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Bürgerreporter des Monats Februar: Walter Wandtke

Am 24. August 2020 übergab die Bürgerinitiative "RadEntscheid Essen" für ein von ihr gestartetes gleichnamiges Bürgerbegehren 23.693 Unterschriften an den Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen. Unterschrieben hat auch seinerzeit Walter Wandtke. Foto: Wandtke
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  • Am 24. August 2020 übergab die Bürgerinitiative "RadEntscheid Essen" für ein von ihr gestartetes gleichnamiges Bürgerbegehren 23.693 Unterschriften an den Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen. Unterschrieben hat auch seinerzeit Walter Wandtke. Foto: Wandtke
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Geboren in Bottrop, in Essen groß geworden, lebt Walter Wandtke seit 35 Jahren in Altenessen.  Rund 20 Jahre hat der engagierte Ruheständler Bürgerradioarbeit im Badehaus an der Zeche Carl betrieben. Zudem engagiert er sich seit Mitte der achtziger Jahre bei den Grünen. Walter Wandtke ist unser Bürgerreporter des Monats Februar.

1. Bitte stelle dich in fünf Sätzen kurz selbst vor.
1956 in Bottrop geboren habe ich Kindheit und Jugend mit Etappen in Borbeck, Frohnhausen, und Rüttenscheid erlebt. Im späteren Lehramtsstudium konnte ich auch wunderschöne 2 Jahre in einem Zechenhaus am Baldeneysee in Heisingen verbringen. Nach der Ausbildung zum Deutsch- und Kunstlehrer bin ich nicht in der Schule, sondern der politischen Erwachsenenbildung gelandet. Seit dreieinhalb Jahrzehnten bin ich jetzt Altenessener, habe hier geheiratet und hier sind auch meine Kinder großgeworden. Politisches und bürgerschaftliches Engagement begleitet mein Leben. Begonnen hatte das 1978 mit Aktivitäten und Flugblättern für die Juso-Schülergruppe an der Alfred-Krupp-Schule. Nach dem SPD-Austritt folgte Mitte der achtziger Jahre bis heute die Mitgliedschaft in der grünen Partei und Bürgerinitiativen wie "Stoppt A 52" oder gegen die Planung eines neuen Kohlekraftwerks am Rhein-Herne-Kanal.

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2. Wie kam es, dass du Bürgerreporter geworden bist?
Schon Ende der siebziger Jahre hatte ich den Eindruck, dass in den lokalen Zeitungsseiten viele Ereignisse, die mir wichtig waren, viel zu knapp z.T. auch gar nicht vorkamen. Das professionelle Lokalzeitungsangebot schrumpfte von damals 3 unterschiedlichen (Lokal)Zeitungen ( WAZ - NRZ - Ruhr Nachrichten ) auf heute eine. Hier wollte ich versuchen, zumindest bei einigen Themen zusätzliche Gesichtspunkte aufzuzeigen.

3. Du bist seit 2010 im Lokalkompass aktiv. Wie erlebst du die Lokalkompass-Gemeinschaft?
Viele Artikel befassen sich mit dem Vereinsleben, besonders wichtig ist sicherlich der Sport. Auch Basisaktivitäten der unterschiedlichen Parteien im Stadtviertel werden hier vorgestellt, ohne dafür große Pressebudgets zu verbrauchen. Das der Lokalkompass zur Artikelgestaltung über reinen Text hinaus auch redaktionelle Werkzeuge mitliefert, ist sicherlich gut. Langweilige, reine Textwüsten, werden dann vermieden. Es ist erholsam, innerhalb des Lokalkompass das oft wüste Beschimpfungs- und Diffamierungspotential der sogenannten "sozialen Medien " kaum erleben zu müssen. 

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4. Was war dein bisher schönster Erfolg als Bürgerreporter?
Ein längerer Artikel zur Auseinandersetzung zwischen Betriebsräten der Discounterkette Netto mit der Konzernleitung, den ich vor mehr als 10 Jahren geschrieben hatte, wird bis heute regelmäßig angeklickt. Die damals mit Hilfe der Gewerkschaft VERDI zusammengetragenen Informationen konnte, sind demnach bis heute für dort Beschäftigte und Interessierte nützlich.

