Arbeit der Musikschule im Wandel

Peter Brand, Leiter der Hattinger Musikschule. Foto: Winkelnkemper
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(Alex Winkelnkemper) Jedem Kind ein Instrument, kurz Jeki: Es ist ein anspruchsvolles Ziel, dass sich die Jeki-Stiftung auf die Fahnen geschrieben hat, angesichts von rund 800 Schülern allein in Hattingen. Seit vier Jahren läuft das Projekt in der Stadt, die Arbeit der Hattinger Musikschule hat sich radikal gewandelt.
Auch für die einzelnen Musiklehrer ändert sich viel: „Die Anforderungen sind ganz andere. Einige kommen damit klar, andere nicht. Die Verteilung des Unterrichts haben wir in Hattingen aber gut gelöst“, so Peter Brand, Leiter der Musikschule Hattingen.
Er erzählt: „Andere Schulen haben vor allem Sorgen um die Instrumentenbeschaffung. Da haben wir Glück, weil die Sparkasse unseren Kostenanteil übernimmt.“
In Hattingen läge das Problem eher im Verwaltungsaufwand. Der Wandel der Musikschule geschieht nach Ansicht Peter Brands auf zwei Ebenen: „Das Konzept der Musikschule hat sich insgesamt natürlich gewandelt, vor allem aber gibt es riesige Veränderungen in der inneren Verwaltung!“ Und das entwickelt sich auch zum Problem für die Musikschule, denn personelle Kapazitäten sind knapp. Vor allem die zeitliche Organisation des Unterrichts gestaltet sich schwierig.
Jeki soll während der regulären Schulzeit stattfinden, aber: „Optimal wäre es, wenn alle Jeki-Kinder im Ganztag wären“, meint Peter Brand. Und betont: „Das ist allerdings ein organisatorischer Problemfaktor im gesamten Ruhrgebiet.“ Der Musikschulleiter meint dennoch: „Die Entwicklung finde ich erst einmal richtig!“ An der Umsetzung ließe sich allerdings seiner Ansicht nach noch arbeiten: „Besonders toll wäre ein amerikanisches oder englisches Modell. Dort ist der Instrumentalunterricht in den Schulalltag und den Stundenplan komplett integriert.“
Zwar baute sich der Arbeitsaufwand für Jeki schleichend auf, das Ergebnis ist jedoch deutlich spürbar. „Das ist schon eine radikale Wandlung“, meint der Musikschulleiter. Seit vier Jahren läuft das Projekt in Hattingen, sprich: Alle Kohorten in den Grundschulen nehmen jetzt teil, hinzu kommen die Schüler der Förderschule St.Georg – das sind rund 800 Teilnehmer. Eine Riesenzahl, die sich auch finanziell niederschlägt.
„Diese Musikschule lebt zu 50 Prozent von Jeki. Ohne das Projekt wären wir pleite“, erklärt Brand. Die Entwicklung weg vom klassischen Einzelunterricht für Privilegierte hin zum allgemeinverbindlichen Gruppenunterricht findet er jedoch wichtig: „Man muss begreifen, dass Musik auch pädagogische Kulturarbeit ist!“ So steht das Lernen in der Gruppe im Mittelpunkt. „Gerade das Jeki-Orchester ist ein wichtiger Teil dieser Arbeit“, erklärt Peter Brand.
„Wir müssen weg vom klassischen humanistischen Ansatz, im Sinne von ‚Wir üben mal und sehen dann was rauskommt’.“ Gerade das Sozialerlebnis sei prägend fürs Leben, nicht das künstlerische Beherrschen des Instruments an sich. Brand meint: „Auch in Hattingen gilt: Kulturelle Arbeit ist soziale Bildungsarbeit. Gerade das Lernen in der Gruppe ergibt eine höhere Sozialkomponente.“ Toll findet er vor allem, dass eine schulfremde Lehrkraft mit den Schülern arbeitet. „Das ermöglicht einen ganz anderen Zugang zu den Kindern. Ich sehe darin eine Weiterführung und Qualitätssteigerung.“ Peter Brand führt aus: „Es werden eben Gruppen aus verschiedensten Kulturkreisen zusammengefügt. Da gibt es Riesenunterschiede!“ In diesem Jahr gibt es so erstmalig einen Baglama-Kurs. Das türkische Zupfinstrument erlernen Schüler allerdings nachmittags in der Musikschule. „Das läuft zwar dann nicht während des Unterrichts und somit ein bisschen gegen die Jeki-Richtlinien, aber genau das war doch der Sinn des Projekts: Alle Kinder egal welcher Herkunft anzusprechen und insbesondere Migranten und sozial schwächere Kinder zu integrieren!“ Besonders freut sich Brand über den Auftritt zweier Jeki-Schülerinnen beim Wettbewerb „Jugend musiziert“ Ende des Monats. Für ihn zeigt es: „Es gibt eben auch musikalische Qualität bei Jeki!“

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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