"Norma": Göttinnen-Dämmerung

Das offizielle Norma-Plakatfoto: Hrachuhi Bassénz ganz bewusst in Szene gesetzt wie die große Opern-Diva Maria Callas.Foto: Pedro Malinowski/MiR
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Wenn am Samstag, 5. März, 19.30 Uhr die Oper „Norma“ von Vicenzo Bellini im Musiktheater im Revier (MiR) Premiere feiert, dann wird eine ganz besondere Version des Opernklassikers aufgeführt: Zum erst Mal wird in einem deutschen Theater die kritische Neuedition nach autographen Quellen von Maurizio Biondi und Riccardo Minasi gezeigt.

Opernkenner werden ein paar neue Melodien entdecken, die beiden dominierenden Frauenrollen sind beide Sopranistinnen und vor allem die Rolle der Adalgisa bekommt eine höhere Wertigkeit in dieser Version.

Kritische Neuedition nach autographen Quellen

Wie kann es ein, dass es eine neue Version eines Opern-Klassikers aus dem 19. Jahrhundert gibt? „Wie bei vielen italienischen Opern gibt es eigentlich keine verbindliche Version“, erklärt Dramaturg Stephan Steinmetz. „Es wird gespielt, wie es bekannt ist. so sammelt sich über Jahre einiges an Material. Und das hat jetzt jemand alles nebeneinander gelegt und daraus die neue Version erarbeitet.“ Bekannt wurde sie durch konzertante Aufführungen von Cecilia Bartoli. „Wir bekommen immer noch ganz aktuell neue Noten“, verrät Dirigent Valtteri Rauhalammi. „Es ist sehr spannend, aber es ist und bleibt auch die Norma.“
Und die Geschichte der Norma bleibt natürlich die bekannte: Als Priesterin und Orakel ihres von den Römern besetzten Landes Gallien will sie ihre Landsleute von einem Aufstand gegen die Besatzer abhalten - auch, um ihren Geliebten, den römischen Prokonsul Pollione, zu schützen. Die angeblich jungfräuliche Priesterin führt nämlich ein Doppelleben als Mutter zweiter Kinder des Römers. Dieser erweist sich allerdings als untreu, verführt auch noch die Novizin Adalgisa... „Norma ist wirklich die religiöse Instanz für ihr Volk, sie ist zur Anbetung freigegeben“, erklärt Regisseurin Elisabeth Stöppler. „Allerdings ist sie selbst ihrer Religion nicht treu, sie liebt einen Mann, ist Mutter und dann kommt noch das Eifersuchtsdrama hinzu...“ Da ist das Schicksal vorprogrammiert.

Großer dramaturgischer Wurf

„Im ersten Teil ist unsere Bühne ein Altarraum, die Kultstätte für die Ikone Norma“, erklärt Hermann Feuchter, zuständig fürs Bühnenbild. „Im zweiten Teil wird der Ort dann zur „Göttinnen-Dämmerung“, denn es ist klar, diese Religion fährt vor die Wand. Der menschliche Faktor führt dazu, dass die Beziehung zwischen Pollione und Norma mit allem, was dazugehört, die Geschichte sprengt.“ Und das passiert auch mit dem Bühnenbild. „Die Beleuchtung fällt herunter, die Stühle fliegen, die Zerstörung des Kultes beginnt“, führt Elisabeth Stöppler aus. Adalgisa und der Römer Flavio - die Rolle wird mit Texten von Pasolini aufgewertet - sind die einzigen, die erkennen, dass es wie bisher nicht weitergehen kann. Zwei Menschen aus zwei Kulturen mit der gleichen Einsicht, die allerdings nichts ändern können...
Eigentlich ist „Norma“ ein großer dramaturgischer Wurf, findet Herbert Feuchter: „Die Oper zeigt die Selbstzerstörung der Welt, die sich immer wiederholt. Deshalb ist es ein ungemein aktuelles Stück, weil unsere Welt gerade an religiösen Dogmen zerbricht.“ Und auch deshalb spielt die Gelsenkirchener „Norma“ in der Zukunft. „Es ist doch tröstlich, dass es immer eine Königin geben wird, immer Tische und Stühle da sein werden“, meint die Regisseurin.

Aussehen wie die Callas

Die „Norma“ wird im Musiktheater von Hrachuhi Bassénz gesungen, dass die Armenierin auf dem offiziellen Plakat aussieht wie die Callas, deren Paraderolle die „Norma“ war, ist kein Zufall. „Das ist ja auch ein Spiel mit der Erwartung“, lächelt Elisabeth Stöppler. „Und wir behaupten damit, dass unsere Norma diesen Moment von großer Aura hat.“ Im Übrigen sei die „Last der Erwartung“ ja genau eines von Normas Problemen...
Nach der Premiere wird „Norma“ noch am 13., 18. und 25. März, 10., 17. und 29. April sowie am 14. und 26. Mai gezeigt. Karten-Telefon 4097200.

Autor:

Silke Heidenblut aus Essen

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