Wahlkampfimpressionen: Die Linke, Katja Kipping und komische Dinge

So langsam entwickelt sich meine Wahlkampf-Impressionen-Reihe ja wirklich als Solche. Und ich habe noch Material für mindestens zwei weitere Berichte. Es beginnt Spaß zu machen. Auf facebook habe ich schon verlauten lassen, dass mir die Veranstaltung der Linken mit Katja Kipping richtig gut gefallen hat. Und schon bin ich in den Augen Vieler, die es noch immer nicht verstehen, ein Wahlkampfunterstützer der Linken. Dennis Melerski, derzeit noch Stadtrat beim Bündis´90/Die Grünen, er arbeitet an einer Wiederwahl, hinterließ auf meiner facebookseite: „Sorry, wirkte halt wie ne Werbung für die Linke! Bin aber froh, wenn es nicht so gemeint war“ Geht man so mit Menschen um, die sich eine politische Meinung bilden?

Also noch mal ganz konkret zur mir: Ich war mal bei den Linken und es hatte gute Gründe, wieso ich ausgetreten bin. Parteiarbeit ist mir einfach zu langweilig. Reden, reden, Formalitäten abwickeln, Mitgliederversammlungen organisieren, abstimmen, Protokoll schreiben und wieder von vorne beginnen. Mir ist diese Arbeit nicht konkret genug, also arbeite ich lieber initiativ und unabhängig. Ich nenne es meine „mikrokosmotische Revolution“. Ich versuche in meinem Mikrokosmos das zu beeinflussen, was beeinflussbar ist. So kam mein politischer Fokus auch wieder in die Kommunalpolitik. Denn von der Bundespolitik ist wirklich nichts Gutes mehr zu erwarten. Darüber hinaus sehe ich unser Parteisystem und die Repräsentative Demokratie mittlerweile als überholt und gescheitert an. Ich nenne mich auch regierungslos, um mich von den Zwängen, die uns aufgedrückt werden, versuche zu befreien. Die BürgerInnen haben zu wenige Möglichkeiten, sich politisch einzumischen und werden somit nur noch mehr entemanzipiert, haben keine Lust mehr auf Politik. „Man kann ja eh nichts machen“, an der Aussage ist zwar was dran. Für mich ist das jedoch kein Endstadium, sondern der Aufbruch dagegen was zu tun. Und auch Die Linke hat im Bundestag erst kürzlich ein Gesetz in Sekunden verabschiedet, in dem unsere Bürgerrechte dahingehend beschnitten wurden, als dass wir keine Einsicht mehr in Akten des Bundesrechnungshofs bekommen. Das alarmiert mich enorm. Aber man muss auch unterscheiden, was die lokalen, die Landes- und die Bundesparteien tun und für wen.

In Gelsenkirchen haben wir von der Initiative „Stellen anzeigen“ mit allen Parteien gleichermaßen die Kommunikation aufgenommen. Es hat sich nach fast 5 Monaten so entwickelt, dass nur bei der Linken ein direkter Kontakt zustande kam und auch eine gute Kommunikation und Unterstützung. Wir können es nicht leugnen und machen deshalb keinen Wahlkampf für eine Partei alleine. Ich kann nur über das schreiben, was ich hier parteipolitisch erlebe.

Nun war Die Linke am Freitag, den 25.4.14 auf dem Preuteplatz in Gelsenkirchen. Katja Kipping war eingeladen und da ich seit einigen Jahren zum Thema Bedingungsloses Grundeinkommen aktiv bin, war es mir schon ein Bedürfnis, sie einmal persönlich zu sehen. Was soll ich sagen? Die Linke hat ihre Positionen in der Europa- und Kommunalpolitik erläutert und es konnten Fragen gestellt werden. Die Positionen der Partei können hier nachgelesen werden. Auch Andreas Jordan hat bereits einen Bericht über diese Veranstaltung geschrieben.

Ich wusste zwar, dass Fragen gestellt werden durften, aber ich habe es einfach nicht verstanden. Andreas Jordan ging mit einem Block herum und schrieb die Fragen des Publikums auf. Soeben kam das Gespräch am Podium auf den Gelsenkirchener Appell. Mir ist das Thema sehr wichtig und ich bekam beinahe Schnappatmung, weil ich unbedingt etwas dazu fragen musste. Andreas wollte meine Frage aufschreiben, ich bestand jedoch darauf, zum Mikro zu gehen. So ganz hatte ich das Konzept dieser Veranstaltung noch immer nicht kapiert. Aber das war auch gut so. Zunächst war es für mich ein besonderer Moment, Katja persönlich sagen zu können, dass ich ihre Arbeit und Ideen zum Thema Bedingungsloses Grundeinkommen sehr schätze und sie mich damit auch sehr geprägt hat. Ein Dankeschön an dieser Stelle hat sie gefreut. Politik ist ein unangenehmes Geschäft, da erfährt man eher Unfreundlichkeiten, als dass man gelobt wird. Besonders, wenn man in dieser Partei ist.

