Wo Viele ein bisschen wissen, wissen alle ganz viel: Experiment Kleingarten

Foto: Marjana Križnik

Jäten, pflanzen, ernten und dazwischen auch mal faulenzen und die Sonne genießen: Am Fuße der Halde Zollverein trifft sich seit Neuestem ein Generationen übergreifender Kern aus Interessierten in einer Gartenparzelle, um im Rahmen des Projekts „Experiment Kleingarten“ gemeinsam zu gärtnern und voneinander zu lernen.

Es ist schon ein reizvoller Kontrast: Die Vögel zwitschern, es grünt und blüht - und in der Ferne erblickt man die Silhouette alter Zechenindustrie. Einige Frauen und zwei junge Mädchen haben sich in der Gartenparzelle am Ende der Vinzenzstraße getroffen, um mehr Fläche zum Anbauen zu schaffen. In einem der Beete stehen jede Menge Erdbeerpflanzen in voller Blüte. Die gilt es, vorsichtig auszuheben und das Beet vom Unkraut zu befreien. Das geht schneller, wenn’s vorher geregnet hat: Neu gewonnene Erfahrungswerte. In einem Teil des Beetes soll künftig Gemüse wachsen. Anika Simon von „Zollverein mittendrin“ erläutert: „Welche Sorten, das haben die Frauen, Männer und Mädchen zwischen 12 und Ende 50 gemeinsam erarbeitet: Mangold, rote Bete, Salate, Radieschen, Paprika, Gurken, und Petersilie. Sie fährt fort: „Das ist ein klassischer Gemeinschaftsgarten. Alle können kommen und mitgärtnern, ernten, jäten und alles, was dazu gehört.“

Die 13-jährige Shari Schaub wohnt in Frillendorf und ist „Wiederholungstäterin“ bei Zollverein-Aktionen. „Zuhause habe ich im Garten nicht so viel gemacht, aber hier macht es mir Spaß, weil man mit Anderen zusammen arbeitet,“ sagt die Schülerin. Annette Schulz aus Altenessen findet die Gemeinschaft toll. „Man lernt Leute kennen, teilt die Arbeit, das Wissen und die Verantwortung freut sie sich. Sie findet es klasse, gemeinsam etwas Sinnvolles zu schaffen und voneinander zu lernen. „Ich habe nicht so viel Ahnung von Salat-Anbau, aber da sind Andere, die über dieses Wissen verfügen. Dafür kann ich gut umgraben“, sagt sie lachend. Alessandra Provenzano aus Duisburg, die beruflich nach Katernberg pendelt, sagt: „Ich hatte vorher wenig Erfahrung mit Gartenarbeit und es macht mir Spaß, hier mitzumachen.“ Sabine Baetz aus Holsterhausen berichtet: „Mir spukt das Thema Garten schon seit längerem im Kopf herum. Ich interessiere mich für Wildkräuter und -pflanzen und pflanze schon mal Erdbeeren in der Wohnung an. Ich finde das Projekt schön, um Garten-Erfahrung zu sammeln, umzusetzen, was man schon weiß und anbauen kann, was man essen kann.“

Der Garten ist eine Entdeckungsreise

Der 320 Quadratmeter große Garten ist eine Entdeckungsreise. Vieles war bei Projektstart bereits vorhanden: jede Menge Beerensträucher, ein kleiner Apfelbaum, Schmetterlingsflieder, ein großer Strauch Rhabarber und ein alter, riesiger Rosmarinstrauch, der bescheiden in der hinteren Ecke wächst. Außerdem steht ein wunderschöner Rosenstrauch in voller Blüte. Die Hölzer des Bambusstrauches werden bei den Stangenbohnen zum Einsatz kommen. Denn eine der Ideen hinter dem Garten-Projekt ist: Ressourcen schonendes und nachhaltiges Gärtnern. Die Pflanzen und Setzlinge setzen sich aus Spenden zusammen. Anika Simon: „Es war dem Verein wichtig, nach dem Prinzip des Upcycling vorzugehen: Dinge, die eigentlich weggeworfen werden, umzufunktionieren und Ressourcen schonend zu arbeiten.“ Die Parzelle verfügt weder über Strom noch über fließend Wasser. Alle Arbeiten werden manuell ausgeführt, außerdem gibt es Regenwasserauffangstationen.

Nach der Aussaat und dem Setzen der Gemüsesetzlinge soll in der Gartenparzelle ein größeres Kräuterbeet entstehen. Außerdem sind die zwei vorhandenen Gewächshäuser noch nicht beplant. Anika Simon: „Es bietet sich an, dort Tomaten oder Gurken anzulegen.“ Außerdem in Planung: Der Anbau in Hochbeeten, um zusätzliche Beetfläche zu generieren und das Anlegen eines Komposts. Einer der männlichen Mitstreiter, der die größeren Arbeiten erledigt, möchte einen barrierefreien Weg anlegen. Simon: „Wir haben auf Zollverein noch alte Backsteine, die wir nach dem Prinzip des Up Cycle umnutzen wollen.“ Weitere Themen, die den Teilnehmern wichtig waren: Insektenhotels, Wurmcafés und „bienenfreundliche“ Pflanzen. Außerdem soll ein verwildertes Natursteinbeet wieder nutzbar gemacht werden. Übrigens: Im vorhandenen Geräteschuppen haben die Teilnehmer Infos zum Konzept und einen Pflanzkalender zusammengestellt. Ach ja: In einem alten Speisefass – einer wahren Bergmolch-Oase - machen sich die Tierchen derzeit chic für die Paarungszeit. Anika Simon: „In dem Mikro-Biotop leben um die 15 Bergmolche. Da wollen wir noch Steine hinlegen, dass sie einen Unterschlupf haben. „Wir nutzen diese Gartensaison, um Erfahrungen zu sammeln, voneinander zu lernen aber auch zu überlegen, ob aus hieraus auch ein Projekt zur „Grünen Hauptstadt Europas“ 2017 entstehen kann“, erläutert Anika Simon und fährt fort: „Die Teilnehmer sind ganz unterschiedlich. Alle haben ihre Erfahrungen, die sie einbringen können. Dadurch, dass viele ein bisschen wissen, wissen alle ganz viel.“ Projektleiterin Claudia Wagner fügt hinzu: „Im Rahmen der ‚Grünen Hauptstadt Europas’ gibt es Überlegungen, die Klein- und Gemeinschaftsgärten durch Touren miteinander zu verbinden.“ Es wäre schön, sich da anzuschließen, um noch mehr Touristen in den Bezirk zu führen. Wagner: „Wir möchten Räume schaffen, wo Menschen kreativ werden können. Einen Gemeinschaftsgarten kann man als Stadtteilgarten unter freiem Himmel verstehen.“ Es gibt auch Überlegungen, auf Seniorenheime zuzugehen oder Kitas und Schulklassen einzuladen. Weitere Teilnehmer sind gerne willkommen. Infos unter Telefon 0201/24681315

Autor:

Marjana Križnik aus Düsseldorf

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