Will der Investor durch sein Vorgehen Fakten schaffen?
Parteiübergreifender Widerstand gegen Halden-Windrad im Gladbecker Süden

Die Arbeiten auf dem Plateau der Mottbruchhalde, wo ja das umstrittene Windrad entstehen soll, erhitzen in Gladbeck parteiübergreifend die Gemüter. | Foto: SPD Brauck
  • Die Arbeiten auf dem Plateau der Mottbruchhalde, wo ja das umstrittene Windrad entstehen soll, erhitzen in Gladbeck parteiübergreifend die Gemüter.
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Der offensichtlich unmittelbar bevorstehende Baubeginn für die Windkraftanlage auf der Mottbruchhalde in Brauck löst gleich bei mehreren im Gladbecker Stadtrat vertretenen Parteien heftige Kritik aus. An der parteiübergreifenden Schelte beteiligen sich neben der SPD auch die LINKE und die AfD.

„Der Wille der Bürger im Gladbecker Süden scheint nichts wert zu sein“, so Hasan Sahin, Vorsitzender der SPD-Brauck und Ratsherr. Im Werkstattverfahren hätten die Braucker sowohl ihre Vorstellungen für die Entwicklung des Stadtteils als auch Ihre Bedenken bezüglich des Windrads geäußert und die Stadt die Zusage gegeben, dass diese Wünsche berücksichtigt würden. Durch die Genehmigung des Windrads ohne Rücksprache mit der Stadt habe der Kreis den Menschen vor Ort einen Bärendienst erwiesen.

Sahin ist davon überzeugt, dass in diesem Fall ein Konzern versuche, ohne Rücksicht auf die Menschen, Fakten zu schaffen. Und das, ohne dass die Stadt als Vertreterin der Gladbecker ihre Rechtsmittel ausgeschöpft habe. „Es gibt in NRW sicher Standorte, wo weniger Menschen auch weniger belastet werden. Das ausgerechnet im dicht besiedelten Brauck hinzuklotzen, ist Wahnsinn“, so der Braucker Ratsherr Jens Bennarend.

„Die seinerzeit stark diskutierten Themen Sport und Erholung sind damit hinfällig. Eine Steigerung der Lebensqualität im Süden, die durch die Investitionen in den neuen Sportpark einen Anfang gefunden haben, sind durch die Steag gefährdet“, führt Sportausschussvorsitzender Andreas Schwarz an. Weiter gibt Schwarz zu bedenken, dass die Schüttung der Halde eine Belastung des Stadtteils war, für die jetzt ein Ausgleich geschaffen werden sollte. Das Gegenteil wäre, falls das Windrad gebaut würde, nun der Fall. Denn viele Bürger im Gladbecker Süden würden für ihre Immobilien einen Wertverlust hinnehmen müssen, während ihnen das Ausmaß des Bauwerks oft noch nicht klar sei.

„Die Halde ist ungefähr 90, das geplante Windrad würde 200 Meter hoch werden. Der Kölner Dom dagegen hat gerade mal 157 Meter, der Sparkassenturm in Gladbeck 33. Das muss man sich auch mal vorstellen“, erklärt Sahin.

Argumente, dass man dadurch „günstigeren Strom“ beziehe, kann er nicht nachvollziehen. „Die Steag wird sicher nicht Millionen investieren, um billigen Strom anbieten zu können. Würde die Steag im Sinne der Bürger handeln, so hätte man die Interessen vor Ort berücksichtigt. Es geht um nichts anderes als die Gewinnmaximierung der ‚Steinkohlen-Elektrizität AG‘. Das sollte auch den Befürwortern klar sein, die nicht einmal in der Nähe der Mottbruchhalde wohnen.“

Auch der LINKE-Fraktionsvorsitzende Olaf Jung ist wenig begeistert von den Entwicklungen auf dem Haldenplateau. Jung verweist auf die LINKE-Anfrage an Landrat Kimpel, aus der hervorgehe, dass für den Transport der Bauteile des Windrades auf die Mottbruchhalde für mindestens zehn Straßenbäume Fällgenehmigungen beantragt worden seien. Einer der Bäume stehe in einer geschützten Allee und bei weiteren Straßenbäumen müsse für diesen Transport ein Kronenschnitt erfolgen. "Hier gilt es abzuwarten, ob und wie die Bäume diese Verstümmelung überstehen," zeigt sich Jung skeptisch.