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5. Du bist in Bottrop geboren, lebst aber in Essen. Was macht beide Städte aus? Was gefällt dir nicht so sehr?
Bottrop ist im Ruhrgebiet ja eine relativ kleine Großstadt, die trotzdem in "Alt-Bottrop" und insbesondere "Kirchhellen" zerfällt. In Kirchhellen gibt es wohl ein durchaus anderes Bürgerbewusstsein. Zum Glück aber muss Bottrop nicht darum kämpfen, als die zentrale Ruhrgebietsmetropole wahrgenommen zu werden. Entwicklungen zu neuen Ufern nach der Bergbauzeit können weniger hysterisch begonnen werden als in Essen. Es ist schön, mit den gigantischen Entwicklungsmöglichkeiten der früheren Bergbauareale an Rhein-Herne-Kanal und der "Freiheit Emscher" eine hoffnungsvolle Verbindung beider Städte zu erleben. Für Essen habe ich die Sorge, dass die soziale Nord-Süd-Spaltung unserer Stadt in letzter Zeit eher größer als kleiner geworden ist. Dagegen muss stadtpolitisch mehr getan werden - was aber möglich ist .

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6. Lokalnachrichten habe es dir angetan. Du berichtest häufig über verfallene und leerstehende Gebäude. Wie kommst du zu deinen Themen?
Ich bewege mich gern durch unterschiedliche Viertel der Stadt und ärgere mich sehr, wenn dort noch sanierbare Architektur dem Verfall überlassen wird. Gerade Gebäudeerhalt und Renovierungen sind oft vernachlässigte Teile von Stadtkultur. Die Verschwendung knapper Materialien durch überflüssige Abrisse und gesichtslose Neubauten an gleicher Stelle ärgert mich sehr. Häufig zeugt es vom Ignorieren notwendiger Kreislaufwirtschaft und sorgsamer Umweltpolitik. Ich will darauf hinweisen, dass mit dem langsamen Verfall solcher Gebäude auch immer ein Stück Menschen- und Stadtgeschichte verschwindet.

Menschen und Stadtgeschichten

7. Du engagierst dich für die Grünen. Was interessiert dich noch neben der Politik? Erzähl uns von deinen Hobbys.
Nach dem Germanistik- und Kunststudium ist mir die Freude an Literatur aus und über das Ruhrgebiet und die Region erhalten geblieben. Ich lese gern nach, was Schriftsteller der zwanziger und dreißiger Jahren wie Erik Reger, Hans Marchwitza , aber auch Irmgard Keun uns heute noch zu sagen haben. Daneben versuche ich nachzuforschen, welche Autoren z.B. damals mit u.a. mit den Nazis paktiert haben, dann trotzdem nach 1945 ungerührt hohe Verkaufszahlen hatten.
Die Industriekultur unserer Region mit ihren Fabrikbauten und Schachtanlagen sind ja häufig nicht bloß technische Ingenieurleistungen. Sie wollen mit ihrer Architektur oft auch sichtbare Zeichen für die Zukunft setzen - das finde ich spannend und dokumentiere es auch.

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8. Du hast dich beim Bürgerradio im Badehaus an der Zeche Carl engagiert. Was hast du dort genau gemacht?
1991/92 entstand mit den sogenannten "Bürgermedien" auch die Chance, in den neuen Lokalradios (z.B. Radio Essen) in gemeinnützigen Bürgerradiovereine für jeden Tag Radiosendungen zu produzieren. Für einige Jahre waren das gut zwei Stunden tägliche Bürgerfunksendungen. Die "Neue Essener Welle" auf der Zeche Carl hatte ein professionelles Hörfunkstudio mit Technik Betreuung, interviewte dort Bürgergruppen und Vereine, befragte Künstler. Oft wurden Veranstaltungen von Bürgerinitiativen vor Ort mitgeschnitten und später von der NEW zu Radiosendungen verarbeitet. Es gab Seminare, um solchen Bürgergruppen selbst zu ermöglichen, Radiotechnik und redaktionelle Arbeitsweisen zu erlernen. Für einige Jahre konnte ich diese Arbeit für Bürgerfunkgruppen mit anderen hauptamtlich leisten, später dann in kleinerem Rahmen ehrenamtlich.

9. Was würdest du am Lokalkompass verändern?
Es ist schade, dass es im Gegensatz zu früheren Jahren nur noch selten vorkommt, dass besonders gelungene Artikel auch in die Printausgaben gelangen. Ich glaube, obwohl die Bedeutung der digitalen Veröffentlichung immer größer wird, dass die gedruckte Variante der Artikel - noch - für Bürgerreporter eine zusätzliche Motivation, sie auch besonders sorgfältig auszuarbeiten.
Mehr Hilfestellung bei presserechtlichen Problemen, die auch ordentlich recherchierte Artikel aufwerfen können, wäre schön. Es ist doch schade, wenn derartige Artikel zu schnell wieder aus der Webseite genommen werden müssen, obwohl sie mit kleinen Änderungen hier presserechtlich korrekt veröffentlich werden könnten.

Autor:

Michael Menzebach aus Haltern

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