Ferner stellte ich mich im Namen der Initiative Stellen anzeigen vor und erläuterte, dass wir in Gelsenkirchen versuchen, der Struktur und dem weiteren Vorgehen in Sachen „Gelsenkirchener Appell“ auf den Grund zu gehen. Natürlich ließ ich nicht unerwähnt, dass in dieser Angelegenheit die Öffentlichkeit nicht so informiert wird, wie es eigentlich dem Thema gebühren sollte. Das Thema wird jetzt informell mit Bundestagsabgeordneten und Herrn Lipka (Geschäftsführer des Jobcenters Gelsenkirchen) und Frau Wälke (Sozialdezernentin der Stadt Gelsenkirchen) erarbeitet. Unser letzter Stand war, dass die Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrsverbände mit der Erarbeitung gemäß Beschluss vom Ausschuss Arbeit und Soziales betraut wurden. Da scheint bisher noch nicht viel passiert zu sein oder man teilt es uns nicht mit. Darüber hinaus soll Andrea Nahles am 16. Mai nach Gelsenkirchen kommen, weil sie sich vom Gelsenkirchener Appell ein Bild machen möchte. Auch diese Veranstaltung wird die SPD unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden lassen.

Also fragte ich Martin Gatzemeier und Ingrid Remmers, wie sie mit diesem Thema umgehen würden, wenn DIE LINKE denn im Stadtrat ist. Und damit meinte ich im Speziellen die Kommunikation nach außen. Mir wurde geantwortet, dass es ihnen wichtig ist, eine transparente Politik für Gelsenkirchen zu machen. Es sei geplant, regelmäßig ein Zelt oder Stand in der Innenstadt aufzubauen, um die Menschen direkt darüber zu informieren, was gerade im Rat der Stadt los ist. Wer sich darüber hinaus auch informieren möchte, ist auch zu den offenen Mitgliederversammlungen eingeladen.

Im Prinzip finde ich das Gehörte prima. Ein Zelt in der Innenstadt und Bürgernähe erzeugen, das macht wirklich Sinn. Ich glaube es aber erst, wenn es wirklich stattfindet. Die Idee ist wirklich gut. Zudem hoffe ich aber auch als Aktivistin der Bürgerinitiative „Stellen anzeigen“, dass wir mit der Linken, die wir in der Vergangenheit als kooperativ erleben durften, auch einen Partner finden, der mit uns aus dem Rat und den Ausschüssen heraus kommuniziert. Wenn es sich derzeit noch als recht schwierig erweist, Informationen aus dem Ausschuss Arbeit und Soziales zu erhalten, hätten wir mit dieser Partei eine Möglichkeit, weiterzuarbeiten. Aus diesem Grunde bleibt es abzuwarten, wie diese Bürgernähe auch in Zukunft funktionieren wird. Ich würde mich sehr freuen, wenn „Stellen anzeigen“ ein wenig mehr Input bekäme und die Inhalte mit den BürgerInnen weiter kommunizieren könnte. Denn was in Gelsenkirchen fehlt, ist eindeutig eine Presse, die über politische Inhalte kritisch berichtet. Ich fühle mich als Bürgerin dieser Stadt wirklich von Informationen abgekoppelt. Zwar haben wir Zugriff auf das Ratsinformationssystem aber es kann nicht nur alleine Aufgabe des Bürgers sein, stets nachzuschauen, was gerade angesagt ist. Da ist eine gut funktionierende Pressearbeit unabkömmlich, um emanzipierte und aufgeklärte Bürger zu bekommen.

Im Gegensatz zu der SPD in Gelsenkirchen findet der direkte Kontakt zu Hartz-IV-Empfängern bei der Linken statt. Bereits in der Vergangenheit gab es im alten Büro schon eine Rechtsberatung. Jetzt, im neuen Büro, soll diese Beratung für ALG-II-Bezieher wieder aufgenommen werden. Und es ist wirklich klar festzustellen, dass dies die einzige Partei ist, die sich wirklich um diese Menschen kümmert und auch gegen das Hartz IV-Gesetz und die Sanktionen ist. Nun betrifft ihre Politik in Gelsenkirchen nunmehr ca. 50.000 Menschen. Die SPD scheint sie mit dem Mindestlohnmodell nicht abholen zu wollen. Da fragt man sich, wieso diese 50.000 BürgerInnen nicht die Partei wählen, die sich für ihre Belange einsetzt. Denn gerade wegen dieser unsäglichen Arbeitsmarktpolitik der Agenda 2010 hat sich die Partei gegründet. Dies war übrigens auch der Grund, wieso ich vor 10 Jahren politisch aktiv wurde.

Katja Kipping sagte ganz klar: „Die beste Alternative zum ALG II ist das Bedingungslose Grundeinkommen, ein erster Schritt wäre die Abschaffung der Sanktionen!“ Was sie sonst noch sagte, können Sie hier sehen.

