Ralf Schuster aus Essen
Mit kaputten Knien zu 207 Marathons

Seinen 200. Marathon lief Ralf Schuster im September 2023. Im Anschluss gab es Torte von Tochter Jenny. | Foto: Privat
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  • Seinen 200. Marathon lief Ralf Schuster im September 2023. Im Anschluss gab es Torte von Tochter Jenny.
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Seinen 200. Marathon hat Ralf Schuster im September 2023 absolviert, Mit Mitte 30 war Ralf Schuster laut seiner Ärzte "austherapiert". Vier Knie-Operationen wegen Knorpelschäden, Schmerzpatient, arbeitsunfähig. "Ich saß lange zu Hause auf der Couch, stand kurz vor einer Depression", erinnert sich der heute 62-Jährige.

"Ich konnte ein ganzes Jahr lang nicht einmal spazieren gehen." Bis Akupunktur und ein engagierter Physiotherapeut dem pensionierten Postbeamten wieder auf die Beine halfen. Er erinnert sich gut an seine ersten Schritte, zwei Kilometer die Ruhr runter. Diese "neue Freiheit" wollte er nie wieder hergeben. Das war die Geburtsstunde des Läufers Ralf.

Im Laufverein wurde der Ehrgeiz geweckt

Er war inzwischen Anfang 40. Aus zwei Kilometern wurden schnell fünf, die erst einmal pro Woche, dann zweimal wöchentlich absolviert wurden. Die Knie spielten mit und weil ihm das zu langweilig wurde, trat Ralle in einen Laufverein ein. "Dort spielten plötzlich gelaufene Zeiten eine Rolle und die Strecken wurden länger", erinnert sich der Essener. Ehe er sich versah, war er mittendrin in Laufveranstaltungen. Sein Ehrgeiz war geweckt.

200. Marathon im September 2023

Heute, fast 20 Jahre später, bestimmt das Laufen sein Leben, sagt er. Seinen 200. Marathon hat Ralf im September in Münster absolviert. "Meine Tochter Jenny hat mich mit einer Torte überrascht, dabei backt sie sonst gar nicht." Im Februar stand der Zähler bei 207. Ralf läuft zwischen 15 und 25 Marathons pro Jahr. Fast immer ist seine Laufpartnerin Birgit an seiner Seite. Fast alle sozialen Kontakte bestehen über den Laufsport, das sei eine eingeschworene Gemeinschaft. Er startet für den FC Kray.

Auf Ultra-Distanzen über 100 Kilometer fühlt sich der 62-Jährige wohl.  | Foto: Privat
  • Auf Ultra-Distanzen über 100 Kilometer fühlt sich der 62-Jährige wohl.
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Längste Distanz waren 138 Kilometer

Ralle blickt auf viele Bestleistungen zurück. Seine schnellste Zeit bei einem Marathon war 3:27, seine weiteste Strecke 138 Kilometer. "Das war nicht mehr schön", gibt der 62-Jährige zu.
Seitdem läuft er "nur" noch Ultra-Distanzen bis 100 Kilometer. Was für die meisten Menschen unvorstellbar ist, beschreibt Ralle als "gut machbar". Seine große Erfahrung hilft ihm dabei. "Man muss langsam starten und sich vom Start weg gut verpflegen", weiß der Läufer. Essen, obwohl man keinen Hunger spüre, und trinken ohne Anzeichen von Durst, das sei wichtig.

Auf großen Distanzen bloß nicht "leer laufen"

Ansonsten bestehe die Gefahr "leer zu laufen" und dann gehe nichts mehr. Seine körperliche Grenze erreicht Ralf zwischen Kilometer 70 und 80. "Von da an kann ich nichts mehr essen, dann nehme ich nur noch Getränke zu mir." Die Muskeln seien nicht mehr so gut versorgt, die Beine würden schwer, es käme zu Krämpfen. Die Fuß- und Kniegelenke schmerzten. Ab diesem Moment gelte es, mit dem Kopf gegenzusteuern, die Zähne zusammenzubeißen, sich abzulenken - bis ins Ziel. "Dort angekommen, bist du euphorisch und kannst die Glückshormone genießen. Auch wenn dein Körper dir etwas anderes sagt, kommst du dir wie der Stärkste und Größte vor", sagt Ralf. "Allerdings nur für eine halbe Stunde bis Stunde, dann tut dir alles weh", ergänzt er und lacht.

Ein paar Tage Regeneration reichen

Lange hält der Essener nicht die Füße still. Nach ein paar Tagen Regeneration steigt er wieder ins Training ein. Drei- bis viermal pro Woche läuft Ralf mindestens 15 Kilometer - "kürzer lohnt sich nicht". Zehn Jahre hat er gesucht, bis er für diese Belastung das passende Schuhwerk gefunden hatte. Zwei Schuhmodelle trägt er wechselweise, wichtig seien auch die passenden Socken. Seitdem habe er kein Problem mehr mit Blasen an den Füßen. Jährlich müssen sie ihn zwischen 3000 und 3500 Kilometern weit tragen.

Ralle hoch oben auf einer Aussichtsplattform. | Foto: Privat
  • Ralle hoch oben auf einer Aussichtsplattform.
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Heute steht der Spaß im Fokus

Heute ist der Essener weniger ehrgeizig als noch vor Jahren. "Etwa fünf, sechs Jahre kann man seine Zeiten verbessern, irgendwann kommt man an seine Grenzen, dann kommt die Frustration." Deshalb läuft Ralf noch ein oder zwei Marathons pro Jahr auf Zeit, bei allen anderen Laufveranstaltungen steht für ihn der Spaß im Vordergrund. "Ich sehe so viel beim Laufen. Während andere Landschaften mit dem Fahrrad oder Motorrad erkunden, mache ich das zu Fuß." Immer hat Ralf seine Kamera dabei, fotografiert, was er sieht. Deshalb nimmt er auch gerne an Geländeläufen teil, zum Beispiel im Thüringer Wald, wo 2300 Höhenmeter überwunden werden müssen. 15 bis 17 Stunden ist er bei diesem Lauf unterwegs. Warum er sich das antut? "Weil ich et kann", antwortet Ralle in bester Ruhrpott-Manier.

Autor:

Miriam Dabitsch aus Velbert

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