeln für NSDAP Wahlkampf

Bei einer Gedenkveranstaltung am  21. Februar 2023 vor dem Gebäude Bahnhofstraße 65 ging es neben Ruhrbahn-Haltestelle „Tengelmann-Ring“ aber nicht nur um Benennungsfragen. Rund 20 Personen waren der Einladung zu einer Gedenkveranstaltung gefolgt:

90 JAHRE GEHEIMTREFFEN DER NSDAP-FÜHRUNG MIT WIRTSCHAFTSFÜHRERN / ERNST TENGELMANN AM 20.2.1933
Die Einlader und Veranstalter Prof. Dr. Klaus Kost, Henner Höcker (Vors. der Bürgerschaft Heisingen), Jan-Karsten Meier (Ratsherr Grüne /Bündnis 90) wollten gleichzeitig für schwerwiegendere Ereignisse hinweisen, die mit dem 1954 gestorbenen Wirtschaftsführer Ernst Tengelmann und seinem Sohn Wilhelm Tengelmann verbunden sind.
Aus dem Einladungstext:
"Am 20.2.1933 trafen der Reichskanzler Adolf Hitler (gerade am 30.1.1933 ernannt) und Hermann Göring mit den führenden 27 Industriellen – darunter auch Ernst Tengelmann (Vorstandsvorsitzender der Essener Steinkohlebergwerke AG) – in Berlin zusammen. Nach der enttäuschenden und für die NSDAP kostspieligen Reichstagswahl am 6.11.1932 benötigte die Partei dringend Wahlkampfspenden für die bevorstehende Reichstagswahl am 5.3.1933, um die 2/3-Mehrheit für das „Ermächtigungsgesetz“ – und damit das Ende der Weimarer Republik – zu erkämpfen. Ernst Tengelmann leistete einen erheblichen Beitrag zum entscheidenden Spendenaufkommen von ca. 3 Mio. Reichsmark. In den Wahllokalen schüchterten SA-Männer die Wähler ein, die NSDAP gewann die Wahl, und die Gewaltherrschaft und Kriegsvorbereitung begannen. Ohne die Gelder der Industrie und Tengelmann wäre dies wohl so nicht erfolgt.
Während der Nazi-Herrschaft arbeitete Tengelmann eng mit Friedrich Flick, der in Nürnberg als Kriegsverbrecher verurteilt wurde, bei Sklaven- und Zwangsarbeit und Enteignungen zusammen.
Ernst Tengelmann war sowohl Stadtrat in Essen (bis 1945) und IHK-Präsident (bis 1943). Er starb 1954.
In der Zeche Carl-Funke, also im Verantwortungsbereich seines Sohnes Wilhelm Tengelmann (Wehrwirtschaftsführer, SS-Obersturmbannführer und putschender Offizier im Kapp-Putsch), wurde zwischen den Jahren 1947 und 1954 Alois Brunner, die „rechte Hand“ von Adolf Eichmann bei der industriellen Vernichtung der europäischen Juden, unter falschem Namen versteckt. Brunner wohnte im Stauseebogen 114 in Heisingen.
In der Bahnhofstraße 17 wohnte eine der wenigen jüdischen Familien in Heisingen. Über ihr Schicksal wird ebenso berichtet, wie über Widerständlerinnen und Orte der Zwangsarbeit.
Quellen: Thorben Pieper („Ernst Tengelmann … und die Hintergründe der Strassenbenennung Ernst-Tengelmann-Ring in Essen“, 2021); Wikipedia (Ernst Tengelmann, Wilhelm Tengelmann, Alois Brunner, Friedrich Flick)"

21.2. 2023 in Heisingen: Von der Gedenkveranstaltung zum 90. Jahrestag des Geheimtreffens der NSDAP-Führung mit Wirtschaftsführern im deutschen Reich am 20. Februar 1933, das seinerzeit durch Ernst Tengelmann mit organisiert wurde. | Foto: Walter Wandtke
  • 21.2. 2023 in Heisingen: Von der Gedenkveranstaltung zum 90. Jahrestag des Geheimtreffens der NSDAP-Führung mit Wirtschaftsführern im deutschen Reich am 20. Februar 1933, das seinerzeit durch Ernst Tengelmann mit organisiert wurde.
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Nachklang: 
Lokale Geschichtspolitik gegen nationalsozialistische Erbstücke

Schön ist auf jeden Fall, daß neben dem Heisinger Geschichtskreis die Politik zumindest in den Reihen der Grünen und der SPD weiter auf den Weg ist, blinde Flecken in der Aufarbeitung der Diktatur  des Dritten Reichs auch im beschaulichen Vorort Heisingen öffentlich zu machen.
Zu hoffen bleibt auch, dass wir in wenigen Monaten endlich an einer Haltestelle "Soniusweg" auf den Bus warten können.
Den "Tengelmann-Ring" werden wir wohl noch viele Jahre auf dem Stadtplan finden. Vor einigen Jahren hatte es einen erfolgreichen Bürgentscheid in Rüttenscheid, der gegen den Mehrheitsbeschluß der dortigen Bezirksvertretung durchsetzte, die Kriegsminister, Generalobersten und Nazi-Steigbügelhalter "Von Seeckt" und "Von Einem" weiterhin auf den Strassenschildern zu belassen. Mitte der dreissiger Jahre hatte der Nazi Oberbürgermeister Theodor Reismann-Grone veranlaßt, die vorher mit Frauenvornamen belegten Strassennamen durch die beiden Militärs zu ersetzen. Eine Rot-Grün-Rote Mehrheit in der BV II hatten den Strassen die Frauennamen zurückgeben wollen. 
Aber wer weiss, vielleicht könnte in Heisingen ja doch z.B. eine bedeutende Frau , möglicherweise aus den Reihen der NS Opfer oder des Widerstands den Herrn Wehrwirtschaftsführer und IHK Präsidenten Ernst Tengelmann einmal ersetzen?  Mit der notwendigen Beharrlichkeit gelingt das hoffentlich!

Autor:

Walter Wandtke aus Essen-Nord

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