6:5 nach Elfmeterschießen: RWE klopft "Eiserne" weich

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Die rot-weissen Feiertage finden ihre Fortsetzung. Die Mannschaft von Trainer Waldemar Wrobel besiegte im ersten Pflichtspiel nach der Sommerpause den Zweitligisten Union Berlin und zieht damit in die zweite Runde des DFB-Pokals ein. Dramatischer hätte der Pokalabend allerdings kaum ausfallen können.
Zur Überraschung vieler Fans bot Waldemar Wrobel nur drei Neuzugänge in der ersten Elf auf: Maik Rodenberg nahm die Position von Abgang Alexander Thamm neben Vincent Wagner in der Innenverteidigung ein, Kevin Grund ersetzte den verletzten Leon Enzmann. Im Mittelfeld lief Markus Heppke auf. Stefan Grummel und Güngör Kaya, beide mit guten Leistungen in der Vorbereitung aufgefallen, nahmen auf der Bank Platz, der erst 19-jährige Roberto Guirino musste mit der Tribüne vorlieb nehmen.

Von Beginn an versuchten die Hausherren ihrer Rolle gerecht zu werden und das Spiel an sich zu reißen. Die Berliner wiederum wollten keine Zweifel aufkommen lassen: Vier, fünf Offensivspieler lauterten stets in des Gegners Hälfte auf Chancen und unterbanden so geschickt das Aufbauspiel der Bergeborbecker. So blieb die intensiv geführte Partie in der Anfangsphase ohne Höhepunkte. Die erste ernstzunehmende Gelegenheit bot sich Lukas Lenz in der 20. Minute. Nach einem feinen Pass von Timo Brauer lief dieser allein auf den Gäste-Torhüter Jan Glinker zu; der allerdings behielt die Nerven und lenkte den Ball über die Latte. Die anschließende Ecke, getreten von Holger Lemke, verwertete Kapitän Brauer höchstpersönlich per Kopf zum 1:0 – plötzlich führte der Außenseiter.

Spätestens jetzt hätten die Berliner Alarmglocken schrillen sollen, doch das favorisierte Team von Ex-RWE-Trainer Uwe Neuhaus schaffte es nicht, seine Erfahrung auszuspielen. Spielerisch gelang den Gästen so gut wie gar nichts, abgesehen von einer einstudierten Freistoßvariante in der 28. Minute. Christopher Quirings Mittelding zwischen Torschuss und Flanke brachte RWE-Keeper Dennis Lamczyk jedoch kaum in Bedrängnis.

In der zweiten Hälfte musste der Bundesligist also eine Schüppe drauflegen, wollte er sich eine Blamage ersparen. Tatsächlich wurden die Eisernen nach der Pause gefährlicher. Erst wurde ihnen in der 51. Minute ein Treffer aberkannt (Simon Terodde stand nach einem tollen Reflex von Lamczyk im Abseits), dann kratzte Holger Lemke einen Querschläger von der Linie. Allein: Wirklich zwingend und überzeugend waren die Angriffsbemühungen der Gäste nicht. Auf der anderen Seite fehlte den Essenern die letzte Konsequenz im Passspiel. Erst in der 73. Minute brannte es in der Union-Hälfte wieder lichterloh. Jan Glinker versuchte einen aus dem Halbfeld getretenen Freistoß zu entschärfen, ließ den Ball jedoch – bedrängt von Freund und Feind – wieder fallen. Holger Lemke stocherte, der vor zehn Minuten eingewechselte Benedikt Koep schob freistehend zum 2:0 ein.

Jetzt war die ohnehin gute Stimmung auf dem Siedepunkt. "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin", skandierten die RWE-Fans, der Gästeblock bewies Galgenhumor und stimmte mit ein. Doch in den Schlussminuten wurde es nochmal spannend. Patrick Zoundi gelang nach einer gelungenen Einzelaktion der Anschlusstreffer. In den letzten Sekunden warfen die Berliner nochmal alles nach vorne und versuchten, den Underdog mit langen Bällen zu überrumpeln. Ein-, zweimal war Dennis Lamczyk zur richtigen Zeit am richtigen Ort, Simon Teroddes Schuss in der Nachspielzeit wusste der Schlussmann allerdings nicht zu parieren. 2:2! Längst überwunden geglaubte Zeiten waren wieder Wirklichkeit geworden.

