Stell Dir vor, es ist heiß und das Bad ist dicht

Lange Schlangen einen Tag nach dem Siebenschläfer: die zweite Kasse war defekt und die Kassiererin auch nicht aufzutreiben. Foto: privat/Brandt
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Siebenschläfer fiel in diesem Jahr auf einen Montag. Die Bauernregel besagt: Ist hier tolles Wetter, können wir uns sieben Wochen darüber freuen. Und Badewetter gab es in der Tat. Aber das Freibad in Sprockhövel hatte geschlossen, denn aus Spargründen ist immer montags außerhalb der Ferien alles dicht.
Die Stadt Sprockhövel befindet sich in der vorläufigen Haushaltsführung und muss viele Ausgaben unter Duldung oder mit Genehmigung der Kommunalaufsicht tätigen. Die hat ihr Augenmerk vor allem auf die freiwilligen Leistungen der Stadt gerichtet und dazu gehört auch die Unterhaltung des Freibades. Je nach Saison muss die Stadt zwischen 250.000 und 280.000 Euro subventionieren. Um die Öffnung des Freibades in dieser Saison zu erreichen, musste ZGS-Leiter Ralph Holtze Zugeständnisse an die Aufsichtsbehörde machen. Dazu gehörte auch die Reduzierung der Öffnungszeiten. Holtze entschied sich für den Montag außerhalb der Ferienzeiten und für spätere tägliche Öffnungszeiten und teilte dies dem Betriebsausschuss auch mit.
„Ich habe nur zwei Vollzeitstellen als Schwimmmeister. Wenn ich morgens um 10.30 Uhr das Bad öffne, müssen die eine Stunde vorher dort sein, um alles zu überprüfen und sie arbeiten eine Stunde länger nach Schließung des Bades. Das entspricht einer Arbeitszeit von 12 Stunden am Tag und dies sechs Tage in der Woche. Beide arbeiten natürlich im Schichtbetrieb, sonst wäre die Arbeitszeit tariflich gar nicht möglich.
Es ist dumm gelaufen, dass am Montag bei bestem Wetter zu war und mir tut das auch leid. Wir haben jetzt noch drei Montage vor den Ferien und ich hoffe, das passiert nicht noch einmal. In den Ferien wird am Montag wohl geöffnet sein, das bekommen wir mit einem zusätzlichen Ersatz hin.“
Grundsätzlich, so Holtze, sei das Personalproblem schwierig. So hätten Mitglieder der DLRG ins Bad freien Eintritt, aber die Unterstützung aus personeller Sicht könnte besser sein. „Wir müssen die DLRG-Mitglieder als fiktive Einnahme beim Finanzamt versteuern. Und ich kann aus finanziellen Gründen erst wenige Tage vorher nach dem Wetterbericht einen Einsatz festlegen. Wenn es regnet, brauche ich keinen Rettungsschwimmer. Das bedeutet aber, dass ich den 400-Euro-Job eben nicht immer garantieren kann.“
Doch das Personal ist nicht Holtzes einziges Problem. Die Kosten machen Riesensprünge. „Der Förderverein hat uns mit 10.000 Euro unterstützt und weitere 10.000 Euro sparen wir durch die verkürzten Öffnungszeiten. Wir subventionieren jeden Eintritt mit sechs Euro, Nimmt man nur die Dauerkarteninhaber, so subventionieren wir pro Person mit 15 Euro. Ich habe die ganzen Zahlen ausgerechnet. Daraus lässt sich erkennen, wie schwierig die finanzielle Lage ist.“
Und wenn bei schönem Wetter 1200 Menschen gleichzeitig im Bad sind und lange Schlangen an der Kasse stehen und die zweite Kasse defekt ist und die zweite Kassiererin nicht aufzutreiben ist, werden die Probleme nicht kleiner.
Flexibel montags bei schönem Wetter zu öffnen und einfach einen anderen Tag zu schließen – das geht nur dann, wenn die Mitarbeiter das auch mitmachen. Ist also alles nicht so einfach.
Und die Bürger? Die sehen nur bei schönstem Wetter ein geschlossenes Freibad und ärgern sich.
Verstehen werden sie es vermutlich nicht. Also bitte: Regen ab sofort immer nur montags!

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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