Recht hat sie, aber weder kann das nun in der Kommune umgesetzt werden, noch in der Europapolitik. Da stellt sich die Linke in dem Wahlkampf ähnlich dar, wie die SPD mit dem kommunalen Mindestlohn. Aber im direkten Vergleich ist zu erkennen, dass die Linke wenigstens die ALG-II-Bezieher mit ihrer Politik berücksichtigt.

Ingrid Remmers wurde gefragt, was sie denn als Oberbürgermeisterin gegen die chronische Unterfinanzierung in der Kommune tun würde. Sie würde versuchen, die Städte in der Region zusammenzutrommeln und eine Verfassungsklage beim Land einzureichen. Es kann nicht sein, dass sich Bund und Länder immer mehr aus der Verantwortung herausziehen und die Kommunen sich selbst überlassen. Wir haben nicht mehr die (Gewerbe-)Steuereinnahmen, mit denen unsere Städte früher gut arbeiten konnten.

Ich sehe das ähnlich. Während Vertreter der etablierten Parteien nach Berlin fahren, um ihre Bundespartei-Freunde um Geld anzubetteln, muss ich zugeben, dass der konkrete Schritt einer Verfassungsklage wahrscheinlich nötig ist. Vielleicht geht den Kommunalpolitikern der etablierten Parteien endlich mal ein Licht auf, dass auch sie von ihren „Bundesfreunden“ einfach nur veräppelt werden. Daher hat Ingrid Remmers nicht so ganz Unrecht, die Region zusammenzutrommeln, um gemeinsam Stärke in der Sache zu beweisen. Ich sehe aber jetzt schon die Befindlichkeiten alleine nur in Gelsenkirchen. Und in anderen Städten wird die politische Zusammenarbeit wahrscheinlich ähnlich funktionieren. Das wird noch ein weiter Weg. Es sei denn, die BürgerInnen machen aktiv mit und geben ihren Parteien mal eine klare Ansage, dass die Zeiten der Befindlichkeiten endlich vorbei sind! Es kann doch nicht sein, dass die Stadtverordneten wie kleine Kinder „nicht miteinander spielen“ wollen. Es geht doch darum, Vertreter aller Interessen – seien es die ALG-II-Bezieher oder die Wirtschaft oder die Christen oder die Umweltler – gemeinsam an Themen arbeiten zu lassen, damit das Bestmögliche für die BürgerInnen dabei raus kommt. Wenn man aber als Bürgerin schon angemacht wird, weil man mal eine Arbeit einer Partei gut findet, ist das schon eine Unverschämtheit und nicht seriös. Wenn ich nur Negatives berichten würde, wäre das auch nicht in Ordnung. So ist Politik. Man kann es nicht allen recht machen. Aber wir dürfen auch nicht vergessen, dass wir das Souverän sind und die Stadtverordneten uns dienen und für uns arbeiten. Wir sind die Arbeitgeber und werden ausgeschlossen. Das ist nicht in Ordnung. Wir müssen als BürgerInnen den Blick wenden. Nicht warten, bis dass etwas politisch passiert. Wir müssen unsere Dienstleister fordern.

Die weiteren Inhalte der Linken finden Sie auf ihrer Homepage.

Gruselig wurde es nur kurz nach der Veranstaltung, als Katja Kipping uns fragte, wer wir so sind und sich erkundigte. Einer der Anwesenden antwortete: „Ich bin Inge-Hannemann-Aktivist“. Abgesehen von Bildern, die dann in meinen Kopf schossen, fragte ich mich, was ein Inge-Hannemann-Aktivist so macht? Bestalkt er sie? Schreibt er ihr täglich Liebesbriefe? Wäre er Aktivist in Sachen „Abschaffung der Sanktionen“ oder „Mindestlohn“, wäre das ja noch nachvollziehbar gewesen. Aber diese Aussage fand ich doch recht merkwürdig.

Ja, das scheint der Wahlkampf der Merkwürdigkeiten zu sein. Denn durch meine positive Haltung der Linken zum Thema Kooperation und Bürgernähe, meldeten sich Mitglieder aus dem Bündnis 90/Grünen. Und ich dachte schon, diese Partei sei eingeschlafen. Denn an diesem Wochenende kamen gleich drei Meldungen aus dieser Partei. Mal sehen, wie ich meine Wahlkampfimpressionen in Bezug zu den Grünen aufbereite. Das wird ein wenig diffizil.

Ich als Bürgerin möchte wissen, was die Parteien vor haben, was die Pläne sind und ich möchte auch meine Entscheidung auf Grund von Kommunikation und Inhalt fällen. Stattdessen entpuppt sich zum wiederholten male eine Diskussion, die einfach nicht schön ist. Ich scheine da mit meinen Wahlkampfimpressionen wohl was in Gang gebracht zu haben. Schön, dass meine Arbeit Reaktionen zeigt. Katja Kipping sagte übrigens noch was Treffendes, somit ich diesen Text nun auch schließen möchte:

„Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt“!

Autor:

Sandra Stoffers aus Recklinghausen

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