Auf zwei Reifen durch Sumatra

Vor dem Start noch mit dem eigenen Motorrad auf der Henrichshütte.
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  • Vor dem Start noch mit dem eigenen Motorrad auf der Henrichshütte.
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Na, gerade zurück vom Ballermann oder vom Sonnenbaden auf Mykonos? Einen „Urlaub“ ganz anderer Art haben Claudio Gnypek und seine Frau Sonja Ritter gemacht. Die zwei Hattinger waren vier Wochen lang auf kleinen Motorrädern in Sumatra unterwegs.

Der 42jährige Bildungsreferent bei der Ev. Kirche und die zwei Jahre jüngere Sozialpädagogin in einer Ganztagsschule haben neben unzähligen Fotos unbezahlbare Eindrücke von der sechstgrößten Insel der Welt mitgebracht, die zu Indonesien gehört.
Leider können wir nicht all ihre Eindrücke hier schildern, verweisen aber gerne auf ihren Blog unter www.pegasoreise.de, wo es auch weitere Fotos zu entdecken gibt. Hier Auszüge daraus, erzählt von Claudio Gnypek:
„Ich war vor drei Jahren zum ersten Mal beruflich auf Sumatra. Ich lernte einige Menschen vor Ort kennen und war fasziniert von dieser Insel. Damals nahm ich mir vor, eines Tages zusammen mit Sonja zurück zu kehren und auf eigene Faust auf Motorrädern Sumatra zu erkunden.
Normalerweise reisen wir zu zweit auf einem großen Motorrad – beispielsweise drei Monate durch Brasilien oder ,nur‘ drei bis vier Wochen vom Jahresurlaub durch Süd- oder Osteuropa. Doch für diese Reise wäre es zu aufwändig und teuer sein, die Maschine nach Indonesien transportieren zu lassen. Daher haben wir für diese vierwöchige Tour zwei kleine, landestypische Motorräder organisiert.
Im Traum hätten wir nicht daran gedacht in Medan, der größten Stadt auf Sumatra, nach 20stündiger Anreise ausgerechnet die deutsche Nationalhymne vorgesungen zu bekommen. Junico, ein Indonesier der seine Kindheit in Deutschland verbrachte, hat hier eine Deutschschule eröffnet. Wir besuchen den Unterricht, unterhalten uns mit den Studenten und gehen mit ihnen zum Essen in der Innenstadt.
Die extremen Temperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit in der Metropole lassen uns permanent schwitzen. Die ganze Nacht über läuft der Ventilator und morgens duschen wir in einem ,Kama Mandi‘, wo wir uns mit einer Schöpfkelle Wasser über den Körper gießen.

Extreme Temperaturen

Anschließend steigen wir auf unsere Fahrzeuge: Zwei kleine japanische Leichtkrafträder mit Halbautomatik (Honda SupraFit und Honda Revo110), mit denen Millionen Indonesier unterwegs sind – mal allein, mal als vierköpfige Familie, mal mit unfassbar viel Gepäck und mal auch ohne Licht und Verkleidung.
Wir flitzen kreuz und quer durch die Blechlawinen, überholen Laster, Autos, Fußgänger und ,Becaks‘, die bunten Motorradtaxis mit Beiwagen. Der Linksverkehr ist das geringste Problem, aber rechts und links zu überholen und dabei selbst ständig geschnitten zu werden, daran müssen wir uns noch gewöhnen.
Nach einer Stunde haben wir den Stadtrand erreicht und sind völlig nassgeschwitzt und fertig. Uns kommen immer wieder Busse auf unserer Spur entgegen, die einen Laster überholen, der wiederum gerade ein Motorrad überholt. Auch in Kurven. Es passt immer irgendwie, strengt aber auch an. Hier merken wir, dass es besser ist, ganz links, ganz langsam und ganz achtsam zu fahren. Nach fünf Stunden haben wir noch nicht einmal 70 Kilometer geschafft und übernachten in einer Einrichtung der christlichen Minderheit.
Wir hatten uns fest vorgenommen, nicht im Dunkeln zu fahren, doch als wir auf der Insel Samosir ankommen wird es in einer Stunde stockfinster sein. Die Anreise führte über wunderschöne Bergstraßen und das Motorradfahren machte zum ersten Mal richtig Spaß.