Es schien, als sei die Moral der jungen Wrobel-Truppe endgültig gebrochen, Union Berlin startete gut in die Verlängerung. Doch mit zunehmender Spieldauer schwanden die Kräfte der Hauptstädter. Die Rot-Weissen nahmen das Zepter in die Hand, sehr zur Verwunderung der aus den Träumen gerissenen RWE-Anhänger. Standen die Gäste nicht schon seit zwei Wochen voll im Saft? Die Essener bemühten sich, Torraumszenen blieben allerdings weiter Mangelware. So musste die Entscheidung unweigerlich im Elfmeterschießen fallen.

Dennis Lamzcyk parierte gleich den ersten Schuss von Terodde. Dirk Jasmund für RWE und Christoph Menz für Union vollstreckten mehr oder weniger sicher. Maik Rodenberg traf nur den Pfosten und sah wie der Pechvogel des Abends aus. Bis dato hatte der Neuzugang eine starke Vorstellung geliefert. Doch im Gegenzug scheiterte der ehemalige U-Nationalspieler Chinedu Ede an Lamczyk. Heppke, Brauer und Wagner leisteten sich keinen Fehlversuch mehr und sicherten rund 250.000 Euro, die in der zweiten Runde auf das Konto des Traditionsvereins von der Hafenstraße wandern werden.

Und das sicherlich nicht unverdient: Außer dem quirligen Zoundi und dem stets präsenten Patrick Kohlmann agierten die Berliner zu pomadig. Bestnoten auf Essener Seite verdienten sich – neben Elfmetertöter Lamczyk – der resolute Maik Rodenberg und Suat Tokat, der bis zur 89. Minute die Fäden im RWE-Mittelfeld zog. Letztendlich boten aber alle Essener Akteure mehr als ansprechende Leistungen.

Stimmen zum Spiel:

Kerim Avci: "So ein Spiel erlebt man nicht alle Tage, das haben wir super gemeistert. Am Ende haben wir es unserem Torwart zu verdanken, dass wir in die nächste Runde einziehen."

Kevin Grund: "Wahnsinn! Das war einfach nur geil. Mit den Fans im Rücken haben wir das Spiel noch gewonnen. Klar, in den letzten Minuten sahen wir nicht gut aus, aber gegen einen Zweitligisten kann man nicht alles verhindern. Das war mein erstes Pflichtspiel für RWE, besser kann man nicht starten. Wer hätte das gedacht?

Maik Rodenberg: "Ein unbeschreibliches Gefühl, so etwas habe ich noch nie erlebt. Wir haben alles geboten, was man in einem Pokalspiel nur bieten kann. In der zweiten Runde kann nun kommen, wer will."

Dennis Lamczyk: "Mir fällt ein Stein vom Herzen, das ist eine tolle Situation für RWE. Wie ich an die Elfmeter gekommen bin? Zusammen mit dem Torwarttrainer (Thomas Albustin) habe ich was Neues ausgeklügelt…"

Trainer Waldemar Wrobel: "Das ist ein dickes Ding für uns. Man darf nicht vergessen, dass wir uns ein bisschen Taschengeld gesichert haben. Wir haben Ordnung bewiesen und uns sehr seriös verkauft. Das ist keine Arroganz – aber Berlin hat nicht alles abgerufen. Da war nichts, was uns spielerisch vor Probleme gestellt hätte."

Otto Rehhagel (Meistertrainer, Europameister 2004 und Gast im Georg-Melches-Stadion): "Das war ein unglaublicher Pokalfight. Die Essener haben großes Engagement gezeigt, sich in der Schlussphase aber zu weit zurückfallen lassen. Am Ende gehörte ein bisschen Glück dazu, aber RWE hat verdient gewonnen. Wenn die Mannschaft diese Leistung auch in der Liga abrufen kann, kann sie unter die ersten Fünf kommen."

Autor:

Patrick Torma aus Essen-Nord

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