Und er berichtet weiter, dass für eine Gruppe Platanen im Bereich der Luxemburger- und Europastraße aber schon jede Hilfe zu spät komme. Diese Bäume seien schon umgehauen und achtlos liegen gelassen worden. Für die ohnehin fragwürdige Klimabilanz der Windenergieanlage bedeute dies einen weiteren Rückschlag.

"Das Klimagewissen der Bauherren wird hierdurch aber nicht belastet, denn der Klimaschutz stand bei dieser Anlage noch nie im Vordergrund. Hier ging es von Beginn an nur um monetäre Interessen und das Greenwashing eines Konzerns, der auf Kohle und Fracking setzt. Völlig unbegreiflich ist auch, warum ein Unternehmen für diese eher unbedeutende Windenergieanlage dermaßen ins Risiko geht," so Olaf Jung abschließend in einer Mitteilung.

Von "sich überschlagenden Ereignissen" schreibt die AfD in ihrer Mitteilung. Marco Gräber (Fraktionsvorsitzender) und Marcus Schützek (Stellvertretender Fraktionsvorsitzender) weisen darauf hin, dass der Rat der Stadt Gladbeck sich bereits mehrmals gegen den Bau einer
Windkraftanlage auf der Mottbruch-Halde ausgesprochen habe. Nach Ankündigung des Baubeginns im November 2020 durch die STEAG habe der Rat in seiner Sitzung am 19. November die Verwaltung dazu aufgefordert alle Mittel auszuschöpfen, um den Bau des Windrades zumindest bis zur endgültigen Klärung vor Gericht zu unterbinden.

Daraufhin habe die Stadt am 21. November per Eilantrag beim Verwaltungsgericht (VG) Einspruch gegen den Sofortvollzug der Baumaßnahme eingelegt. Der Ratsauftrag beinhalte, dass die Stadt verpflichtet ist alles in ihrer Macht stehende zu tun, um den Bau zu verhindern. Und da die Stadt Gladbeck ausführende Baubehörde sei, habe sie damit die Verpflichtung und das Recht unter Verweis auf den Ratsbeschluss zumindest so lange einen Baustopp anzuordnen, bis die endgültige juristische Klärung des Sachverhaltes erfolgt sei.

Für Gräber und Schützek steht fest, dass bis zum Entscheid des Eilantrages einzig die Stadt Gladbeck in der Verpflichtung stehe, dem Willen des Rates und der Bürgerschaft nachzukommen und ihre Aufsichtshoheit in diesem Sinne wahrzunehmen.

"Politik gegen den mehrheitlichen Willen der Gladbecker wurde leider allzu lang betrieben, diesen Missstand zu beheben ist unser allererster Anspruch. Wir fordern daher die Stadtverwaltung und ihre zuständige kommunale Bauaufsichtsbehörde auf, zumindest bis zum Entscheid des VG zum Eilantrag, einen sofortigen Baustopp auf der Mottbruch-Halde zu verhängen und sämtliche bauvorbereitenden Maßnahmen, wie unter anderem die Erteilung von Baumfällgenehmigungen, zu unterbinden," fordern Gräber und Schützek.

Für die beiden AfD-Politiker steht auch fest, dass schon die Bauarbeiten zur Fundamentgründung von der Stadt scheinbar ignoriert worden seien. "Besteht überhaupt ein Interesse an der Verhinderung der Errichtung des Windrades von Seiten der Stadtverwaltung?" lautet die provokante Frage der AfD-Fraktionsspitze. "Unserer Meinung nach nicht! Damit werden sowohl präjudizierende Fakten im Hinblick auf eine Entscheidung des Gerichtes als auch vollendete Tatsachen geschaffen. Dem ist sich offensichtlich auch der Bauherr bewusst, ansonsten wäre sein Vorgehen, obwohl noch mehrere Rechtsverfahren anhängig, nicht nach zu vollziehen. Wenn dieses monströse Windrad erst einmal steht, werden die Gerichte eher geneigt sein ihre Entscheidung in Richtung STEAG zu fällen, da ein Rückbau dieses gigantischen Bauwerks unglaublich aufwendig wäre. Von der Entsorgung des Baumaterials ganz zu schweigen," führen Marco Gräber und Marcus Schützek weiter aus.

Und die beiden AfD-Ratsmitglieder blicken abschließend in die Zukunft: "Die Chance auf einen Landschaftspark darf nicht durch das Unterlassen der Stadt und der Zulassung vollendeter Tatsachen zunichte gemacht werden."

Autor:

Uwe Rath aus Gladbeck

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