Der Toba-See, ein riesiger Vulkan-Krater

Es fühlt sich komisch an, zum Ufer bergauf zu fahren. Der Toba-See ist ein riesiger Vulkankrater. In der Mitte liegt die Insel Samosir. Mit einer kleinen Passagierfähre fahren wir rüber. Die kleinen Mopeds werden über eine Holzrampe an Deck geschoben und mit einem Seil an der Reling festgemacht.
Nach einer guten halben Stunde kommen wir am anderen Ufer an und brettern los. 40 Kilometer sind es von hier bis zur anderen Seite der Insel. In der Finsternis weichen wir Schlaglöchern aus und fahren durch versandete Umleitungen.
In der Dunkelheit erreichen wir zwei Stunden später die kleine Stadt Pangururan. Hier sind wir mit Debora verabredet. Die humorvolle Pfarrerin lädt uns direkt ein zu den heißen Quellen von Samosir. Hier brodelt es unter der Erde, an mehreren Stellen tritt Schwefel an die Oberfläche. Als wir im Schwefelbad liegen, fällt der Stress der Anreise von uns ab.
Wir sind im Zentrum der Batak-Kultur angekommen. Das Volk der Toba-Batak kommt vom gleichnamigen See und sie sind größtenteils Christen im Gegensatz zur muslimischen Mehrheit in Indonesien. Ihre Kultur und Bräuche haben sie bis heute bewahrt. Wir sehen auf Samosir viele Dörfer mit alten Holzhäusern im Batak-Stil mit vorgezogenen Dachgiebeln und reichen Verzierungen. Wir verbringen ein paar entspannte Tage auf Samosir, baden am Strand, besuchen den Wochenmarkt und treffen wunderbare Menschen.

75jähriger Indonesier kennt Hattingen

In Sumatra werden wir oft auf offener Straße angesprochen. Hier sind nur sehr wenige Europäer unterwegs und die Neugier ist groß. Auf die Frage ,Woher aus Deutschland kommt ihr?‘, erklären wir, Hattingen liegt zwischen Köln und Dortmund. Dass aber ausgerechnet auf einer Kaffeefarm in Nordsumatra ein 75jähriger Indonesier sagt, „Hattingen kenne ich, da bin ich schon mal gewesen!“, haut uns echt um. Der pensionierte Pfarrer Sihombing hatte in den 90er Jahren eine Tagung in unserer Heimatstadt besucht. In tadellosem Englisch erzählt er uns, dass er jetzt im Ruhestand Kaffee anbaut und die Projekte seines Sohnes Samuel unterstützt.
Wir sind fasziniert, die roten Kaffeekirschen an den dicken Sträuchern zu sehen, aus denen dann unser Lieblingsgetränk entsteht. Was für uns ein Genussmittel ist, bedeutet für die Menschen hier viel Arbeit und oft wenig Einkommen.
Nach zwei Tagen im Kaffeeparadies fahren wir weiter Richtung Norden. Wir erreichen die Region Aceh. Früher war dieser stark islamisch geprägte Teil Nordsumatras eine sehr arme Gegend. Um so mehr staunen wir über die relativ gut ausgebaute Straße durch die Berge. Zwei Drittel sind asphaltiert, wir kommen gut voran.
Einen Tag später sind wir im Urwald. Die Straße führt mitten durch den Gunung Leuser Nationalpark, dem größten geschützten Waldgebiet Indonesiens. Wir machen eine Trekking-Tour in den Regen­wald. Die Luftfeuchtigkeit ist hier extrem hoch. Wir steigen steile Trampelpfade rauf und runter und klettern über Baumstämme. An verschiedenen Stellen sehen wir Orang-Utans in den Bäumen. Wir beobachten eine kleine Familie, die friedlich auf Ästen sitzt und Blätter knabbert.
Am nächsten Morgen waschen wir uns im Fluss und wandern weiter, wo sich das Schwefelwasser aus den heissen Quellen mit dem kühlen Flusswasser vermischt. Wir springen wieder ins Wasser und genießen ein Bad in der warmen Strömung. Ein großartiges Erlebnis – wie der gesamte Urlaub auf Sumatra!“

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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